Bernie Ecclestone: «Honda hätte jeden Motor gebaut»
Bernie Ecclestone und Sebastian Vettel: Sie mögen beide die Turbo-Motoren nicht
Der Streit um das Qualifikationsformat ist beigelegt, jener über die Zukunft der Formel-1-Motoren schwelt weiter.
SPEEDWEEK.com-Leser wissen: Die Kosten sind komplett aus dem Ruder gelaufen, und der Automobil-Weltverband FIA hat viel zu lange nur zugeschaut, Die Rennställe bezahlen heute (je nach Motorlieferant und Vertrag) zwischen 17 und 23 Millionen Euro Leasing-Gebühr im Jahr für die Hybrid-Antriebseinheiten vom Typ V6-Turbo mit Mehrfach-Energierückgewinnung. FIA-Chef Todt hat von den Werken gefordert, maximal 12 Millionen für ihre Motoren zu verlangen, die Motorhersteller lehnten das zunächst rundweg ab. Damit liessen sich nicht mal die Kosten decken, argumentieren sie.
Also schob der Franzose Todt zusammen mit Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone den Plan an, wieder einen unabhängigen Motorhersteller in der Formel 1 zu haben, der seine Triebwerke für einen Preis in der Region von sechs oder sieben Millionen Euro anbietet. Möglich wird das durch ein anderes Motorkonzept – angedacht waren etwa 2,2-Liter-Biturbo und abgespeckte Hybridsysteme. Todt und Ecclestone wollten Motorexperten wie Cosworth oder Ilmor anlocken, es gab eine Ausschreibung und erste Interessenten.
Im Januar 2016 war das dann erst mal alles vom Tisch: Die gegenwärtigen V6-Turbos bleiben bis mindestens 2020, der Alternativmotor liegt auf Eis (ein 2,5-Liter-Turbo ohne Energierückgewinnung).
Im Gegenzug haben die Hersteller zugesagt, dass es keine Situation mehr geben wird wie 2015, als Red Bull monatelang nicht wusste, mit welchen Triebwerken 2016 Formel-1-Sport betrieben werden soll. Die Motoren sollen auch deutlich günstiger werden. Über den genauen Preis wird gestritten.
Die Motorhersteller wollten unbedingt verhindern, dass ein neues Motorkonzept in die Formel 1 kommt. Die Entwicklung der heutigen V6-Turbos hat (wie mir ein Vertreter eines Herstellers vor wenigen Jahren versicherte) 200 Millionen Euro verschlungen. Diese Motoren nach wenigen Jahren wieder zur Seite zu legen, wäre der Gipfel der Geldverschwendung gewesen.
Aber wieso haben wir eigentlich diese Antriebseinheiten?
Für den Schritt in diese neue Turbo-Ära mit aufgeladenen 1,6-Liter-V6-Motoren zur Saison 2014 hin hatten sich die Autohersteller Renault und Mercedes stark gemacht – um mit Hybridtechnik mehr Serienrelevanz zu zeigen.
FIA-Präsident Jean Todt fand es ebenfalls prima, der Formel 1 einen grünen Anstrich zu geben. Leider versäumte es der Automobilverband dann, den Motorenherstellern bezahlbare Triebwerkspreise vorzuschreiben. Die Folge: Viele kleinere Rennställe sind entweder kollabiert (Caterham, Marussia), wurden knapp gerettet (Rückkauf von Lotus durch Renault) oder am balancieren am Rande des Abgrunds (Sauber, Force India).
Mercedes machte zur Saison 2014 hin die Hausaufgaben besser als alle anderen, daher die Dominanz heute. Renault hat den Schritt in die Turbo-Ära verschlafen und fuhr 2014 und 2015 hinterher. Das birgt eine gewisse Ironie, schliesslich machten sich die Franzosen am lautesten für eine neue Motorgeneration stark.
Für Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone sind die Turbos die Wurzel vieler Übel, wie er in einer kleinen Medienrunde in Bahrain betont hat: «Es war Max Mosley, der fand, mit kleineren Triebwerken würden wir mehr Hersteller anlocken. Als Max die Idee hatte, wusste noch keiner, wie diese Motoren aussehen würden. Es sollte eigentlich ein viel simplerer Motor sein.»
Marc Surer, Formel-1-Experte der deutschen Sky, weiss, wie das ging: «Die Grundidee bestand ja einst im so genannten Weltmotor. Die Basis dazu sollte ein Vierzylinder-Motor sein, der dann in verschiedenen Versionen in unterschiedlichen Rennkategorien eingesetzt wird. Sagen, wir als 1600er Sauger in einer Monoposto-Nachwuchsformel, als aufgeladener 1600er in der Formel 1, als auf Zweiliter aufgebohrter Motor für Tourenwagensport oder Rallye und so weiter. Aber Ferrari war sofort gegen einen Vierzylinder – weil ein solcher Motor im Angebot der Italiener nicht existiert und weil ein so kleiner Motor vom Image her nicht mit Ferrari in Einklang gebracht werden kann.»
Die Hersteller einigten sich dann mit der FIA auf einen V6-Turbo und machten Druck, den samt Hybridtechnik einzuführen, weil das serienrelevant sei. Marc Surer: «Hier liegt ein Grundübel. Denn letztlich diktierten die Hersteller der FIA die Motorenformel. Es sollte aber umgekehrt sein.»
Die weiteren Fehler der FIA: Es wurde versäumt, im Reglement einen Maximalpreis zu verankern. Und es wurde auch nicht daran gedacht, dass ein Hersteller eine Mindestanzahl von Teams beliefern sollte, wenn er Formel-1-Sport betreibt.
Bernie Ecclestone räumt mit der Behauptung auf, wonach sich nur mit Hybridtechnik neue Hersteller anlocken lassen: «Honda hätte bei der Rückkehr jeden Motor gebaut. Das macht mich sauer. Ich glaube nicht, dass die meisten Fans die Einführung dieser Motoren wollten. IM Grunde wollte fast niemand dieser Motorgeneration. Aber jetzt haben wir sie halt. Und sie zerstört langsam, aber sicher die Formel 1.»
Weil die Triebwerke zu teuer sind und weil vor dem Hintergrund der Regeln das Aufholen für die Mercedes-Gegner so schwierig ist.