Pit Beirer (KTM): «Nicht von Siegen und Titel reden»
Der finnische Red Bull-KTM-Teambesitzer Aki Ajo wurde von KTM-Renndirektor Pit Beirer gebeten, Miguel Oliveira für 2016 an seinen erfolgreichen Rennstall zu binden.
Denn bisher musste im Ajo-Team in der Moto3-WM seit 2012 nach jeder Saison nach neuen Siegfahrern Ausschau gehalten werden. Es wurde seit 2012 kein WM-Titel mehr gewonnen, Luis Salom und Jack Miller scheiterten 2013 und 2014, in der Saison 2015 sieht es auch nicht gerade rosig aus.
Der zu Honda übergelaufene Danny Kent (er fuhr 2012 und 2014 bei Red Bull Ajo auf KTM und Husqvarna) liess durchblicken, im Ajo-Team werde jeweils eine Nummer 1 für den Titel bevorzugt, darunter habe er gelitten.
Das stimmt aber für 2012 zum Beispiel nicht, denn damals wurde Kent intern vor dem Saisonstart für den aussichtsreicheren Kandidaten gehalten. Doch Sandro Cortese begann die erste Moto3-Saison der Geschichte mit starken dritten Plätzen in Doha/Katar und Jerez/Spanien, er siegte beim dritten Rennen in Estoril/Portugal – und war dann WM-Leader und quasi Titelanwärter Nummer 1 bei Red Bull KTM.
Kent begann die Saison damals mit den Rängen 8 in Doha, einem Nuller in Jerez, in Portugal reichte es wieder nur zu Rang 8.
Damit war die interne Hackordnung besiegelt.
Vor der Saison 2015 hielt Teamchef Aki Ajo seine drei Schützlinge Oliveira, Binder und Hanika für recht ebenbürtig, aber bisher hatte meistens nur Oliveira den Speed, um mit den Honda-Stars mitzuhalten. Doch er stürzte in Katar und Texas, er scheib zwei Nuller, schaffte dann in Las Termas und Jerez die Ränge 4 und 20, er ist nur WM-Siebter – 58 Punkte hinter Leader Kent, der schon 91 Zähler erbeutet hat.
Natürlich stellt sich da mancher Beobachter die Frage, warum Kent im letzten Herbst nicht in irgendeinem KTM-Team bei der Stange gehalten wurde, zumal routinierte Spitzenfahrer in dieser Kategorie Mangelware sind.
«Wenn du mir letztes Jahr im Sommer gesagt hättest, Kent dominiert die Saison 2015, hätte ich dir das nicht geglaubt», gibt Pit Beirer zu bedenken, Head of Motorsport bei KTM. Und weiter: «Die Fahrerfrage für das Red Bull-Team wird jeweils zwischen Teamchef Aki Ajo und uns gemeinsam geklärt. Es wäre nicht der richtige Weg, Aki jetzt die Schuld zu geben und zu sagen, er habe nicht die richtigen Fahrer ausgesucht. Wir hatten bei den ersten Rennen in erster Linie ein Problem am Motorrad zu lösen, um den Fahrern ein besseres Gefühl in der Kurvenmitte zu geben und nicht die Fahrerfrage zu diskutieren. Wir haben drei sehr gute Fahrer, mit denen wir in diesem Jahr noch einiges erreichen können.»
2014 sprang Maverick Vinales bei KTM in die Bresche, er gewann den Titel für die Österreicher im spanischen Calvo-Kundenteam.
In der Saison 2015 ist das Fahrerpotenzial in den restlichen KTM-Teams überschaubar. Romano Fenati blieb bisher im SKY-VR46-Team hinter den Erwartungen (er ist WM-Zehnter), Isaac Vinales liegt mit der Husqvarna des LaGlisse-Teams immerhin auf dem sechsten Zwischenrang, er war in Argentinien Dritter.
«Ja, Vinales macht für uns Schadensbegrenzung, denn er fährt auf Positionen ins Ziel, die zu ihm passen, er setzt auch einige Highlights. ?Isaac fährt ab und zu Rundenzeiten, die uns verblüffen», sagt Beirer. «Bei Fenati ist es so, dass er unberechenbar ist. Beim ihm wechseln sich Highlights mit schwachen Tagen ab; keiner weiss warum er so unterschiedliche Leistungen zeigt. Er hat offenbar andere Schwierigkeiten als unser Motorrad. Wenn du solche Schwankungen hast wie er, wirst du kein stabiler Spitzenfahrer. Dazu ist er im Qualifying immer zu weit hinten und hofft dann immer, dass er im Rennen trotzdem an die Spitze vorstossen kann, wie es ihm schon oft gelungen ist. Aber es gelingt dir nicht jedes Mal, dass du vom 20. Startplatz aufs Podium fährst. So kannst du keine Karriere aufbauen. Fenati ist für uns ein sehr schwieriger Fahrer. Denn um das Sky-VR46-Team von Valentino ist ein sehr grosser Hype entstanden. Es steht Rossi dahinter, sie haben einen grossen Sponsor, der Leistungen sehen will. Und all das ist auf den Fenati aufgebaut, den du überhaupt nicht einschätzen kannst. Er ist von Training zu Training wie eine Zeitbombe unterwegs. Ein Überraschungspaket. Das macht unsere Arbeit momentan auch nicht einfacher.»
Momentan liegen in der WM-Tabelle die vier Honda-Fahrer Kent, Vazquez, Quartararo und Bastianini an der Spitze vor Brad Binder (KTM).
Ist die Moto3-WM-Saison 2015 aus KTM-Sicht noch zu retten?
«Jetzt müssen wir zuerst einmal regelmässig zurück aufs Podium», sagt Pit Beirer. «Jerez war mit den Plätzen 2 und 3 im Rennen ein erster Schritt in diese Richtung. Wir brauchen momentan nicht vom Siegen oder vom Titelgewinn reden. Wir müssen einfach zurück zur alten Stärke finden, damit wir aus eigener Kraft aufs Podium fahren können. Dann werden wir uns bemühen, auch den letzten kleinen Schritt wieder zu machen. Es liegt jetzt viel Augenmerk auf dem neuen Chassis. Erste kleine Updates haben wir schon geliefert. Wir suchen ja nicht 15 Minuten Zeitrückstand, sondern wir suchen eine Kleinigkeit an Fahrgefühl. Wenn es uns gelingt, dieses den Fahrern wieder zurückzugeben, sind wir wieder dabei und werden wir auch wieder Rennsiege einfahren.»
Beirer zeigt sich weiter ehrgeizig und kampffreudig. «Wir werden nicht zulassen, dass bis zum Jahresende vier Honda an der Tabellenspitze liegen», versichert er.