Philipp Öttl: «Ich habe Hervé Poncharal beruhigt»
Philipp Öttl
Nach sechs Jahren in der Moto3-Weltmeisterschaft ist Philipp Öttl der nächste Schritt in seiner Karriere gelungen. Er hat sich aus dem Team seines Vaters Peter verabschiedet und fährt 2019 erstmals im französischen Red Bull Tech3-KTM-Moto2-Team von Hervé Poncharal. Sein Teamkollege ist der Moto3-WM-Dritte Marco Bezzecchi.
Öttl ist in den ersten drei Jahren in der Moto3-WM im Team von Dani Epp und dann von Terrell Thien gefahren. Papa Peter war immer an Philipps Seite, zuletzt drei Jahre als Teambesitzer. Peter hat selbst fünf GP-Siege errungen und die Karriere des Juniors mit viel Umsicht und Geschick begleitet. So ließ er ihn zum Beispiel schon zu Zeiten des Rookies-Cups, der noch mit 125-ccm-Zweitakter gefahren wurde, in Spanien die CEV-Repsol-Meisterschaft mit einem 250-ccm-KTM-Viertakter fahren – als ideale Vorbereitung auf die WM.
Im Interview mit SPEEDWEEK.com spricht Philipp Öttl offenherzig über die Ursachen der 2018 über weite Strecken misslungenen Saison. Er wollte nach dem Jerez-Sieg in der WM in die Top-3 oder Top-5 fahren, es reichte aber nur für den 16. Gesamtrang.
Philipp, hast du die Saison 2018 inzwischen ein bisschen analysieren können? Du hast in Jerez gewonnen, danach ging viel schief. Hast du dir zu viel Druck gemacht?
Nach dem Jerez-GP sind so viele Sachen passiert, die kann ich dir gar nicht alle erzählen.
Es ist in jedem Rennen eigentlich etwas anderes gewesen. Bei den ersten vier Rennen nach dem Sieg habe ich ein paar Sachen verbockt. Danach waren wir auf dem richtigen Weg. Aber dann sind andere Sachen dazwischengekommen. Zum Beispiel der Sturz in Misano, ich konnte dann wegen der Gehirnerschütterung das Rennen nicht fahren. Vorher in Silverstone waren wir auch gut dabei, aber dort haben sie das Rennen abgesagt.
Dann sind noch teaminterne Sachen dazu gekommen, die wirklich Scheiße waren. ?
Hatte das mit der Technik zu tun?
Nein, nicht mit der Technik.?
Ab dem Sachsenring-GP war dein Wechsel zu Tech3 fix. Du bist in den letzten drei Jahren im Team von Papa Peter gefahren, der dann überlegte, ob er das Team zusperren sollte. Er hat sich nach Brünn zu einem Joint Venture mit Biaggi entschlossen, aber für deine deutschen Mechaniker und Crew-Chief Stefan Kirsch war kein Platz mehr. Das Team hat sich aufgelöst?
Ja, das Team war meiner Meinung nach ein paar Rennen lang nimmer existent. Die Situation war einfach schwierig. Unter solchen Voraussetzungen kann man keine Top-Leistung mehr bringen. Es lag nicht nur am Team, sondern auch an mir. Es ist immer eine Kombination von mehreren Faktoren. Deshalb war es dann schlecht. ?
Du warst nach den Rennen manchmal unansprechbar. Aber nach dem Rennen in Japan hast du erzählt, du hättest jetzt eine Fahrweise gefunden, bei der du weniger Kraft brauchst, das sei bis dahin ein Problem gewesen.
Ja, es hat immer wieder mal kleine Lichtblicke gegeben.
Dann habe ich diese Fahrweise zum Beispiel in Phillip Island wieder eingesetzt, dann waren wir Sechster im Training. Wenn mich Jorge Martin im Rennen nicht zur Seite gerempelt hätte, hätten wir den GP auf dem Podest beenden können. Dann wäre die Kritik wieder verstummt.
Aber es gab einfach Situationen... Ich will jetzt nicht mehr darüber reden.
Hast du dir nicht das Leben manchmal selber schwer gemacht?
Teilweise, ja. Nach dem Sieg auf jeden Fall ein bisschen, weil ich einfach Sachen umgestellt habe. Eine winzige Kleinigkeit, die mich aber unterm Strich vier Rennen gekostet hat.
Das habe ich analysiert, danach habe ich es wieder umgestellt. Nachher sind wir auf dem Sachsenring und in Brünn auch wieder ums Podest gefahren.
Es hat dann wieder eine Zeitlang funktioniert. Aber es ist immer etwas dazwischengekommen. Teilweise von meiner Seite. Oder in Misano, wo es mich am Samstag hingeschmissen hat und ich das Rennen nicht fahren durfte. So was passiert halt.
Natürlich wäre ich lieber mit besseren Ergebnissen in die Moto2 aufgestiegen.
Warum braucht man beim Fahren mit einer 250-ccm-Einzylinder-Maschine so viel Kraft, dass man die Renndistanz nicht durchsteht? Weil man verkrampft ist?
Es gibt auch beim Motocross Fahrer, die fahren eine halbe Stunde wie nix. Und es gibt welche, die haben einfach keine Fahrtechnik, dann verkackt man.
Wenn man die Moto3-Maschine schnell bewegt, dann kostet das Kraft. Wer das nicht versteht, ist selber schuld.
Aber jetzt tut dir der Tapetenwechsel sicher gut. Neues Team, neue Klasse, ein bisschen mehr auf eigenen Füssen stehen.
Ja, auf jeden Fall. Mir taugt das. Jetzt habe ich als Rennfahrer die Normalsituation.
Aber mein Papa war vom Beginn an immer mit mir dabei, er hat immer das Maximum für mich gegeben. Dass das bei uns so war, dafür brauch ich mich nicht zu rechtfertigen. Das hat für mich gepasst, das hat für ihn gepasst. Wir waren ein gutes Team. Wir haben auch in der Moto3-WM bis auf den WM-Titel statistisch mit unserem Titel alles erreicht. Deshalb hat das gut gepasst.
Da wird niemand widersprechen. Denn Florian Alt hat dich im Rookies-Cup besiegt, aber nur einen Punkt in der Moto3-WM geholt und ist bald wieder verschwunden. Aber 2018 war das Südmetall-Team nicht mehr die ideale Konstellation.
Zum Schluss auf keinen Fall mehr, das stimmt. Aber das hat nicht an meinem Papa gelegen.
Du kommst als WM-16. in deine erste Moto2-Saison. Geht es zuerst einmal darum, frisches Selbstvertrauen zu tanken und die Ziele nicht zu hoch zu stecken?
Auf jeden Fall. Man muss zuerst einmal schauen, dass man sich ans Motorrad und an das Team gewöhnt. Wir werden uns bemühen, das beim Test gut hinzubringen und das Motorrad und mich in eine gute Richtung zu bringen. Dann schauen wir, wie es wird. Ich werde mein Bestes geben. Dann wird es passen.
Beim Jerez-Test im November warst du nicht weit hinter dem besten KTM-Fahrer
Brad Binder.
Ja, aber das Wetter in Jerez war abwechslungsreich, man konnte noch kein richtiges Urteil abgeben. Jetzt haben wir noch zwei IRTA-Tests und nach dem Katar-GP kann man eine erste Standortbestimmung vornehmen.
KTM-Rennchef Pit Beirer sagte, man habe beim Jerez-Test bei der Chassis-Steifigkeit übertrieben, man werde wieder Richtung Aragón-Set-up vom September zurückkehren.
Ja, da bin ich nicht so stark involviert. ich weiß nur, dass wir für den Jerez-Test, der am 18. Februar beginnt, etwas Neues kriegen.
Ich habe Hervé Poncharal in Jerez im November beruhigt, als er etwas nervös wurde. Ich habe ihm gesagt: Wenn KTM etwas machen will, dann passiert das mit Sicherheit 1000 Mal schneller als bei irgendeinem anderen Hersteller. Am nächsten Tag hast du was, und das funktioniert dann auch wirklich. Das zeichnet KTM aus.
Sie entwickeln von heute auf morgen. Denn sie wollen so schnell wie möglich Erfolg haben.