Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Champion Lewis Hamilton: «Dann bleiben einige stehen»

Von Mathias Brunner
Lewis Hamilton in malerischer Umgebung

Lewis Hamilton in malerischer Umgebung

Weltmeister und WM-Leader Lewis Hamilton über das moderne Rennfahren und die Rückkehr nach Österreich: «Ich liebe die Ruhe hier und die atemraubende Landschaft.»
Lewis, David Coulthard hat gesagt – viele aktuelle Grand-Prix-Piloten fänden das moderne Fahren frustrierend, aufgrund des ständigen Benzinsparens, Reifen- und Bremsenschonens. Wie siehst du das?

Es ist einfach anders. Klar könnten wir schneller fahren, aber dann bleiben wir halt vor dem Ziel stehen. Klar könnten wir flotter in die Kurven gehen, aber dann sind halt die Reifen früher am Ende. Du musst damit leben, was du hast. Formel 1 bleibt eine gewaltige Herausforderung. Es ist ja nicht so, dass das Fahren einfacher geworden wäre, ganz im Gegenteil. Du musst heute so viele Bälle in der Luft halten, das ist ziemlich knifflig. Es wäre einfacher, Vollgas zu fahren.

Wäre es für den Sport nicht besser, wenn der Fahrer nicht so viel über Funk betreut würde wie heute? Wenn er nicht wüsste, wann genau er Sprit sparen oder Bremsen und Reifen schonen muss? Wenn der Pilot selber die Entscheidungen treffen müsste?

Ich behaupte: das würde den Sport kein Jota besser machen. Du spürst ja nicht, wieviel Sprit zu verbrauchst, also brauchst du da eine Anleitung in irgendwelcher Form. Und auch Informationen über die Reifen sind wichtig. Nimm Kanada als Beispiel: aus irgendeinem Grund, den wir selber nicht verstehen, hatte Nico in Montreal einen höheren Reifenverschleiss als ich. Manchmal verbrauche ich mehr Gummi, manchmal er. Aber wir fahren beide eigentlich wie immer, ich sehe da keinen Unterschied. Das gibt es unheimlich feine Nuancen, die du als Fahrer nicht alle spüren kannst. Wenn es da geringfügige Unterschiede bei den Reifentemperaturen gibt, dann ist das an Bord kaum auszumachen, aber es ist eine wichtige Information. Ich bin wirklich überzeugt, dass der grösste Teil des Publikums die ganzen Finessen nicht im Detail versteht. Würde nun ein TV-Sender die ganzen Funksprüche weglassen, dann würden wir noch immer das gleiche Autorennen sehen.

Was würde denn ohne die ganzen Anweisungen im Cockpit passieren?

An der Fahrweise würde sich gar nichts ändern. (Beginnt zu lachen.) Vielleicht würden einige Autos vor der Zielflagge ohne Sprit ausrollen! Was die Leute auch vergessen: vor einigen Jahren haben wir erheblich mehr Anweisungen erhalten. Ich glaube, da wird einfach etwas zum Kritisieren gesucht.

Du hattest vor einem Jahr hier im Abschlusstraining ein paar Probleme. Hast du deswegen im Simulator mehr oder etwas anderes geübt?

Ich sitze gar nicht mehr so oft im Simulator wie früher. Ich war zwar erst vor kurzem da, aber dabei ging es um eine Anpassung der Pedale. Ich ziehe einfach das richtige Fahren vor. Was nun das Abschlusstraining vor einem Jahr angeht – da war ich bis zum Fehler schneller als die Pole-Runde, aber ich habe sie einfach nicht zu Ende gebracht. (Zur Erinnerung: Hamilton fuhr in der letzten Kurve zu weit nach aussen, daher wurde diese Runde von den Rennkommissaren gestrichen. Beim zweiten Sturmlauf blockierte er die Räder in Kurve 2 und vollführte einen Dreher. M.B.) Was ich anders machen würde? Weniger Risiko in Kurve 2 eingehen.

Du bist dann im Rennen Zweiter geworden. Damit ist dieser Grand Prix einer, der dir in der Sammlung fehlt. Was würde dir der Sieg hier bedeuten?

Das sind Dinge, die mich faszinieren, also ist es mir wichtig, diese Lücke zu füllen. Aber das hat noch einen anderen Hintergrund: als ich aufwuchs, da habe ich viele Formel-1-Computerspiele gespielt, und die österreichische Strecke war immer eine meiner Lieblingsstrecken. Ich kann mich auch daran erinnern, wie ich die Rennen im Fernsehen verfolgt habe, etwa mit den beiden Ferrari-Piloten Michael Schumacher und Rubens Barrichello. Ich freute mich vor einem Jahr wahnsinnig auf dieses Wochenende. Womit ich aber nicht gerechnet hätte – wie schön diese Gegend ist. Als ich heute mit dem Flieger gelandet bin, habe ich mich erneut beim Gedanken ertappt: «Wie wundervoll diese Region doch ist!» Ich wohne auch an einem wundervollen Ort, der unfassbar ruhig ist. Das ist ein krasser Gegensatz zu Montreal. Allein schon die Lobby des Hotels war wie ein Bienenstock, dann die ganzen Fans draussen, der Verkehr. Hier ist es einfach nur ruhig. Meine Eltern lebten auf dem Land, ich mag das Landleben, also fühle ich mich hier sehr wohl.

Spürst du nach dem Sieg in Kanada einen gewissen Schwung?

Ich rede nicht gerne über Schwung. Ich meine, Montreal liegt schon zehn Tage zurück, da hat sich doch jeder Schwung bereits verflüchtigt. Was mir in diesem Zusammenhang wichtiger ist: Ich hatte in Monaco nicht das einfachste Rennen, da stand für mich dann in Kanada im Mittelpunkt, ein Erfolgserlebnis zu haben.

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