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Luis Salom: Team vermutet Bodenwelle als Sturzursache

Von Günther Wiesinger
Die SAG-Box am Sonntag: Links das Bike von Jesko Raffin, der nach dem Freitag-Drama nicht weiterfuhr, rechts die Kalex von Luis Salom

Die SAG-Box am Sonntag: Links das Bike von Jesko Raffin, der nach dem Freitag-Drama nicht weiterfuhr, rechts die Kalex von Luis Salom

Das SAG-Team von Eduardo Perales hat die Daten aus dem letzten Training von Luis Salom analysiert und öffentlich gemacht. Wirklich aufschlussreich sind diese Erkenntnisse nicht.

Manche TV-Zuschauer, Fans und SPEEDWEEK.com-User kritisieren die Art der Berichterstattung über den verheerenden Todessturz von Luis Salom am Freitag im zweiten Moto2-Training auf dem Circuit de Catalunya.

Man solle Luis in Frieden ruhen und die Familie in Würde trauern lassen, lautet die Forderung mancher Fans.

Aber das ganze Fahrerlager stellte sich am Wochenende die Frage, wie es zu dieser ungewöhnlichen Tragödie kommen konnte. Das begann schon bei Leopard-Kalex-Pilot Miguel Oliveira, der unmittelbar hinter Luis Salom fuhr und sich über die unerklärliche Art und Weise des Sturzes Gedanken machte.

Dass nachher alle möglichen Daten ausgewertet und veröffentlicht werden, liegt auf der Hand.

Die Medien unterliegen einer Informationspflicht.

Niemand berichtet gerne über solche menschliche Dramen. Es gibt beileibe erfreulichere Aufgaben für einen MotoGP-Berichterstatter.

Aber die Fahrer, die Teams, die Dorna, FIM und die Teamvereinigung sowie die ganze MotoGP-Familie suchten und suchen nach Erklärungen. Und diese muss man den Zuschauern Lesern und Usern nicht vorenthalten. Sonst kommt der nächste Vorwurf: «Ihr betreibt Schönfärberei, ihr müsst auch die Schattenseiten dieses Sports darstellen.»

Bei den Unfällen von Shoya Tomizawa 2010 in Misano und bei Marco Simoncelli 2011 in Sepang lagen die Ursachen auf der Hand.

Jetzt ist es anders. Jetzt will das Team Gewissheit, jeder Fahrer forscht nach den Gründen für diesen fatalen Unfall, denn bis zur Aufklärung dieses Unglücks wird spekuliert und gerätselt. Ein altes Lied: Wo die Nachrichten fehlen, wachsen die Gerüchte.

Es liegt auch im Interesse der Familie, die Hintergründe aufzuklären, denn vielleicht kann die endgültige Erklärung auch einen kleinen Trost bewirken.

Valentino Rossi wirkte tief betroffen, trotzdem sprach er wie viele andere über seine Vermutungen. Er vermutete sofort ein technisches Versagen, nachdem er sich mit einigen Freunden unterhalten hatten, die in Turn 12 auf der VR46-Tribüne Augenzeugen des Sturzes waren. Sind solche Aussagen des Champions skandalös? Nein. Er wollte nur seine Fachkenntnis und seinen Bekanntheitsgrad nützen, um Licht ins Dunkel zu bringen.

Auch das SAG-Team bemüht sich um Aufklärung, schliesslich untersucht die Staatsanwaltschaft, im schlimmsten Fall droht eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Das ist bei jedem tödlichen Motorsportunfall so.

In so einer Situation können die Medien nicht schweigen. Es hat auch keiner verlangt, dass sie bei den Terroranlässen in Paris schweigen oder beim Absturz der Germanwings-Maschine im März 2015. Da und dort wurden Spekulationen und Mutmassungen über die Hintergründe ins Treffen geführt, ehe die Fakten auf dem Tisch lagen.

Wie gesagt: Das hat nichts mit Voyeurismus zu tun, da handelt es sich um journalistische Informationspflicht.

Ob es pietätvoll war, dass die Dorna die Filmaufnahmen des Salom-Unfalls auf die motogp.com-Website gestellt hat, darüber lässt sich trefflich streiten. Bei der Dorna rechtfertigt man sich, man habe irgendwann beschlossen, keine Filmaufnahmen mehr unter Verschluss zu halten, denn man wolle sich nicht den Vorwürfen aussetzen, man habe etwas zu verbergen, es werde etwas vertuscht.

Fakt ist: Niemand muss das Video anklicken.

Aber das Video lief in Barcelona in den Hospitalitys zwei Tage lang über «closed circuit tv» (CCTV) ohnedies ungezählte Male über die Bildschirme. Auch Movistar-TV zeigte es dauernd und besprach dann mit Experten wie Nieto und Crivillé die mögliche Sturzursache.

Und wenn das SAG-Team gestern alle bisherigen Erkenntnisse zum Unfall auf der eigenen Website veröffentlicht hat, dann darf auch SPEEDWEEK.com berichten, dass Luis Salom laut Dainese-Airbag-System mit 156 km/h vom Motorrad fiel und mit 80 km/h gegen sein Motorrad krachte.

Folgende Details berichtete das SAG-Team: «Im FP2 drehte Luis Salom zuerst eine Runde in 1:48,608 min. Dann machte er den ersten Boxenstopp, um den Hinterreifen wechseln zu lassen. In der ersten Runde nach dem Stopp geschah der Unfall. Luis kam beim Bremspunkt für Turn 12 rund 6 km/h langsamer an als in seiner besten Runde. Die Datenaufzeichnung zeigen, dass er aus Turn 11 langsamer rausgefahren war. Wegen der geringeren Geschwindigkeit begann Luis Salom 9 Meter später zu bremsen, um in Turn 12 genug Kurvenspeed zu haben. Beim Einbiegen in Turn 12 besteht eine Unebenheit im Asphalt («bump»), die alle Fahrer kennen. Wegen des verzögerten Bremsmanövers überfuhr Luis diese Bodenwelle, während er sie in den Runden zuvor umfahren hatte, weil er vorher jeweils an dieser Stelle die Bremse bereits losgelassen hatte. Alle diese Manöver führten dazu, dass Luis mit demselben Speed in die Kurve 12 einbog wie in seiner schnellsten FP2-Runde. So wurde der Vorderreifen stark belastet, auf der Bodenwelle riss der Grip ab, was zum Sturz führte, der verheerende Folgen hatte, wie wir alle wissen.»

Es bleiben trotzdem ungeklärte Fragen offen. Zum Beispiel: Wenn Luis Salom diese gefährliche Bodenwelle wie alle anderen Fahrer kannte, warum wich er ihr in der besagten Runde nicht aus?

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