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Forward-Chef Giovanni Cuzari in Italien verurteilt

Von Günther Wiesinger
Giovanni Cuzari

Giovanni Cuzari

Zwei Jahre Gefängnis auf Bewährung – so lautet das Urteil des «Tribunale di Milano» in Zusammenhang mit Forward-Teambesitzer Giovanni Cuzari.

Der italienische Forward-Racing-Teambesitzer Giovanni Cuzari wurde nach dem Sachsenring-GP 2015 für rund vier Wochen im Tessin in Untersuchungshaft gesteckt.

Die Vorwürfe wogen schwer: Verdacht auf Bestechung, Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Geldwäsche.

Jetzt wurde Cuzari vom «Tribunale di Milano» in erster Instanz zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt.

In der Schweiz sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen, das Gerichtsverfahren hat noch nicht stattgefunden. Aber Staatsanwalt Noseda liess jetzt anklingen, das Mailänder Urteil beweise die Sinnhaftigkeit der U-Haft und die Rechtmässigkeit der aufwändigen Untersuchungen. Wann Anklage erhoben wird, steht noch nicht fest. Was Cuzaris Delikte in der Schweiz betrifft, so gilt die Unschuldsvermutung.

Im Fahrerlager hatte Cuzari zwei Jahre lang immer erzählt, es seien alle Vorwürfe fallen gelassen worden.

In Wirklichkeit wurde in der Schweiz nur der Vorwurf der Bestechung ad acta gelegt. Der Tessiner Staatsanwalt John Noseda hatte Cuzari im Sommer 2015 vorgeworfen, er habe den Tessiner Libero Galli, den Chef des lokalen Finanzamts, bestochen und mit seiner Hilfe ein System ausgeheckt, um mit dem aufwändigen Rennteam und der Firma Media Action S.l.r. bei Sponsorship-Deals mit italienischen Firmen die italienische Mehrwertsteuer IVA im großen Stil zu hinterziehen. Doch dieser Bestechungsvorwurf konnte nie bewiesen werden.

Schon im Februar 2014 soll von den Zollbeamten an der schweizerisch-italienischen Grenze ein Schwarzgeld-Transport entdeckt und aufgebracht worden sein. Es wurden fünf Verdächtige festgenommen; seither waren die Behörden auf Cuzaris Spur.

Später sollen bis zur Verhaftung sogar Cuzaris Mobiltelefone abgehört worden sein.

Bei der Aufarbeitung des Skandals stießen die Behörden auf eine erstaunliche Episode im Lebenslaufs von Giovanni «Gio» Cuzari: Der italienische Teambesitzer soll in jungen Jahren sein Geld als Mitarbeiter bei der italienischen Steuerfahndung «Guardia di Finanza» verdient haben, die im Volksmund «Fiamme Gialle» (die gelben Flammen) genannt wird.

Laut Informationen aus Italien ist der 50-jährige Pier Giuseppe Corrotto, den der ehemalige Rallye-Fahrer Cuzari aus seiner Automobilsport-Vergangenheit kennen dürfte, für ähnliche Vergehen im Zusammenhang mit einem undurchsichtigen Kreislauf von Scheinrechnungen in der Rallye-Szene zu vier Jahren Haft verurteilt worden.

Der zuständige Richter und Staatsanwalt John Noseda verhängte im Sommer 2015 über Cuzari eine 30-tägige Untersuchungshaft, obwohl dessen Rechtsanwalt Marco Bertoli die Vorwürfe bestritt.

Cuzaris Firma Media Action S.l.r. wurde vorgeworfen, über ihren steuergünstigen Firmensitz in Agno/Schweiz auch zwielichtige Sponsorship-Deals für andere Motorrad-GP-Teams abgewickelt zu haben. Dazu soll auch der Fiat-Millionen-Deal mit dem Yamaha-Werksteam von 2007 bis 2010 gehört haben. Insgesamt sollen mit Hilfe eines undurchsichtigen Systems ca. 3 Millionen Euro an Steuern hinterzogen worden sein.

2015 fuhr Forward als Open-Team mit Yamaha auch in der MotoGP-WM mit – mit Stefan Bradl und Loris Baz.

Die meisten Sponsoren von Forward machten sich nach der Affäre 2015 aus dem Staub. Die Dorna schmiss Forward Ende 2015 aus der MotoGP-WM; in der Moto2-Klasse durfte Forward weitermachen.

2017 wird mit Lorenzo Baldassarri und Luca Marini gefahren, für 2018 wurden Stefano Manzi und Eric Granado verpflichtet. Auch Sandro Cortese hatte sich Hoffnungen auf einen Platz bei Forward gemacht.

Cuzari hat sich zuletzt in den Medien über die zu geringen Zuschüsse von IRTA und Dorna für die Moto2-Teams beklagt.

Dorna-Chef Ezpeleta hatte danach eine klare Botschaft für Cuzari. «Wem das System nicht passt, der soll aus der Moto2-WM verschwinden.»

Ezpeleta plädierte dann im Selektions-Komitee dafür, Forward Racing für 2018 keine Teamplätze mehr zu überlassen.

«Wir wollen unserem seriösen Eigentümer Bridgepoint nicht zumuten, wenn wir Teambesitzer haben, die mit dem Gesetz im Konflikt stehen», bemerkte Ezpeleta schon nach der Cuzari-Verhaftung 2015.

Ob Cuzari nach der Verurteilung noch immer Kredit bei den Sponsoren hat, bleibt abzuwarten.

Der 50-jährige Italiener hat seinen aufwändigen Lebenstil auch nach der Untersuchungshaft nicht eingeschränkt. Flüge mit einem Privatjet nach Groningen zur Dutch-TT in Assen, ein Maserati in der Garage, dazu ein protziges Bentley Cabrio, das Cuzari 2017 demonstrativ neben der Hospitality in Mugello parkte – das alles passte nicht zu den Berichten von der mangelhaften Zahlungsmoral, die immer wieder über Forward zu hören waren.

Beim Barcelona-GP 2016 plante Cuzari eine «Flower Power Party», nach dem Tod von Luis Salom verschob er sie um zwei Wochen und holte sie in Assen nach.

Rechnungen von Zulieferfirmen wie Öhlins wurden hingegen gern mit Verspätung bezahlt. Colin Edwards stieg Mitte 2014 aus der WM aus, weil er keine Gage bekam, er würdigt Cuzari bis heute keines Blickes. Loris Baz' Vater sprang Cuzari 2016 beim Jerez-GP in der Box wegen unbezahlter Rechnungen an die Gurgel. Stefan Bradl wurde immer wieder vertröstet, als er seine Gage einforderte, genau wie etliche andere Forward-Mitarbeiter.

Cuzari agiert im Tessin als Immobilien-Unternehmer. Ein Appartement verkaufte er vor einigen Jahren an Jorge Lorenzo, es wurde aber in Brand gesteckt. Das sei offenbar ein demonstrativer Racheakt eines Cuzari-Feindes gewesen, wurde damals im Tessin vermutet.

Am Ende der Saison 2015 berichtete Cuzari, er werde 2016 als Teamprinzipal im MV-Agusta-Superbike- und Supersport-Werksteam agieren. Dazu werde er MV Agusta 2017 oder 2018 in die MotoGP-WM bringen und 2019 die Moto2-Einheitsmotoren von MV Agusta liefern lassen.

Kein Wort davon wurde wahr.

MV Agusta verkaufte damals nur 9000 Motorräder im Jahr und balancierte bald wieder einmal am Rand der Zahlungsunfähigkeit.

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