Renault: 100 PS hinter Mercedes und Getriebe-Killer?
Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner ist nach dem Formel-1-WM-Auftakt in Australien aufgebracht. Der Weltmeistermacher von Sebastian Vettel (mit vier Titeln 2010 bis 2013) spürt, dass es in dieser Saison ganz schwierig werden wird, die Silberpfeile vom Siegen abzuhalten.
Der Engländer sagt: «Ein problematisches Wochenende, vor allem für Renault. Der Motor ist so gut wie unfahrbar, das ist von freiem Auge zu sehen, und das geht auch aus den Aussagen der Fahrer hervor.»
Die Kraftentfaltung des französischen V6-Turbo ist zu wenig sanft und entspricht nicht der Gaspedalstellung, der Motor schiebt darüber hinaus an, wenn die Fahrer vom Gas gehen, was das Vertrauen der Fahrer ins Auto kaum erhöht, und Christian Horner vermutet obendrein «ein Power-Defizit von rund 100 PS auf Mercedes».
Wenn das wirklich so sein sollte, dann wäre der Rückstand noch grösser als 2014, da bezifferte Horner das Manko auf 60 PS.
Horner argwöhnt sogar: «Im Wagen von Daniil hatten wir einen gebrochenen fünften Gang. Wieso? Das wissen wir nicht. Vielleicht hat es etwas zu tun mit den Vibrationen, die vom Motor kommen.»
Renault muss sich zu Recht viel Kritik gefallen lassen: Am Freitag ging nach nur 50 Kilometern Laufleistung im Wagen von Daniel Ricciardo der Motor kaputt, er ist nicht mehr zu retten. Das ist nicht nur für Red-Bull-Motorsportchef Dr. Helmut Marko «inakzeptabel».
Damit muss Daniel Ricciardo für die restlichen Rennen der Saison mit drei Antriebseinheiten auskommen, das wird nicht zu schaffen sein. Eine Strafe wegen Inanspruchnahme eines weiteren Motors ist programmiert. Zur Erinnerung: pro Saison hat ein Pilot nur noch vier Antriebseinheiten zur Verfügung.
Renault ist in Erklärungsnot. Einsatzleiter Rémi Taffin gesteht: «Wir hatten von Anfang an Probleme. Die Standfestigkeit ist nicht gut genug. Sowohl Daniel Ricciardo als auch Max Verstappen hatten Probleme mit dem Verbrennungsmotor, Probleme, die nichts miteinander zu tun haben. Wir haben eine Untersuchung der beiden Schäden begonnen.»
«Das grösste Problem ist die Fahrbarkeit der Motoren. Sie war nicht gut genug, so dass die Fahrer sich mit dem Wagen nicht wohlfühlten. Diese Probleme gehen auf die elektronische Abstimmung zurück.»
Es geht um die Software der einzelnen Motorkomponenten und die Art und Weise, wie die Elektronik untereinander interagiert. Solche Schwierigkeiten gab es schon vor einem Jahr, im schwierigen Testwinter 2014. Es ist nachvollziehbar, dass Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner das Verständnis dafür ausgeht, wenn solche Schwierigkeiten noch immer nicht gelöst sind.»
Renault-Sportchef Abiteboul bei Canal+: «Die Art und Weise, wie der Motor seine Kraft entwickelt … es ist kompliziert. Wir hatten nicht genügend Zeit auf den Prüfständen. Teile kamen spät, weil wir ein so aggressives Entwicklungsprogramm verfolgen. Dafür bezahlen wir nun den Preis.»
Gemäss Abiteboul werden die Fahrer von Red Bull Racing und Toro Rosso Geduld haben müssen: «Wir haben uns selber drei GP-Wochenenden Zeit gegeben, um auf das notwendige Niveau zu gelangen. Die Leistung ist da, die Standfestigkeit auch, wir können das alles gegenwärtig nur nicht voll abrufen.»
Der Franzose zeigt sich aber auch vom Verhalten seiner Partner enttäuscht: «Wir verstehen ihre Perspektive, aber das alles hilft nicht, wenn man ernsthaft arbeiten möchte. Überreaktion bringt in der Formel 1 wenig. Wir haben uns zwölf Wertmarken zur Entwicklung zurückbehalten, damit werden wir in Sachen Leistung einen grossen Schritt nach vorne machen.»