Wilhelm Weidlich: Wie sich der DMV die IDM vorstellt
Siegerehrung im Hinterhof: Suzuki-Cup in Zolder
Während sich die Branche darüber wundert, warum die ominöse «Arbeitsgruppe Motorsport im Industrie-Verband Motorrad Deutschland e.V. (IVM)» gestern quasi das Ende der Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft (IDM) ausposaunen durfte, obwohl die IVM ohnedies keinen Vertrag mit einem sportlichen Ausrichter für 2018 hatte, wird jetzt intensiv überlegt, wie ein IDM-Neuanfang am besten bewerkstelligt werden könnte.
Warum der deutsche Industrie-Verband Motorrad (IVM) kein «tragfähiges Konzept für eine Fortführung der IDM 2018» gefunden hat, kann nur erahnt werden.
Es wird vermutet, dass Yamaha wegen der immensen Kosten aus dem IDM-Kartell ausscheren wollte.
Außerdem vermuten einige Teambesitzer, von IVM-Partner Motor Presse Stuttgart könnten noch zusätzliche Kosten drohen, weil offenbar im Vertrag eine Ausfallhaftung unterschrieben wurde für den Fall, dass manche IDM-Events mit Verlust abschließen.
Aber natürlich will das keiner der Beteiligten offiziell bestätigen.
Aber wo die Nachrichten fehlen, wachsen die Gerüchte.
DMV-Präsident Wilhelm A. Weidlich ist überzeugt, man könne die IDM in der nächsten Saison weiter durchführen.
Aber da diese Rennserie in den letzten Jahren nicht kostendeckend zu organisieren war, muss das Konzept geändert werden.
Das Programm wäre in Grundzügen vorhanden, es stehen auch fünf bis sechs Veranstalter bereit. Die Teams und Fahrer, Zubehörfirmen, Reifenfirmen und Sponsoren haben eine IDM 2018 im Plan. Es existiert ein Reglement, aber es müssen neue Rahmenbedingungen geschaffen werden. Und es muss wohl über neue Klassen und eine neue Art der Vermarktung nachgedacht werden.
Und das unter Zeitnot, sonst wandern noch mehr Privatfahrer zu Racing-for-Fun-Events ab und die Teams suchen sich neue Betätigungsfelder in anderen Rennserien von der Langstrecken-Szene bis zur CEV-Repsol-Meisterschaft, in der Superstock-1000-EM oder in der Superbike- oder Supersport-300-WM.
Insgesamt waren in der IDM 2017 rund 250 Lizenznehmer am Start. Und viele Fans fragen sich, warum zum Beispiel Moto2-Fahrer nicht als Gaststarter in der Supersport-IDM mitfahren dürfen, wie es früher der Fall war.
«Ich möchte mit meinem Team 2018 bei zwei bis drei Superbike-WM-Events mitfahren», sagt Honda-Teamchef Jens Holzhauer von HRP, der mit Martin Bauer zwei und mit Karl Muggeridge einen Superbike-IDM-Titel gewonnen hat und der seit 2004 ein IDM-Team betreibt. Die Supersport-IDM hat HRP mit Sascha Hommel gewonnen.
Herr Weidlich, die IDM muss neu aufgebaut werden. Muss man endlich die Berührungsängste mit Racing-for-Fun-Veranstaltern über Bord werfen und mit Firmen wie Bike Promotion in Kontakt treten?
Bike Promotion hat sich ja für die Ausrichtung der IDM interessiert. Man hat aber dann der IVM den Vorzug gegeben.
Ich gehe davon aus und würde mir wünschen, dass künftig Bike Promotion an der IDM-Organisation mitwirkt. Bike Promotion wickelt für den DMV bereits den Deutschen Rundstrecken Cup (DRC) ab.
Solche Leute, die viel näher an den Fahrern dran sind, sollten wir an Bord holen, als Berater und als Mit-Ausrichter.
Der DMV hat die Rechte für den DRC vom DMSB, und die DRC wird gemeinsam mit den Veranstaltungen von Bike Promotion bei fünf Läufen im Jahr ausgetragen.
So ein Konzept kann man in Zukunft mit etwas attraktiveren Klassen aus der internationaleren Szene mischen. Dann kann daraus eine wunderbare Meisterschaft mit fünf, sechs oder sieben Veranstaltungen im Jahr machen.
Dann wird man sehen, wohin die Reise geht.
Der DMSB hat mit der IDM über Jahre hinweg eine Art Kindesweglegung betrieben. Und jetzt soll der Verband den Retter spielen? Die Kunde hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube.
Ich muss leider eingestehen, dass man beim DMSB früher mehr hauptamtliches Motorradpersonal gehabt hat als jetzt.
Dadurch konnte man nicht mehr so viel Einfluss ausüben auf die Szene. Der Einfluss hat nachgelassen. Man hat dann auf die IVM alleine gesetzt.
Und wenn man dort neue Leute ohne Erfahrung am Werk sind, dann kommt es zu solche Entscheidungen wie gestern...
Wie viele Events sind nötig, um eine IDM 2018 auf die Beine stellen zu können?
Es geht da um zwei Dinge. Die Veranstaltung selbst muss sich finanzieren, auch mit wenigen Zuschauern, weil eben nicht mehr kommen. Und dazu über die Nenngelder und vielleicht noch durch einen kleinen Sponsorbeitrag.
Theoretisch kann man eine Meisterschaft auch mit zwei Veranstaltungen machen, aber das ist natürlich sportlich nicht interessant.
Eventuell muss man bei der Anzahl der Veranstaltungen Zugeständnisse machen.
Aber kann man beispielweise mit nur drei IDM-Veranstaltungen wirklich einen ersthaften Titel vergeben?
Theoretisch ja.
Aber ich gehe davon aus: Wenn die Bedingungen für die Veranstalter, und das ist für mich der sichere Teile dieser Szene, wenn sie mit einer schwarzen Null veranstalten können, wenn sie genügend Nenngelder einnehmen, dann weden wir in Deutschland fünf oder sechs Veranstalter finden, die eine ordentliche Meisterschaft zustande bringen.
Da braucht der DMSB nur die Lizenzen zu verkaufen und die Punkte zusammenzuzählen.
Wie hoch beziffern Sie die Chancen, dass 2018 die IDM in irgendeiner Form wieder ausgetragen werden kann? Mit 50 Prozent?
Nein, nein, weitaus höher, meinetwegen mit 100 Prozent. Wobei ich davon ausgehe, dass sich dafür ein Konzept gemeinsam mit dem DMSB findet und sich die potenziellen IDM-Veranstalter dann beim DMSB bwerben.
Wir könnten vermischt mit der DRC fünf bis sechs Veranstltungen organisieren. Meiner Meinung nach wird das funktionieren.
Wir haben genügend Lizenznehmer und Interessenten für die IDM.
Der Veranstalter ist für mich einer der Hauptträger, wenn die Wiederbelebung der IDM gelingen soll. Wenn unser Club als Veranstalter der IDM in Hockenheim rund 300 Teilnehmer hat und die Kosten für die Veranstaltung bei 150.000 bis 200.000 Euro liegen, dann wird ein gewisser Betrag an Nenngeldern nötig, die die Teilnehmer aufbringen müssen. Dann gibt es mal ein Rennen, dann ist man auf der sicheren Seite.
Alles andere ist Beiwerk: Zuschauer, Sponsoren, Werbung.
Ich hake noch einmal nach: Welche Klassen wären unbedingt nötig für eine passable IDM 2018?
Das weiß ich nicht. Das müssen die Fachleute entscheiden.
Ich bin aber überzeugt: Die IDM kann sich aus eigener Kraft aus dem Sumpf rausziehen. Ihre eigenen Kräfte sind die Veranstalter und die Teilnehmer. Alle anderen sind natürlich zur Mitarbeit eingeladen, inklusive Medien natürlich.
Wir brauchen die Industrie, aber sie darf nicht alles bestimmen. In der DTM haben wir 2019 nach dem Ausstieg von Mercedes nur noch zwei Hersteller. Ich weiß nicht, wie das ausgehen soll.
Die Firma MotorEvents hat die IDM vier Jahre lang auf eigene Faust vermarktet, sich aber dann mit dem DMSB und ADAC zerstritten.
Ja, höchster Respekt, dass die so lange durchgehalten haben.
Es sollte kein Dauerzustand sein, dass in der IDM nur die Japaner und BMW mitfahren und ihr eigenes Süppchen kochen, während Ducati, KTM, Aprilia und MV Agusta als «Exoten» ferngehalten werden?
Richtig. Man muss sich anschauen, welche Motorräder auf dem Markt sind und für diese Hersteller Kategorien schaffen, damit sich ein Fahrer gerne draufsetzt und die Zuschauer gerne zuschauen.
Man muss die Türen für alle Werke öffnen. Was bisher passiert ist, ist Blödsinn. Wenn ein Werk wie KTM in allen drei GP-Klassen mitfährt, dann muss man überlegen, wie man ihnen die IDM schmackhaft machen kann. Alle Sportmotorrad-Hersteller sollten in der IDM dabei sein. Ist ja klar.