Mexiko: Schritt ins Unbekannte für die Motortechniker
Arbeit an einem Turbolader
Jahrelang galt die Rennstrecke von Interlagos als der grosse Motoren-Würger: Mit rund 800 Metern über Meer war die brasilianische Traditionsbahn der höchstgelegene Grand-Prix-Kurs. Die Faustregel gilt: Wenn weniger Sauerstoff für den Verbrennungsvorgang zur Verfügung steht, sinkt die Motorleistung. Ingenieure kalkulierten mit einem Leistungsverlust in Höhe von einem Prozent je 100 Meter Höhe. Das heisst: In Brasilien produzieren die Triebwerke etwa acht Prozent weniger Leistung als in Monaco. Das heisst auch: In Mexiko würden wir von einem Leistungsverlust von mehr als einem Fünftel sprechen, da liegen wir bei rund 160 PS.
Für die Techniker der neuen Turbo-Generation ist Mexiko ein Schritt ins Unbekannte. Viele von ihnen waren nicht in der Formel 1 tätig, als der GP-Sport noch in Mexiko zu bestaunen war.
Lorenzo Sassi von Ferrari sagt: «Die dünnere Luft führte bei den einstigen Saugmotoren zu einem markanten Leistungsverlust. Mit dem Turbo kannst du das kompensieren. Das Mehr an Boost bezahlst du aber mit weniger Leistung aus der Energierückgewinnung.»
Die Techniker sind vorsichtig. So vorsichtig, dass Renault den Einsatz eines verbesserten Motors verschoben hat. Rémi Taffin von Renault meint: «Aufgrund der dünnen Luft werden die Motoren unter ganz besonderen Bedingungen betrieben, Bedingungen, die ein anderes Gesamtpaket in Sachen Kühlung erfordert. Da würde der verbesserte V6 nicht passen. In Mexiko geht es darum, zu optimieren, was du hast. Dieses Rennen ist ein Schritt ins Unbekannte. Da willst du kein unnötiges Risiko eingehen.»
Anders gesagt: Die Motoren sollen die gleiche Leistung bringen, haben aber gewissermassen Probleme beim Atmen. Die dünnere Luft erschwert die Kühlung. Gleichzeitig müssen man die Drehzahl des Turbos beschleunigen, um den Leistungsverlust zu kompensieren. Das führt zu Fragezeichen bezüglich der Standfestigkeit. Die meisten Motorherstellern drehen ihre Lader mit rund 100.000/min, vom Reglement her erlaubt wären 125.000/min. Bislang hat man sich kaum an diese Grenze gewagt, um nicht die Zuverlässigkeit zu kompromittieren.
Klar haben die Teams ihre Simulationsprogramme, einige Hersteller betreiben sogar Prüfstände in Klimakammern, um Bedingungen wie in Mexiko zu simulieren. Aber nichts ersetzt das echte Fahren.
Fazit: In Austin haben wir wegen des Wetters einen herrlich unberechenbaren, atemraubenden Grand Prix erlebt. In Mexiko könnte die Höhe über Meer die Karten neu mischen.