MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

DMV-Präsident Wilhelm Weidlich glaubt an IDM-Zukunft

Von Günther Wiesinger
IDM-Fahrerlager auf dem Nürburgring 2017: Gibt es ein Leben nach dem Tod?

IDM-Fahrerlager auf dem Nürburgring 2017: Gibt es ein Leben nach dem Tod?

Totgesagte leben länger. DMV-Präsident Wilhelm A. Weidlich ist überzeugt, es wird auch 2018 eine Internationale Deutsche Motorrad-Meisterschaft geben. Aber es muss sich einiges ändern.

Wenn es nach DMV-Präsident Wilhelm A. Weidlich geht, dann soll die Internationale Deutsche Motorrad-Meisterschaft (IDM) nächstes Jahr weitergeführt werden.

Momentan sind die meisten Funktionäre von DMSB, DMV und ADAC erstarrt.

DMSB-Vizepräsident Wagner-Sachs hat immerhin sein Bedauern über die Absage des diesjährigen IDM-Promoters ausgedrückt.

Hinter den Kulissen wird erforscht, wie es zum Rückzug der IVM kam.

Die Misere begann bereits im März, als Jörg Breitenfeld bei Yamaha Deutschland als Sales Manager mit starken Hang zum Motorsport seinen Hut nahm. Ihm wurde nachgesagt, er habe das Geld für den Motorsport mit beiden Händen ausgegeben.

Es ist ein wohl gehütetes Geheimnis, welche Beträge BMW, Honda, Yamaha, Suzuki und Kawasaki in den IDM-Pool einzahlten, es ist von 200.000 bis 225.000 Euro pro Saison und Marke die Rede.

Dazu leistete sich Yamaha das IDM-Superbike-Team, das noch einmal 200.000 Euro verschlang. Da Yamaha in Deutschland vom R1-Superbike rund 300 bis 400 Exemplare im Jahr verkauft, wurde jede Yamaha-R1 mit rund 1000 Euro aus der IDM subventioniert.

Solche Investitionen wollte Breitenfeld-Nachfolger Ralf Keller für 2018 nicht mehr mittragen, ist zu hören. Er war vorher General Manager Sales Support und entpuppte sich nie als hemmungsloser Motorsportfan.

Ohne Yamaha-Mitwirkung drohte das baufällige IDM-Gebilde zu zerbröseln. Also wurde die Reißleine gezogen.

Die Arbeitsgruppe Motorsport im IVM bildete mit den fünf Marken eine Art Kartell. Marken wie KTM, Aprilia, Ducati und MV Agusta wurden gerne als «Exoten» bezeichnet und zuletzt erfolgreich aus der IDM ferngehalten. Ein Fehler von vielen.

Herr Weidlich, war das Ende der IDM absehbar? Es war ja viel Unsicherheit zu spüren, es gab keine klaren Aussagen zur Zukunft.

Ja, das hat sich durch verschiedene Äußerungen aus der Szene abgezeichnet. Aber dass diese harte Landung jetzt dem DMSB gestern am Nachmittag so abrupt mitgeteilt wurde, das kam überraschend. Das war schon heftig.

Beim DMSB und den beiden Motorradverbänden ADAC und DMV ist die Enttäuschung groß. Das hat Kollege und DMSB-Vizepräsident Motorrad Wagner-Sachs heute schon veröffentlicht.

Das Vertrauen in die neuen Promoter ist nicht erfüllt worden.

Ich bin der Meinung, dass wir uns sportlich neu aufstellen müssen, unter Berücksichtigung der Veranstalter- und Fahrerinteressen. Und diese ganze Vermarktungsorgie muss man hinten anstellen.

Die Industrie darf nicht so viel Einfluss auf die Austragung der Rennen haben. Dadurch wird die IDM vielleicht am Anfang wieder etwas teurer für die Teilnehmer.

Aber für uns würde sportlich eine sichere Austragung mit sicheren Terminen und einer klaren Rechnung für sämtliche Beteiligten Vorrang haben.

Jeder, der dann mitmacht, beim Thema Werbung oder Sponsoring ist herzlich willkommen. Er kann mitmachen, aber nicht bestimmen.

Die Industrie müsste sich wie in der Vergangenheit in beratender Funktion auf die Technik und die Motorräder beschränken.

Wir müssen langsam beginnen, die IDM wieder zu entwickeln.

Es ist sicher so, dass der Automobilsport für den Motorradsport im Bezug auf die Vermarktung von Veranstaltungen oder Serien kein gutes Beispiel ist, weil dort viel mehr Geld im Spiel ist. Die Motorradfirmen sind dazu finanziell zu schwach.

Das hat sich jetzt wieder bewiesen. Es hat sich gezeigt, dass wir uns selbst retten müssen. Die Motorradsportler müssen die IDM wieder selbst in die Hand nehmen.

Das gilt vielleicht für andere Serien und andere Disziplinen genau so.

Das heißt, es gibt Bestrebungen, dass die IDM 2018 unter der Schirmherrschaft des DMSB weiter geführt wird?

Ja, das ist die Ausgangsbasis. Anders wird es nicht gehen.

Ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob der Titel oder Begriff «IDM» irgendwo geschützt ist. Das weiß ich im Moment nicht.

Aber dass es 2018 eine hochrangige deutsche Motorrad-Meisterschaft gibt, egal mit welchen Klassen, davon gehe ich sicher aus.

Warum kann ein Industrie-Verband Motorrad die Absage der IDM 2018 verlautbaren?

Ja, eine gute Frage.

Zur Zukunft: Eine Veranstaltung wie die IDM ist über Nenngelder und notfalls auch über wenige Zuschauer finanzierbar.

Teuer wird sie nur, wenn Zusatzwünsche zu finanzieren sind wie zum Beispiel öffentliche Präsenz, Fernsehen etc. Dadurch werden aber eher die Interessen der Werbetreibenden bedient als die der Sportler.

Wenn man diese Kosten zurücknimmt auf ein normales Maß, dann gehe ich davon aus, dass die IDM auch funktionieren wird.

Die Fahrer, manche Teams und die Zuschauer haben bemängelt, dass in der IDM seit geraumer Zeit nur nach die Industrie über die Art der Klassen und Reglemente entschieden hat. Es gab früher alle GP-Klassen in der IDM von 50 bis 500 ccm, heute keine einzige mehr. Seit fünf Jahren kam kein neuer deutscher Moto3-Fahrer mehr in die WM.

Ja, sag' ich ja. Das ist ein Problem. Aber es geht natürlich nicht ohne die geeignete Industrie, die die Motorräder baut.

Die Frage ist: Wer bestimmt?

Die Industrie ist daran interessiert, Motorräder zu verkaufen.

Der Motorradsport ist ein Aushängeschild und eine Plattform für diese Branche. Wenn man den Sport nur dazu benutzen möchte, um ihn zu vermarkten und Geld damit zu verdienen, dann wird es beim Motorradsport bestimmt nicht funktionieren. Das funktioniert nicht einmal beim Automobilsport richtig. Beim Motorradsport noch viel weniger.

Da ist ja bekannt, weil die Stückzahlen und die Umsätze nur einen Bruchteil der Autoindustrie ausmachen. Das weiß man seit 20 Jahren.

Ja, richtig. Trotzdem sind immer wieder neue Phantasten am Werk, die sich einbilden, sie könnten gegen alle Erfahrungen und gegen alle Regeln agieren. Und das funktioniert dann wieder nicht.

Beim DMSB hat man drauf vertraut, dass der neue Vertragspartner zur Durchführung der IDM fähig ist und er diese Serie auch langfristig finanziell unterstützt. Dass die jetzt so schnell das Handtuch werfen, ist nicht nur enttäuschend. Es ist auch kein Zeichen von Professionalität, speziell was die Vorbereitung und die Aufstellung der IDM betrifft. Dass sie nach einem Jahr alles hinwerfen, naja. Schwach.

Was die Rechte an der Marke IDM betrifft: Die kann doch niemand anderer besitzen als der DMSB?

Ja, ganz sicher. Vor allen Dingen, wenn die Verträge jetzt wieder aufgelöst werden. Ich rede nur von dem Titel IDM selbst.

Das war einmal bei der DTM ähnlich. Das hat einmal Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft geheißen, dann musste das in Deutsche Tourenwagen Masters umbenannt werden.

Ich weiß vorläufig nicht, ob für die IDM noch irgendein Titelschutz existiert. Das müssen wir abklären.

Es würde mich auch nicht stören, einfach eine Internationale Deutsche Motorrad-Meisterschaft auszuschreiben, mit jenen Klassen, die gangbar sind. Vielleicht auch nur mit drei Klassen, analog zur Weltmeisterschaft, daneben gefüttert mit nationalen Serien, damit eine Veranstaltung mit einer hohen Zahl von Teilnehmern zustandekommt, notfalls neben der IDM mit Pokal-Teilnehmern wie früher, damit man diese Veranstaltung finanzieren kann. So könnte man beginnen, die IDM als Serie neu aufzubauen.

Welche IDM-Klassen müssen bleiben? Superbike? Supersport? Sidecar?

Da will ich nicht vorgreifen.

Ich bin optimistisch für die IDM. Auch deshalb, weil sie früher schon gut funktioniert hat. Man muss bestimmte Kräfte jetzt auf die Seite rücken. Dann muss man jene Leuten, die wirklich arbeiten und auf die es ankommt, wieder zur Geltung bringen, die Veranstalter und die Fahrer. Die Verbände müssen wieder mehr leisten, der DMSB sowieso. Das alles zusammen betrachte ich als starkes Gebilde. Alles andere ist Beiwerk.

(Teil 2 des Weidlich-Interviews erscheint heute um 14.30 Uhr)

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