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Frauen und Formel 1: Tatiana Calderon die Richtige?

Von Mathias Brunner
Die junge Kolumbianerin Tatiana Calderon

Die junge Kolumbianerin Tatiana Calderon

​Die Kolumbianerin Tatiana Calderon tritt 2016 in der Nachwuchsklasse GP3 an. Ist sie die Richtige, um einiges Tages in der Formel 1 wieder eine Frau am Start zu haben?

Die frühere Williams-Pilotin Susie Wolff hat im Januar ihr Projekt begonnen, um Frauen im Motorsport zu fördern. Das Fernziel: Eine Frau soll endlich wieder am Start eines Grand Prix stehen – es wär das erste Mal seit 1976 und Lella Lombardi!

Vielleicht ist eine junge Dame diesem Ziel jetzt einen Schritt näher gekommen: Die Kolumbianerin Tatiana Calderon hat im Arden-Rennstall von Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner für eine Saison GP3 unterzeichnet. Sie ist nicht die erste Frau dort: Auch Carmen Jordá, Alex Powell, Vicky Piria oder Samin Gomez haben sich dort versucht, aber mit Rang 8 in Monza 2012 ist die Britin Powell bislang die einzige, die überhaupt nur Punkte sammeln können.

Calderon, Gesamt-29 der Formel-3-EM 2014, sagt: «Ich bin froh, dass ich bei Arden diese Chance erhalte. Ich weiss, es wird eine harte erste Saison, aber ich weiss, dass ich von den richtigen Menschen umgeben bin. Arden war in der GP3 überaus erfolgreich.» Das Engagement von Calderon ist auf einen schrittweisen Aufbau ausgelegt.

Arden wurde 2011, 2012 und 2013 jeweils Gesamtzweite in der Teamwertung, der Neuseeländer Mitch Evans und der Russe Daniil Kvyat (heute bei Red Bull Racing) wurden 2012 und 2013 jeweils Meister.

Das Projekt von Susie Wolff

«Traue dich, anders zu sein» («Dare To Be Different») nennt sich Wolffs Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem britischen Motorsportverband MSA gegründet wurde. Motorsport soll damit für Mädchen attraktiv gemacht werden. «Ich glaube, dass wir nach unseren Stärken definiert werden und nicht nach unserem Geschlecht», sagte Wolff.

Wie Wolff der BBC erklärte, sei sie nach ihrem Rücktritt sehr überrascht gewesen, wieviele Nachrichten sie von Menschen bekommen habe, die enttäuscht gewesen seien. «Sie haben mich als Vorreiterin gesehen.»

Deshalb ihr Projekt, das vor allem langfristig angelegt ist und nicht darauf abzielt, so schnell wie möglich eine Frau in die Formel 1 zu bringen. Also kein Start mit grossem Bohei und schon bald ein geräuschloses Ende. Wolff will eine grosse Community von Frauen aus der ganzen Welt aufbauen.

«Ich will sie ermutigen, neue Vorbilder zu werden und stelle Kontakte zu den erfolgreichsten Frauen im Motorsport her», sagte Wolff. Mit zunächst fünf Veranstaltungen in Grossbritannien will sie «mit dem Bild eines männerdominierten Sports brechen.» Der Nachwuchs soll neben praktischem Training im Kart auch in Medienarbeit, Fitness und Ernährung geschult werden. «Das herausragendste Mädchen erhält ein Stipendium für den Kartsport, aber es ist viel mehr als das», sagte Wolff.

Damon Hill: Zweifel bleiben

Damon Hill, Formel-1-Weltmeister des Jahres 1996 mit Williams, hat seine Zweifel. Der 22fache GP-Sieger sagt bei den Kollegen von ITV: «Meine Frau und meine beiden Töchter versichern mir – es gibt keinen Grund, wieso eine Frau nicht die Männer schlagen sollte. Aber ich habe meine Zweifel. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass wir das so bald sehen werden alleine aus diesem Grund: Schon für die Männer ist es sehr, sehr hart, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen.»

Nicht nur wegen Susie Wolffs lobenswerter «Dare to be Different»-Initiative spricht die Formel-1-Welt ist die fehlende weibliche Beteiligung in der Königsklasse wieder ein Thema.

Ein Reizthema offenbar, denn Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone (85) hatte dem Radiosender TSN erklärt: «Selbst wenn es eine Frau geben würde, die dazu fähig ist, würde sie in der Formel 1 sowieso nicht ernst genommen werden.»

Damon Hill kann über diese Worte nur schmunzeln: «Ach, Bernie sagt doch immer wieder etwas Kontroverses, um die Leute ein wenig herauszufordern. Oft äussert er sich bewusst provokativ, um vielleicht eine Trotzreaktion zu erwirken – dem zeigen wir es jetzt! Aber das Ganze sollte auf einer anderen Basis passieren. Die Grundfrage müsste lauten: Gibt es da draussen ein Mädchen, das mehr als alles andere auf der Welt, Rennfahrer und Weltmeister werden möchte?»

Eine Frau würde der Formel 1 neues Zuschauerinteresse bringen. Und viele Experten hoffen, dass dies eines Tages passiert. Auch der ehemalige Formel-1-Pilot und heutige TV-Experte Martin Brundle würde gerne daran glauben, dass sich Bernie Ecclestone irrt. Auf Twitter erklärte Brundle: «Ich hoffe wirklich, dass ich mindestens über eine weibliche Formel-1-Pilotin berichten kann, bevor ich in Rente gehe. Sie würde zu Recht verehrt und unterstützt werden und wäre in unserem Sport sehr willkommen.»

Frau am Steuer in der Formel 1

1958/1959: Maria Teresa de Filippis (I) – 3 GP (10. in Belgien 1958)
1974–1976: Lella Lombardi (I) – 12 GP (Rang 6 in Spanien)
1976/1978: Divina Galica (GB) – 0 GP (drei Mal nicht qualifiziert)
1980: Desiré Wilson (ZA) – 0 GP (einmal nicht qualifiziert)
1992: Giovanna Amati (I) – 0 GP (drei Mal nicht qualifiziert)
2002: Sarah Fisher (USA) – 0 GP (nur Demo-Fahrt in Indianapolis)
2005: Katherine Legge (GB) – 0 GP (Test mit Minardi)
2011/2012: María de Villota (E) – 0 GP (Tests und Demo-Fahrten mit Renault und Marussia)
2012–2015: Susie Wolff (GB) – 0 GP (Tests und Trainings mit Williams)
2014: Simona De Silvestro (CH) – 0 GP (Tests mit Sauber)
2015: Carmen Jordá (E) – 0 GP (Entwicklungspilotin von Lotus, keine Tests)

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