Tom Lüthi: «Jerez? Ich weiss nicht, ob das klappt»
Tom Lüthi
Tom Lüthi (26) veranschaulicht die Beschwerden des Alltags, die ihn nach der Zertrümmerung des rechten Ellbogens begleiten, mit einem recht drastischen Beispiel. «Ich könnte zum Beispiel noch keinen Hamburger mit beiden Händen essen. Ich würde die rechte Hand nicht zum Mund bringen», beschreibt er sein Hamburger-loses Dasein.
Der Interwetten-Suter-Pilot befindet sich in einem deutlich besserem Zustand als bei seiner ersten Pressekonferenz nach dem Unfall, die er am 1. März in Lützelflüh gab. «Es geht mir viel besser, auch vom Kreislauf her, da ist wieder alles gut», berichtet der 125-ccm-Weltmeister von 2005. «Ich mache zwar täglich eine Stunde Therapie, kann den rechten Ellbogen aber immer noch nicht ganz strecken und bin von der früheren Beweglichkeit noch weit entfernt. Wir bemühen uns jeden Tag, die Bewegung wieder zurückzubekommen. Aber nach der Schulteroperation, bei der die gerissenen Bänder im Schlüsselbeinbereich repariert wurden, habe ich in der Schulter noch Schmerzen. Wir gehen bei der Therapie beim Strecken der Bänder oft an die Schmerzgrenze ran, das spüre ich dann am Abend.»
Trotzdem hält Tom Lüthi vorläufig an seinem Ziel fest: Er will sich am 3. Mai beim ersten Training zum Jerez-GP wieder auf seine Suter MMX2 schwingen.
«Ich kann jetzt nicht definitiv sagen, ob es klappt oder nicht. Dazu ist es zu früh. Aber ich bin zuversichtlich. Wenn der Heilungsprozess so weitergeht, kann es klappen. Wenn Komplikationen auftreten, müssen wir das Comeback vielleicht verschieben. Ziel ist aber der Jerez-GP. Das ist auch meine Motivation, täglich eine Stunde Therapie und dann Kraftaufbau zu machen, danach geht es daheim weiter. Da übe ich mit leichten Hanteln und dehne Handgelenk, Schulter und Ellbogen.»
Die Zweifel des Chirurgen
Tom Lüthi befand sich am 14. Februar beim IRTA-Tests in Valencia auf einer Auslaufrunde («Deshalb hatte ich beim Sturz keine Körperspannung»), als ihn die Maschine des gestürzten Thailänders Ratthapark Wilairot umriss. Beim Crash verklemmte sich der rechte Arm in der Hinterradschwinge. Deshalb waren die Verletzungen verheerend: rechtes Ellbogengelenk völlig zertrümmert, rechts Elle und Speiche sowie Oberarm gebrochen, dazu drei Bänder im AC-Gelenk gerissen.
«Ob der Ellbogen noch einmal hundert Prozent seiner Beweglichkeit erreicht, kann ich erst in einem Jahr beurteilen», erklärte Dr. Marc Mettler. «Es bleibt auf jeden Fall ein Unfall-Ellbogen.»
«Es ist schwieriger die Streckung wiederherzustellen als die Beugung», hat Tom Lüthi inzwischen herausgefunden. «Deshalb machen wir bei der Therapie vorwiegend Streckung, die Beugung stellt sich dann von selber ein.»
Der Jerez-GP beginnt in fünf Wochen. Aber Tom Lüthi wischt alle Zweifel beiseite. «Ich schufte jeden Tag, um diesen Comeback-Termin wahrnehmen zu können», betont er. «Ich muss da eine positive Einstellung haben. Eine zweifelhafte Einstellung darf ich gar nicht aufkommen lassen. Das wäre so, als würde ich als Rennfahrer sagen: ‹Hm, diese Kurve ist mir im vierten Gang zu heikel, ich fahre lieber im dritten durch.› Es geht nur mit Selbstmotivation. Wenn es nicht klappen sollte bis Jerez, muss ich mir neue Ziele stecken. Das ist klar.»
«Gadea fährt die Sponsoren rum»
Ersatzmann Sergio Gadea bringt das Team mit seinen jämmerlichen Rundenzeiten nicht weiter. «Klar, er kann das Motorrad nicht für meinen Zweck abstimmen und auch überhaupt nicht weiterentwickeln», weiss Lüthi. «Es wird halt das Motorrad bewegt und es werden in erster Linie die Sponsoren rumgefahren. Es ist egal, wer auf der Maschine sitzt, mich bringt das nicht weiter. Gadea wurde vom Team als Ersatzfahrer angestellt, und wenn ich wieder fit bin, werde ich statt ihm auf die Suter steigen. Immerhin hat Gadea jetzt die riesengrosse Chance, sich wieder auf den Markt zu bringen. Es gibt viele andere, die gern mit meinem Motorrad rumfahren möchten.»