Pit Beirer (KTM): «Haben zu viele Projekte betreut»
Moto2-WM 2019: Brad Binder gegen Marcel Schrötter
KTM gewann zwar in der zweiten Saisonhälfte dank Brad Binder aus dem Red Bull KTM-Ajo-Team fünf Grand Prix, der Titelgewinn wurde nur um 3 Punkte gegen Alex Márquez verpasst. Aber wegen der ernüchternden ersten Saisonhälfte ordnete Firmenchef Stefan Pierer bereits beim GP von Österreich im August den Rückzug als Moto2-Chassishersteller an.
KTM brachte im November 2019 für den ersten offiziellen IRTA-Test mit den neuen 765-ccm-Dreizylinder-Einheitsmotoren von Triumph kein konkurrenzfähiges Moto2-Motorrad zustande. Offenbar waren die Testfahrer Ricky Cardús und Julián Simón nicht schnell genug, Kalex testete zum Beispiel mit Jesko Raffin und Jonas Folger.
Bei KTM hieß es dann, man habe als Werk nicht genug private Testtage abwickeln können, zehn waren erlaubt. Aber Speed-up leistete sich keinen einzigen Testtag – und war 2019 trotzdem sehr konkurrenzfähig.
2017 und 2018 wurden die KTM-Moto2-Bikes von Reinhard Mandl (er ist jetzt bei Kalex tätig) konstruiert, sie waren auf Anhieb schnell. Die ersten Triumph-Version misslang ihm, daraufhin wurde er entlassen, aber auch einige weitere Versionen entpuppten sich nicht als schlagkräftig. Erst ab Assen und Spielberg konnte Binder um Podestplätze fighten. Es gab inzwischen die Versionen V6 und V7!
«Unsere Brünn-Chassis-Version war eine starke Weiterentwicklung, da standen schon ein paar große Entwicklungsschritte dahinter», sagt Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM. «Von da an haben wir mit diesem Motorrad im Ajo-Team mit Brad Binder und Jorge Martin das Saisonende bestritten. Wir haben alle Erkenntnisse reingesteckt, mehr gab es nimmer. Es ging dann darum, das Motorrad bestmöglich abzustimmen und das Beste rauszuholen.»
Beirer: «Was am Anfang der Saison passiert ist, kannst du nicht schönreden. Denn die Ergebnisse und das Gefühl der Fahrer waren eindeutig. Das Motorrad war nicht gut genug. Es hat den Jungs keinen Spaß gemacht, mit diesem Motorrad zu fahren. Es kam im Grenzbereich zu einem argen Chattering, mit dem kein Fahrer umgehen konnte. Somit haben wir uns in der ersten Saisonhälfte vergaloppiert. Das Motorrad war nicht siegfähig. Punkt. Es ist müßig jetzt zu überlegen, wer wann was? Aber wir haben die KTM dann noch zu einem Siegermotorrad gemacht. Das ist wichtig. Uund was wir dabei in Sachen Steifigkeit gelernt haben, wird uns sicher in allen anderen Kategorien helfen, noch bessere Motorräder zu bauen.»
War es ein Fehler, nach den ersten zwei Jahren das Aufgebot gleich auf neun Fahrer aufzustocken, von denen mehr als die Hälfte (Cardelús, Roberts, Tulovic, Dixon, Öttl) auf keinen grünen Zweig kam?
«Naja, wenn es an der Spitze nicht läuft, und wenn du dann noch Fahrer im Aufgebot hast, die sowieso keine guten Ergebnisse einfahren können, hilft es der Moral und der Stimmung der Truppe nicht», weiß Beirer. «Aber die Entscheidung von Spielberg, mit dem Moto2-Rückzug einen Schritt zurückzugehen, ist eine klare Antwort. Wir haben zu viele Teams, zu viele Fahrer, zu viele Projekte betreut. Und wenn man merkt, dass man nicht mehr so arbeiten kann, wie man es sich vorstellt und nicht mehr genug fähige Leute bekommt, um das alles abzuwickeln, muss man einmal einen schmerzhaften Schritt machen. Das bedeutete: Raus aus der Moto2-Klasse! Aber wir bauen kein Personal ab, die guten Techniker werden auf die zwei anderen wichtigen Projekte verteilt – MotoGP und Moto3.»