Britische Presse: Lewis Hamilton von Mercedes gewarnt
Lewis Hamilton mit Toto Wolff in Suzuka
Fertig mit Kuscheln – Mercedes-Motorsportdirektor Toto Wolff hat im Gespräch mit unseren Kollegen von motorsport.com zugegeben, dass die anhaltenden Spannungen zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg an die Substanz gehen. Der Wiener hat in ein Wespennest gestochen, seit er angedeutet hat, dass eine Veränderung des Fahreraufgebots nicht ausgeschlossen sei, sollten sich diese Spannungen nicht legen. Fans und Fachleute begannen daraufhin heftig zu diskutieren, ob Wolff damit beide Fahrer gleichwertig abmahnt, oder ob einer der beiden sich das etwas mehr zu Herzen nehmen sollte.
Toto Wolff hatte gesagt: «Wir haben hin und wieder Mühe mit der Tatsache, dass wir an einem Sonntag ein Rennen gewinnen und dabei aber stets einen Piloten haben, der aufgebracht ist. Das wirkt sich aufs ganze Team auf. Und das ist etwas, das nun aufhören muss.»
«Wir haben uns für den Weg zweiter gleichberechtigter Piloten entschieden, weil wir glaubten, dass wir als Team mehr Fortschritte erreichen können. Wir haben diese Entscheidung sehr bewusst getroffen. Aber nun werden wir darüber befinden müssen, wie das Team am besten zusammenzusetzen ist. Persönlichkeit und Charakter sind zwei entscheidende Zutaten für den Erfolg eines Teams. Wenn wir der Ansicht sind, dass die Einheit, der Teamgeist, die Philosophie dieses Rennstalls nicht mehr gegeben sind, dann könnten wir in Betracht ziehen, in Sachen Fahreraufgebot eine Entscheidung zu fällen.»
Der dreifache Weltmeister Lewis Hamilton hat gegenüber der BBC Nico Rosberg der Jammerei bezichtigt: «Er beklagt sich über vieles. Das musst du halt über dich ergehen lassen, er ist einfach so. Ich schätze, das liegt an der unterschiedlichen Vergangenheit.»
Aber die machtvolle britische Presse sieht vielmehr den Landsmann Hamilton im Visier der Mercedes-Entscheidungsträger.
Kevin Eason schreibt in der «Times»: «Trotz der überragenden Rolle von Lewis Hamilton im Team als dreifacher Weltmeister wird der Engländer nicht als Team-Spieler betrachtet, und dies in einem Rennstall, in dem Mannschaftsethik sehr gross geschrieben wird. Seine Quengeleien in den letzten drei Rennen, die alle von Nico Rosberg gewonnen wurden, schaben an langjährigen Mercedes-Führungspersönlichkeiten und haben sogar jene Ingenieure irritiert, die Hamilton nahe stehen. Es scheint, dass Hamilton die Geduld der Mercedes-Hierarchie bis zur Grenze auf die Probe stellt. Zwei Jahre nun versucht die Team-Führung, die immer zerbrechlichere Beziehung zwischen Hamilton und Rosberg zu glätten.»
«Hamilton kann ein zerstörerisches Element sein, wie er im Abu-Dhabi-GP bewiesen hat, als der die Rennstrategie in Frage stellte. Er musste kraftvoll angewiesen werden, Veränderungen am Motor-Management vorzunehmen.»
Daniel Johnson hält im «Daily Telegraph» fest: «Die Worte von Toto Wolff könnten durchaus als Rüffel für Lewis Hamilton verstanden werden, nachdem sich der Weltmeister in den letzten drei Rennen über die Team-Strategie beklagt hat.»
Ben Hunt von der «Sun» wittert Widersprüche zwischen Aussagen von Mercedes und jenen des Renn-Stars: «In Abu Dhabi stellte Hamilton in den Raum, ob sein Motor an Leistung zurückgefahren worden sei, um den Vorsprung von Rosberg zu konservieren. Er unterstellte auch, dass das Team zum Schluss des Rennens hin einen minderwertigen Reifen gewählt habe – eine Beschuldigung, die von Mercedes zurückgewiesen wird.»
Zur Erinnerung: Hamilton spielte mit dem Gedanken, auf den letzten Stopp ganz zu verzichten, was am Kommandostand als wenig aussichtsreiches Vorgehen verworfen wurde. Hamilton erkundigte sich dann, beim letzten Reifenwechsel die superweiche Mischung aufziehen zu lassen, aber das Team glaubte nicht, dass diese Walzen 14 oder 15 Runden bis ins Ziel halten würden. Daher erhielt Hamilton einen Satz der Mischung weich mit auf den Weg.
Kevin Eason meint aber auch, dass es trotz des Denkzettels für Hamilton vielmehr Nico Rosberg sein könnte, der Mercedes verlässt: «Rosbergs Vertrag läuft nur noch bis Ende 2016, und Gerüchte treten hervor, wonach er von seinem Stallgefährten langsam genug hat, den erst einst seinen Freund nannte.»