Formel 1: Nächste Verstappen-Strafe kommt

Spanien-GP: Mercedes-Doppelsieg, Rosberg vor Hamilton

Von Mathias Brunner
Erste Runde im Spanien-GP: Nico Rosberg führt bereits

Erste Runde im Spanien-GP: Nico Rosberg führt bereits

Fünfter WM-Lauf der Saison auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya: Ferrari hatte dieses Mal kein Mittel gegen die Silberpfeile, auch nicht mit einer anderen Reifenstrategie.

Ein Start aus der ersten Reihe ist für den Spanien-GP die halbe Miete: Auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya hatte in 18 von 24 Fällen der Fahrer von Pole-Position gewonnen. Lediglich zwei Mal gelang der Sieg einem Fahrer, der nicht aus der ersten Startreihe ins Rennen gegangen war! Beide Male war das ein Ferrari-Fahrer: Michael Schumacher 1996 und Fernando Alonso 2013.

Nico Rosberg und Lewis Hamilton wussten vor dem Rennen – ein guter Start ist die Grundlage für eine Siegesfahrt. Nico Rosberg hatte prompt einen hervorragenden Start, Lewis Hamilton einen jämmerlichen, die Hinterräder drehten zu stark durch. Vettel ging schon am Briten vorbei, mit Müh und Not konnte der Weltmeister Williams-Fahrer Valtteri Bottas hinter sich halten. Rosberg setzte sich gleich etwas von Vettel ab, Hamilton jagte den Ferrari-Star vor sich her.

Kimi Räikkönen ging an beiden Toro Rosso vorbei, eine gute Ausgangslage nach dem enttäuschenden Ergebnis im Abschlusstraining für den Finnen.

Damit war Hamiltons Plan gelaufen, Nico Rosberg mit einer anderen Boxenstoppstrategie zu überholen, denn er musste zunächst mal einen Weg vorbei an Sebastian Vettel finden. Am Kommandostand von Mercedes wurden andere Szenarien diskutiert: Sollte man Hamilton beim ersten Stopp die härtere Mischung geben? Ihn früher als geplant reinholen? Das hatte Nico Rosberg vor einem Jahr hier in Spanien versucht, und am Ende hätte es fast zum Sieg gegen Hamilton gereicht.

Im Mittelfeld kämpfte Romain Grosjean mit Problemen – nach einer Kollision im Startgetümmel mit seinem Lotus-Stallgefährten Pastor Maldonado beklagte sich der Genfer über Funk über ein unruhiges Auto. Am Auto des Südamerikaners stand die linke Heckflügelflanke schräg.

Auch Jenson Button deponierte eine Klage. Der Engländer lag in der Anfangsphase nur vor den beiden Manor-Autos und fragte über Funk, ob mit dem Reifendruck alles in Ordnung sei, der Wagen rutsche zu viel, die Hinterreifen seinen am Limit, dazu untersteuere er stark. Aber die McLaren-Ingenieure konnten nichts Ungewöhnliches finden. Button eierte weiter.

Lewis Hamilton hatte Probleme: «Ich komme nicht nahe genug an Vettel heran», krächzte der Engländer im Funk. Das alte Problem: die verwirbelte Luft hinter dem Vordermann lässt einen nicht nahe genug für einen Angriff kommen. Lewis: «Es ist fast unmöglich, nahe an Seb zu fahren.»

Ex-Formel-1-Fahrer Martin Brundle: «Die Frontflügel der Autos sind so sensibel, dass die verwirbelte Luft ihnen den Abtrieb raubt.»
Hamilton hatte noch ein anderes Problem und liess sich daher ein wenig zurückfallen: im Windschatten eines Gegners kann man sich leicht die Reifen ruinieren.

In Runde 10 funkte Hamilton-Renningenieur Pete Bonnington dem Champion ins Auto. «Wir wollen zu Plan B gehen.» Also Vettel strategisch überholen, wenn das im direkten Zweikampf nicht möglich ist. Auf dem Papier war ein Dreistopper um wenige Sekunden schneller als ein Zweistopper.

Nico Rosberg berichtete nach zehn Runden, dass an der Spitze alles okay sein, die Balance sei gut, die Reifen seien in Ordnung – der Luxus des Führenden.

Hamilton: Pech beim Boxenstopp

Nach elf Runden hatte sich Hamilton wieder in den Windschatten von Vettel gearbeitet. Aber im engen Pistenteil vor Start und Ziel kam er dem Ferrari nicht nahe genug, der Mercedes rutschte untersteuernd herum.

Nach 12 Runden lautete die Reihe: Rosberg sieben Sekunden vor Vettel und Hamilton, Bottas 13 Sekunden hinter dem Engländer Vierter vor Räikkönen, Massa, Maldonado, Verstappen, Ricciardo und Grosjean.

Ende der 13. Runde holte Mercedes Hamilton herein: links hinten gab es ein Problem, wieder wertvolle Sekunden dahin, das brachte ihn auf der Bahn hinter Pastor Maldonado. So hatte sich Mercedes das nicht vorgestellt. Hamilton machte mit dem Venezolaner zwar kurzen Prozess, aber dennoch gingen Sekunden im Fernduell mit Vettel verloren.

Ferrari reagierte eine Runde nach Hamilton: perfekter Stopp, damit war die Grundlage gelegt, Hamilton in Schach zu halten.

Ende der 15. Runde war auch der erste Stopp für Leader Rosberg fällig: makellos ausgeführt, Nico locker vor Vettel und Hamilton und knapp hinter dem neuen Leader Kimi Räikkönen.

In Runde 16 gab es am Wagen von Maldonado eine Notreparatur: die Mechaniker entfernten das schräg stehende, seitliche Element. Damit war Pastor aus den Top-Ten raus. Aber auch Grosjean hatte Probleme: das Getriebe schaltete nicht mehr sauber.

Hamilton auf der Jagd nach Vettel

Das Team verlangte von Hamilton, sich auf Vettel zu werfen. Lewis am Funk: «Das ist so gut wie unmöglich.»

Leader Kimi Räikkönen holte sich beim ersten Stopp (im Gegensatz zu Vettel) die harte Mischung ab, das hatte der Finne schon in Bahrain getan und war damit hervorragend gefahren.

Hamilton gab alles, um Vettel unruhig zu machen: In Runde 20 war der Brite am Deutschen dran. Der Silberpfeil lag offensichtlich besser. Vettel begann, die ganze Pistenbreite zu nutzen. Eine klassische Patt-Situation: Hamilton nutzte die elektrische Energie zum Angreifen, Vettel nutzte sie zum Verteidigen. Vorne erfreute sich Rosberg eines Siebensekunden-Vorsprungs. Der Deutsche schonte seine Reifen.

Lewis Hamilton liess sich nach einem Renndrittel wieder leicht zurückfallen, um den Motor und schonen und Sprit zu sparen. Der Engländer hatte noch zwei Chancen, Vettel dank eines besser getimten Stopps zu überholen.

Schrecksekunde um Fernando Alonso

Fernando Alonso erschreckte seine McLaren-Truppe beim Halt in Runde 28: im letzten Moment konnte der Mann am vorderen Wagenheber zur Seite springen, denn Alonsos Wagen rutschte wegen Bremsproblemen geradeaus weiter! Die Geistesgegenwart des englischen Mechanikers verhinderte einen bösen Unfall.

McLaren-Honda nahm den Wagen von Fernando sofort aus dem Rennen. Kurz darauf holte das Team auch den Renner von Jenson Button an die Box – doch bei seinem Stopp ging zum Glück alles gut.
Fernando Alonso: «Ich hatte enorme Angst um meinen Mechaniker, zum Glück hat er so schnell reagiert. Die Bremse versagte schon in der Runde zuvor, die Jungs sagten mir, ich solle an die Box kommen, um sich die Bremsen anzusehen. Aber dann war klar, dass es keinen Sinn hatte, weiter zu fahren.»

Kurz vor Rennhalbzeit führte Rosberg mit acht Sekunden Guthaben auf Vettel, Hamilton bliebt hinter Sebastian auf der Lauer, dahinter fuhren Bottas (zehn Sekunden hinter Lewis), Kimi Räikkönen (zehn Sekunden hinter Bottas), Felipe Massa (vier Sekunden hinter Kimi), dann Ricciardo, Grosjean, Kvyat und Verstappen.

Aber Kimi Räikkönen fuhr nun mit der harten Reifenmischung schneller als Vettel mit der weichen – ein klares Anzeichen dafür, dass es Zeit für einen Wechsel war.

«Hammertime» von Hamilton

In Runde 33 kam Hamilton zum zweiten Stopp an die Box, zuvor hatte er über Funk gebeten: «Bitte gebt mir dieses Mal einen schnellen Stopp.»

Hamilton wurde dieses Mal (für die härtere Mischung) normal abgefertigt, aber wieder erhielt Hamilton keine freie Bahn: dieses Mal kam er hinter Räikkönen und Button zurück auf die Bahn. Jenson ging sofort aus dem Weg, so ein galantes Verhalten würde Hamilton von Räikkönen nicht erwarten dürfen.

Nach knapp einer Runde hatte sich das Problem Räikkönen für Hamilton erledigt: dank mehr Grip der neuen Reifen konnte Lewis leicht vorbeigehen.

Hamilton liess es nun auf er harten Mischung krachen: Lewis fuhr Rundenzeiten, welche den Rückstand auf Vettel auf rund 20 Sekunden verringert, doch für einen Boxenstopp in Barcelona braucht ein Pilot mehr als 20 Sekunden. Und noch immer holte Ferrari Vettel nicht an die Box.

Die Antwort gab der Ferrari-Boxenfunk: «Wir glauben, dass Hamilton einen Dreistopper macht.» Übersetzung: Ferrari beschränkt sich auf zwei Stopps. Aber Kimi Räikkönen sagte am Funk: «Ich bin nicht sicher, ob das funktionieren wird.»

Ein strategischer Leckerbissen für die Fans: nicht nur Mercedes gegen Ferrari auf der Bahn, sondern auch das Konzept zwei gegen drei Stopps.

Hamilton fuhr in dieser Phase zwei Sekunden pro Runde schneller als Vettel und eineinhalb Sekunden schneller als Rosberg.

Lewis Hamilton lag in Runde 39 hinter Bottas, der seit der 15. Runde mit den gleichen Reifen unterwegs war, der Weltmeister fackelte nicht lange und lang wieder auf Rang 3.

Ex-GP-Pilot Martin Brundle witterte: «Eine brillante Rennphase von Hamilton. Er ist so schnell, dass er trotz eines dritten Stopps eine Siegchance hat.»

Hamilton lag noch zehn Sekunden hinter Sebastian Vettel ...

Reagierte Ferrari falsch?

Vettel kam Ende der 40. Runde herein für seinen zweiten Stopp, nun rollte der Heppenheimer auf harten Reifen. Der Stopp war gut getimt: Vettel kam vor Kimi Räikkönen wieder auf die Bahn zurück.

Drama inzwischen auch bei Lotus: Pastor Maldonado schoss ebenfalls über seine Markierung hinaus, der Lotus-Wagenheberspezialist wurde in die Luft gehoben, landete aber auf seinen Füssen. Dafür wurde er später mit einem Eisbeutel an pikanter Stelle von der TV-Kamera entdeckt, zum Amüsement der anderen Lotus-Mechaniker.

Kimi Räikkönen holte sich Ende der 41. Runde die weiche Mischung ab. Damit war klar: Sebastian muss 25 Runden mit dem harten Reifen fahren, Kimi jedoch 25 mit dem weicheren. Würde sich der Ferrari einmal mehr als Reifenflüsterer erweisen?

An der Spitze verlor Nico Rosberg, ungesehen von den Fernsehkameras, Zeit mit Nachzüglern. Noch immer fuhr er 1,5 Sekunden pro Runde langsamer als Hamilton.

Hamilton erobert Rang 2

Nach zwei Dritteln des Rennens holte Mercedes Leader Rosberg an die Box – und kam hinter Lewis Hamilton zurück auf die Bahn! Nico erhielt die Nachricht gefunkt: «Mach dir keine Sorgen, Hamilton macht nochmals einen Stopp.»

Damit war klar: Wenn alles normal laufen würde, dann sollte Rosberg gewinnen. Aber was ist mit dem Duell zwischen Vettel und Hamilton?

Lewis hatte sich an der Spitze schon 22 Sekunden Vorsprung erarbeitet, das sollte eigentlich auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya reichen, um trotz des dritten Stopps vor dem Ferrari-Piloten Vettel zu bleiben.

Ende der 51. Runde kam Hamilton zum letzten Stopp, der reibungslos verlief. Nun wieder mit der weicheren Mischung kam Lewis locker vor Vettel zurück auf die Bahn.

Vettel beklagte sich am Funk: «Wir haben im Verkehr zu viel Zeit verloren. Ungeachtet der Strategie der anderen, das ist nicht ideal gelaufen.» Auch Kimi Räikkönen beklagte sich über Nachzügler, wenn auch in etwas blumigerer Sprache als Vettel. Er mühte sich zum Rennschluss mit seinem Landsmann Bottas ab.

15 Runden vor Schluss hatte Hamilton mit den frischen Reifen Ferrari-Star Vettel im Griff. Aber würde er noch einen letzten Sturmlauf auf Leader Rosberg machen?

Hamilton fuhr zwischen sieben Zehntelsekunden und einer Sekunde pro Runde schneller als Rosberg, aber einen Rückstand von 18 Sekunden.

Hamilton erkundigte sich über Funk, ob er alles geben solle, um Rosberg zu holen. Renningenieur Pete Bonnington riet ab: «Schon lieber dein Auto. Nico wird ohnehin reagieren, wenn wir zu nahe kommen.»

Nico Rosberg gewann seinen neunten Grand Prix (den ersten seit Brasilien 2014), und TV-Experte Martin Brundle resümiert: «Ich glaube noch immer, dass Hamilton Weltmeister wird. Aber der Sieg ist für Nico aus psychologischer Sicht ganz wichtig. Und nun geht es nach Monaco, wo Rosberg zwei Mal in Folge gewonnen hat.»

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