Kanada-GP: 45. GP-Sieg von Lewis Hamilton!
Beim Start setzte sich Sebastian Vettel vor Lewis Hamilton an die Spitze, doch der Ferrar-Pilot hatte am Ende das Nachsehen
Sorgenvolle Blicke in den Himmel bestimmten das Bild vor dem siebten WM-Lauf in Kanada. Denn über dem 4,361 km langen Circuit Gilles Villeneuve hatten sich dicke Regenwolken zusammengebraut. Auch ohne Wetterexperten waren sich alle sicher: Die Frage war nicht, ob der Regen kommen würde, sondern wann. Dass es im Rennen dann nicht mehr regnen würde, konnte zu diesem Zeitpunkt keiner ahnen.
Schon vor dem Rennen begann es leicht zu nieseln und auch auf der Startaufstellung waren erste Tropfen spürbar. Doch Nico Hülkenberg winkte auf Nachfrage von RTL-Boxengassenreporter ab: «Noch ist es nicht zu nass, um die Slicks einzusetzen, mal schauen, was das Wetter während des Rennens macht.»
Der Force India-Pilot durfte den Grand Prix von Startplatz 9 in Angriff nehmen. Die Pole-Position hatte sich Lewis Hamilton gesichert, der damit zum fünften Mal in Montréal von der ersten Position in ein Formel-1-Rennen starten durfte.
Dahinter komplettierten sein Teamkollege Nico Rosberg, Ferrari-Star Sebastian Vettel, das Red Bull Racing-Duo Daniel Ricciardo und Max Verstappen, Vettels Teamkollege Kimi Räikkönen, die Williams-Piloten Valtteri Bottas und Felipe Massa, Hülkenberg und McLaren-Honda-Star Fernando Alonso die Top-10.
Schon beim Start durften die Ferrari-Fans jubeln, denn der vierfache Champion Vettel setzte sich mit einem starken Start an die Spitze. Dafür kamen sich die beiden Mercedes-Renner etwas zu nahe – mit schlechtem Ausgang für Rosberg, der den Notausgang nehmen musste und bis auf die zehnte Position zurückfiel. Mercedes gab kurz darauf Entwarnung: Am Silberpfeil des WM-Leaders war kein Schaden erkennbar.
Vettel, der von Hamilton unter Druck gesetzt wurde, führte das Feld vor dem Weltmeister, dem Red Bull Racing-Duo Verstappen und Ricciardo (der den Start gegen seinen Teamkollegen verloren hatte), Räikkönen, Bottas, Massa, Alonso, der beim Start Hülkenberg überholt hatte und Rosberg an. Letzterer startete seine Aufholjagd in der vierten Runde und schnappte sich erst Alonso und dann Hülkenberg.
Honda sorgt für Aus von Jenson Button
In der elften Runde überschlugen sich die Ereignisse: Button musste seinen Renner nach einem Motorenplatzer am Streckenrand abstellen und löste damit eine virtuelle Safety-Car-Phase aus. Diese wollte Vettel für seinen ersten Reifenwechsel nutzen. Doch kaum war der Deutsche an die Box abgebogen, durfte das Feld wieder Gas geben.
Das hatte zur Folge, dass Vettel nach dem Stopp mehr als elf Sekunden hinter dem Champion hinter Ricciardo auf Position 4 wieder auf die Strecke kam. Der Heppenheimer bahnte sich seinen Weg an seinem früheren Teamkollegen vorbei und nahm die Jagd auf Teenager Verstappen auf. In der 19. Runde schnappte er den Barcelona-Sieger, während Renault-Pechvogel Jolyon Palmer wegen eines Wasserlecks aufgeben musste.
Eine erfolgreiche Undercut-Strategie zeigte Rosberg in der 22. Runde. Der Blondschopf bog eine Runde vor dem vor ihm fahrenden Massa zum Reifenwechsel ab und konnte den Brasilianer damit hinter sich lassen. Nach dem Stopp von Massa belegten die beiden Piloten die Position 8 und 9. Eine Runde später bog auch Leader Hamilton zur Box ab.
Während Vettel die Führung wieder übernahm, liess sich der 44-fache GP-Sieger die weichen Reifen aufziehen – und bestätigte damit, dass er im Gegensatz zu Vettel nur einen Boxenstopp einzulegen beabsichtigte. Denn Vettel hatte den weichen Reifen noch nicht eingesetzt – was von Pirelli für den Kanada-GP aber vorgeschrieben wurde.
Pech für Felipe Massa, Sebastian Vettels zweiter Stopp
Einer der grossen Gewinner der ersten Rennhälfte war Carlos Sainz. Das Toro Rosso-Talent musste nach seinem Mauerkuss wegen eines Getriebewechsels fünf Positionen nach hinten rücken und vom 20 Startplatz losfahren. Schon zum Ende der ersten Runde fand sich der Sohn der gleichnamigen Rallye-Legende auf dem 16. Platz wieder. in Runde 28 fehlten Sainz zum letzten Punkteplatz nur noch drei Sekunden.
In Runde 34 bog schliesslich auch Räikkönen auf Position 4 liegend an die Box ab. Der Finne erlöste damit eine ganze Reihe von Gegnern, die hinter dem Iceman feststeckten. Er liess sich die weichen Reifen aufziehen und kam auf Position 8 wieder raus. Während die TV-Experten rätselten, wann sein Teamkollege Vettel seinen zweiten Stopp einzulegen gedenke, baute der Heppenheimer seinen Vorsprung auf Hamilton wieder kontinuierlich aus.
In Runde 38 erlöste der Deutsche die Berichterstatter und holte sich bei einem schnellen Stopp die fürs Rennen vorgeschriebenen weichen Reifen ab. Vettel kam nach nur 2,4 sec Standzeit hinter Hamilton wieder auf die Strecke, während sich Ricciardo eine Runde später ganze 4,1 sec gedulden musste, weil der rechte Vorderreifen nicht auf Anhieb montiert werden konnte. Ricciardo fiel damit von der vierten auf die siebte Position zurück.
Nur einen Umlauf vor dem Stopp von Vettel musste Massa das Rennen aufgeben. Der Rennfahrer aus Sao Paulo erklärte hinterher: «Ich weiss nicht, was es war, wir hatten Probleme mit dem Motor, es wird wohl ein mechanisches Problem sein. Der Motor war neu.»
Nico Rosberg mit schleichendem Plattfuss und Dreher
In Runde 46 wurde es wieder richtig spannend, denn Rosberg, der auf Position 5 unterwegs war, meldete mehrere Warnungen auf seinem Lenkrad. «Die Warnungen sind ernstzunehmen», lautete die Antwort seines Teams. Wenige Runden später bog der Deutsche an die Box ab, weil er sich am rechten Hinterreifen einen schleichenden Plattfuss eingehandelt hatte.
Rosberg kam auf Position 7 wieder auf die Strecke und brauchte drei Runden, bis er den vor sich fahrenden Ricciardo in der letzten Schikane überholen konnte. Während Pérez auf Kosten von Alonso wieder in die Top-Ten vorstiess, verbremste sich Vettel ausgerechnet dort, wo der WM-Leader seinen jüngsten Positionsgewinn erzielt hatte.
Der Mercedes-Pilot war noch lange nicht fertig – während Vettel bei der letzten Schikane gleich mehrmals den Notausgang nehmen musste, schnappte sich der 18-fache GP-Sieger Räikkönen und machte in der Folge Druck auf Verstappen, der auf Position 4 unterwegs war. Die Jagd nach dem 18-Jährigen fand ein abruptes Ende, weil Rosebrg offenbar Probleme bekundete und zurückfiel.
Für den WM-Leader kam es noch dicker: In der zweitletzten Runde leistete er sich einen Dreher in der letzten Schikane, hatte aber das Glück, weiterfahren zu können. Er büsste sogar keine Position ein.
Hamilton durfte sich kurz darauf über den fünften Kanada-Sieg freuen, hinter ihm kamen Vettel, Bottas, Verstappen, Rosberg, Räikkönen, Ricciardo, Hülkenberg, Sainz und Pérez auf den restlichen Punkterängen ins Ziel. Alonso, Kvyat, Gutiérrez, Grosjean, Ericsson, Magnussen, Wehrlein, Nasr und Haryanto komplettierten die Ergebnisliste.