Pascal Wehrlein: «Ein kleiner Teil des WM-Erfolgs»
Pascal Wehrlein
Mehr als 13.000 Kilometer in einem virtuellen F1 W05 Hybrid, unzählige Stunden in Brackley und als Höhepunkt eine Testfahrt in Abu Dhabi: Pascal Wehrlein war 2014 so nah wie nie am Formel-1-Team von Mercedes. Seine Arbeit verlief vor allem im Hintergrund, war aber so erfolgreich, dass er im September offiziell mit der Rolle des Test- und Ersatzfahrers betraut wurde.
Wichtig war vor allem die Arbeit im Simulator. Wichtig für Wehrlein selbst, wichtig aber auch für Silberpfeile, die auch aufgrund des Supports durch den DTM-Piloten souverän und dominant zu zwei WM-Titeln fuhren. Überbewerten will Wehrlein selbst seinen Anteil im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung aber nicht. «Ich bin auf jeden Fall ein Teil davon, aber eher ein kleiner Teil. Ich tue mich schwer, zu sagen, dass ich auch Weltmeister bin, weil ich eben nur ein sehr kleines Rädchen davon bin und eben mein Bestmögliches getan habe, dass ich selbst mal ins Auto sitzen und fahren kann», so Wehrlein, der als Belohnung bei den Testfahrten im November in Abu Dhabi einen Testtag auf der Strecke absolvierte. Und prompt die Bestzeit fuhr.
Mehr DTM-Pilot als Formel-1-Fahrer
Trotzdem sieht er sich selbst auch mehr als DTM-Achter. In der Tourenwagen-Serie kam er trotz der Performanceprobleme seines Arbeitgebers auf immerhin 46 Punkte. Das Wichtigste: Dabei saß er selbst am Steuer. In der Formel 1 war er ein kleiner Teil des Teams, auch wenn sich seit der Beförderung zum Ersatzfahrer einiges verändert hat. Wehrlein ist inzwischen in allen Meetings dabei, kann über den Funk alle Gespräche zwischen den Fahrern und den Ingenieuren verfolgen. Und wie Hamilton und Rosberg auf Probleme oder Einstellungen am Auto reagieren. «Was dann eben geändert wird oder die Herangehensweise. Das hat mir auf jeden Fall auch sehr viel geholfen», so Wehrlein.
Auch wenn Wehrlein hinter Hamilton, dessen Vertrag noch nicht verlängert wurde und nach dieser Saison endet, und Rosberg derzeit die klare Nummer drei ist, ist sich der 20-Jährige der Konkurrenzsituation bewusst. Denn als Ersatzfahrer muss Wehrlein zur Stelle sein, falls etwas passiert. «Deswegen würde ich schon sagen, dass man sich da als Konkurrenten ansieht. Aber doch nicht so extrem, wie wenn man Teamkollege ist, wie die zwei in der vergangenen Saison», sagte er.
Der Youngster, der nicht nur der jüngste Pilot in der Geschichte der DTM ist, sondern nach seinem Erfolg auf dem Lausitzring Mitte September 2014 der jüngste Sieger der Serie, gibt auch einen Einblick in die Testarbeit für die Silberpfeile. «Es gibt normale Testtage, die unter der Woche stattfinden, und Race Support. Das habe ich bis September gemacht, bei jedem Rennen Race Support», erzählt er.
Wenn Formel-1-Wochenende ist, kommt er am Donnerstag zum Werk in Brackley und fährt ein paar Setups durch. Einen Tag später startet dann der eigentliche Race Support. «Das heißt, alles, was die Fahrer auf der Strecke fahren und ausprobiert haben und Verbesserungsvorschläge von ihnen, das versuche ich dann im Simulator auszutesten. Wir adaptieren ständig die Streckenbedingungen in den Simulator, das Auto wird immer aktualisiert», so Wehrlein.
Bis 3 Uhr im Simulator
Dann kommt es auch schon mal vor, dass die Arbeit bis 3 Uhr nachts dauert. Am Samstagmorgen wird Wehrleins Arbeit von den Ingenieuren und Mechanikern ausgewertet und ins Auto eingebaut. Daneben gibt es auch «normale Tage. Da schlafe ich in der Nähe in einem Hotel von Brackley und dann fangen wir morgens um acht an und fahren bis abends um fünf. Das sind die normalen Testtage».
Dabei werden zahlreiche Dinge simuliert. Alles ist allerdings nicht möglich. «Regen ist schwierig, zu simulieren, weil man nie weiß, wie viel Wasser liegt und wie die Bedingungen sind. Im Regen sind die Sprünge nämlich extrem groß. Aber wir können alles in den Simulator einstellen, Temperatur, alles», so Wehrlein. Also auch zum Beispiel ein Wüstenrennen.
Also wie lange die Reifen aushalten und was man tun muss, damit man die Reifen ein bisschen schonen kann und was man alles tun kann, um Sprit zu sparen. «Es geht nicht nur um das Setup vom Auto, um die schnellste Rundenzeit zu erreichen, sondern dann auch, um das Rennen schnellstmöglich zu beenden. Und da gehört eben auch Spritsparen und Reifenmanagement dazu», sagte Wehrlein.
Auch wenn der 20-Jährige extrem ehrgeizig ist – auch für den DTM-Piloten war die Umstellung schwierig. «Allein weil natürlich dort alle Englisch reden. Aber ich habe zwei Monate Zeit gehabt, um mich an alles zu gewöhnen, an die Leute, an den Simulator, alles zu lernen, was wichtig ist oder was man am Auto verändern kann.»