Überraschung: Aki Ajo lockt Zarco für die Moto2-WM
LCR-Honda-Neuling Johann Zarco
Der Finne Aki Ajo hat zwar mit Mike di Meglio (2008), Marc Márquez (2010), Sandro Cortese (2012) und Brad Binder (2016) schon vier Weltmeistertitel in der kleinsten GP-Klasse gewonnen, aber momentan sieht man den Weltmeister-Macher von Red Bull-KTM oft mit sorgenvoller Miene durch das Fahrerlager spazieren.
Denn Aki Ajo hat bisher noch keinen Fahrer fix für die Moto-3-WM engagiert – und jetzt hat ihm KTM auch noch Iker Lecuona aus seinem Moto2-Team weggeschnappt und ins Red Bull-Tech3-KTM-Team von Hervé Poncharal als Teamkollege von Miguel Oliveira transferiert.
Für die Moto3-WM will Ajo bekanntlich den Junioren-Weltmeister Raul Fernandez aus dem Gaviota-Nieto-KTM-Team verpflichten. Aber Fernandez kann dort nur bei Bezahlung einer Vertragsstrafe aussteigen. «Bisher ist Fernandez nicht fix», versicherte Aki Ajo heute auf Phillip Island. «Ich hoffe, dass ich meine Moto3-Mannschaft nächste Woche präsentieren kann.» Beim zweiten Fahrer könnte es sich um Deniz oder Can Öncü handeln.
Die Tatsache, dass ihm Lecuona (er wurde vom Schweizer CEV-Teambesitzer Christian Perritaz entdeckt) erst Ende Oktober abhanden kommt, stellt Ajo vor erhebliche Probleme. Denn es ist weit und weit kein vertragsloser und aussichtsreicher Moto2-Pilot als Ersatzmann in Sicht.
Übrigens: KTM und WP Suspension ziehen sich aus der Moto2-WM zurück, Ajo wird deshalb 2020 mit Kalex und Öhlins antreten.
Aber Aki Ajo gilt als Querdenker und schlauer Fuchs. Deshalb arbeitet er hinter den Kulissen an einer ziemlich überraschenden Lösung: Er verhandelt mit Johann Zarco über eine Rückkehr in die Moto2-Weltmeisterschaft.
Der Franzose hat die Moto2-WM 2015 und 2016 mit 14 Siegen für das Team Ajo Motorsport gewonnen. Zarco stellte in Aragón vor fünf Wochen klar, dass er sich eine vorübergehende Rückkehr in die Moto2-Klasse vorstellen könne. Und heute sagte er in Australien: «Diese drei MotoGP-Rennen bei LCR könnten für einige Zeit die letzten Rennen in der Königsklasse für mich gewesen sein.»
Zarco hat sich außerdem bei Yamaha vor dem Japan-GP nicht auf eine Zusage für den Job des MotoGP-Testfahrers mit bis zu drei Wildcard-Einsätzen eingelassen. Yamaha hatte nichts gegen die drei Rennen von Zarco mit LCR-Honda, die Japaner wollten aber ein Commitment für 2020 und für die November-Tests 2019.
Dieses verbindliche Bekenntnis wollte Zarco nicht abgeben. Damit ist die Türe bei Yamaha für ihn zugefallen.
Bei Repsol-Honda besteht für Zarco eine kleine Chance, falls sich Lorenzo und HRC auf eine Trennung zum Saisonende einigen. Aber momentan wird über eine Bewährungsfrist für die ersten zwei Grand Prix 2020 verhandelt. Solange will und kann Zarco nicht warten.
Die Rückkehr ins Ajo-Team ist für Zarco auch mit Hindernissen gepflastert. Denn Red Bull und KTM betrachten das Team von Ajo als Gehschule und Wartesaal für künftige MotoGP-Asse. Oliveira und Binder wurden dort bereits aufgebaut. Zarco fällt mit seinen 29 Jahren nicht in dieses Beuteschema, außerdem hat er eine fristlose Kündigung von KTM (sie erfolgte am Tag nach dem Misano-GP) im Gepäck. Es ist also schwer vorstellbar, dass KTM und Red Bull bei so einer Fahrerwahl von Aki Ajo zustimmen würden. KTM schließt aber die Fahrerverträge ab – und bezahlt die Gagen. Deshalb konnte Lecuona jetzt noch in die Königsklasse gehievt werden.
Übrigens: Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal soll beim Spanier Jorge Martin angefragt haben, ob er nicht 2020 neben Miguel Oliveira in der MotoGP-WM fahren wolle, bevor die Wahl auf Lecuona fiel. Doch der Japan-Moto2-GP-Dritte sagte ab.
«Jorge Martin ist einer der besten Fahrer, die ich je gehabt habe. Er kann 2020 Moto2-Weltmeister werden», ist Ajo überzeugt. «Deshalb habe ich ihn schon vor mehr als zwei Jahren für 2019 verpflichtet.»
Aki Ajo, der KTM sogar behilflich war, für Zarco die Techniktruppe in der MotoGP-WM zusammenzustellen mit Crew-Chief Marcus Eschenbacher und Data-Recording-Ingenieur Eki Siukola, könnte aber bei der Zarco-Rückholung einen anderen Weg gehen, das Team wieder Ajo Motorsport nennen und mit eigenen Geldgebern und Zarco in die Moto2-WM einsteigen.
Aki Ajo gibt sich zugeknöpft. «Ich spreche mit verschiedenen Fahrern. Ich suche einen, der zu unserem Projekt passt», stellte der Finne heute kurz angebunden fest.
Gleichzeitig kämpft das Red Bull Ajo-KTM-Team in der Moto2-Klasse noch um den Weltmeistertitel. «Wir liegen 50 Punkte zurück. Auch wenn unsere Chancen gering sind, es kann noch alles passieren», erklärte KTM-Hoffnung Brad Binder heute im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.
Moto2-Ergebnis, Motegi:
1. Marini. 2. Lüthi. 3. Martin. 4. Baldassarri. 5. Navarro. 6. Márquez. 7. Bastianini. 8. Fernandez. 9. Schrötter. 10. Manzi. 11. Di Giannantonio. 12. Binder. 13. Chantra. 14. Aegerter. 15. Locatelli. Ferner: 19. Raffin. 20. Öttl.
Moto2-WM-Stand nach 16 von 19 Rennen:
1.Alex Márquez 234. 2. Lüthi 198. 3. Fernandez 192. 4. Navarro 186. 5. Binder 184. 6. Marini 176. 7. Baldassarri 151. 8. Schrötter 125. 9. Di Giannantonio 99. 10. Bastianini 95. 11. Lecuona 71. 12. Gardner 64. 13. Nagashima 64. 14. Martin 63. 15. Lowes 60. Ferner: 23. Aegerter 14. 28. Tulovic 3. 30. Raffin 3.