Formel-1-Motorenentwicklung: Fluch oder Segen?
Im Fokus: Die V6-Turbo-Triebwerke der Formel 1
Die neuen V6-Turbo-Antriebseinheiten der Formel 1 sorgen auch in der zweiten Saisonhälfte für Diskussionen. Die Überlegenheit der Mercedes-Triebwerke hat die Konkurrenz auf den Plan gerufen, die nun die Lockerung der geplanten schrittweisen Einfrierung der Motorenentwicklung fordert. Doch das könnte ein Problem für die kleineren Teams werden.
Denn der schrittweise Entwicklungsstopp hat einen einfachen Grund: Damit will man die Kosten tief halten. Gemäss den aktuellen Homologationsregeln dürfen die Motorenhersteller bis zu 48 Prozent der aktuellen Triebwerke auf die Saison 2015 hin verändern. Das ist den Gegnern der Sternmarke nicht genug.
Sie fordern mehr Freiheiten, doch das könnte teuer und somit vor allem für die ohnehin schon finanziell geplagten kleinen Kundenteams zum Problem werden. Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff warnte unlängst im Gespräch mit den Kollegen von Auto, Motor und Sport: «Es wäre dumm zu sagen, wir haben den besten Motor und alles Andere interessiert uns nicht. Andererseits müssen wir die Kosten im Auge behalten. Wer bezahlt diesen Mehraufwand, wenn nicht der Kunde?»
Und Mercedes-Kundin Claire Williams bestätigte: «Wir bezahlen etwa 20 Millionen Pfund (rund 25,6 Millionen Euro, Anm.) pro Triebwerk und Jahr, und das in einer Zeit, in der die Formel 1 versucht, die Kosten in den Griff zu bekommen.» Das ist für die kleinen Rennställe mehr als genug – auch Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn betont: «Wir unterstützen den Vorschlag, dass gewisse Weiterentwicklungen am Motor in einem definierten Rahmen stattfinden dürfen, doch das muss nicht zwingend heissen, dass wir Kundenteams die Kosten dafür übernehmen müssen.»
Tatsächlich stellt sich die Frage, ob die Formel-1-Rennställe die Entwicklungskosten tragen müssen, schliesslich hat die Formel 1 die sparsamen V6-Turbos eingeführt, um die Königsklasse näher an die Strassenproduktion zu bringen und damit den Mehrwert für die Hersteller zu erhöhen. Die Entwicklung der Triebwerke könnte also durchaus auch als Investment für künftige Konzepte für die Strasse betrachtet werden.
Viele Fahrerlager-Experten sind sich auch einig, dass eine offenere Entwicklungspolitik mehr Hersteller in die Königsklasse locken würde. Denn die zur Zeit geplante schrittweise Einfrierung macht die Formel 1 für die Industrie unattraktiv.