Helmut Bradl über Sieg 1991: Das waren andere Zeiten
Helmut Bradl verlor den 250-ccm-WM-Titelfight 1991 mit 220 gegen 237 Punkten gegen den Italiener Luca Cadalora, der heute als Riding Coach für Valentino Rossi agiert, während Helmut Bradl diese Aufgabe für seinen Sohn Stefan im Aprilia-Werksteam wahrnimmt. «Manchmal treffen wir uns an der Strecke und rauchen friedlich eine Zigarette miteinander», sagt Helmut Bradl, der vor 25 Jahren noch keine Friedenspfeife mit dem Rothmans-Honda-Star geraucht hätte.
Denn der Fight wurde erbittert geführt. In Misano eskalierte der Kampf. Bradl fühlte sich als Sieger im Fotofinish, aber die Zeitnahme sprach den Sieg mit 0,009 sec Vorsprung dem Lokalmatador zu. Papa Bradl blieb trotzig der Siegerehrung fern.
Beim Heim-GP in Hockenheim waren die Rollen hingegen klar verteilt. Der Zahlinger stand mit der HB-Werks-Honda auf der Pole-Position, das Rennen gewann er mit 13,517 Sekunden Vorsprung unangefochten vor den Honda-NSR250-Kollegen Carlos Cardús und Wilco Zeelenberg. Titelrivale Cadalora kam über Platz 4 nicht hinaus.
Der GP von Deutschland war damals schon drei Monate im Voraus ausverkauft. Am Renntag fieberten 120.000 Zuschauer mit den deutschen GP-Helden mit.
Helmut Bradl hatte vor dem deutschen WM-Lauf schon in Jerez gewonnen, der Sieg in Hockenheim war sein zweiter GP-Triumph, zwei Wochen später siegte er auch auf dem Salzburgring.
«Wir waren vorher zum Testen in Hockenheim, das hat etwas gebracht», erinnert sich der 250-ccm-Vizeweltmeister von 1991. «Ausserdem liegen mir schnelle Strecken, oder besser: Sie sind mir gelegen. Und natürlich war man bei dieser Kulisse extrem motiviert. Der Heim-GP hat noch ein paar Zehntel zusätzlich ausgemacht. Wenn du damals in Hockenheim ins Motodrom reingefahren bist, das war spektakulärer als jetzt bei Rossi am Sonntag in Mugello. Dort waren zwar auch 100.000 Fans, aber sie waren nicht so nah dran wie in Hockenheim. Es war ein phänomenales Gefühl.»
«Ich bin auf dem besten Startplatz gestanden und habe einen Start-Ziel-Sieg gefeiert. Ich habe einen gescheiten Start hingelegt, in der ersten Schikane habe ich schon einen kleinen Vorsprung gehabt. In Hockenheim ist der Windschatten extrem wichtig, deshalb habe ich geschaut, dass ich die Verfolger gleich aus dem Windschatten losbringe. Dann bin ich halt mein Ding fertig gefahren. Die Siegerehrung war fantastisch. Damals war sogar Bundeskanzler Kohl da. Das war schon einzigartig; so eine Stimmung habe ich nachher nie mehr erlebt. Jerez war auch ein geiles Rennen, weil es mein erster GP-Sieg war. In Le Mans habe ich zum Beispiel auch gewonnen, das war aber von der Atmosphäre her eher bescheiden, denn dort siehst du die Zuschauer nicht.»
1991 wurden in Hockenheim die Klassen 125 ccm, 250 ccm, 500 ccm und Seitenwagen gefahren. Ende 1991 verlor der Weltverband FIM die kommerziellen GP-Rechte, die Gespannklasse wurde vom GP-Programm gestrichen, dafür wurden nach der Machtübernahme durch Bernie Ecclestone (er war 1992 GP-Promoter in Hockenheim und verlor 1,5 Millionen Mark) die Eintrittspreise verdoppelt. Das Ergebnis: 1992 erschienen in Hockenheim keine 20.000 Zuschauer.
«1991 war eine andere Zeit, zum Beispiel vom Fahrerlager her», blendet Papa Bradl zurück. «Da ging es zu wie auf einem Campingplatz, leger und locker, es war nicht alles so straff durchorganisiert. Man hat noch kein Handy gehabt und war nicht immer in der Cloud, sondern man ist mit beiden Füssen auf dem Boden gestanden. Heute sind die Jungen nur noch in der Cloud.»
Helmut Bradl war sich nicht bewusst, dass dieser triumphale Tag des deutschen Motorradsports heute genau 25 Jahre zurückliegt. «Aber ich war heute mit dem Motorrad schon in Füssen. Heute ist mir das Fahren richtig locker von der Hand gegangen...»