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R.I.P. Mike 'The Gunner' Healey (1968-2024)

Kolumne von Thoralf Abgarjan
Der Amerikaner Mike Healey war ein Rockstar der internationalen Motocross-Szene, doch seine Lebensgeschichte ist eine Tragödie. Healey starb im Alter von 56 Jahren in Kalifornien an einem Herzinfarkt.

Schon vor einigen Tagen, am 5. Juli, ist der frühere amerikanische Motocross- und Supercross-Star Mike Healey im Alter von nur 56 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes verstorben. Healey wurde in seinem Haus in Kalifornien tot aufgefunden. Der kalifornische Sunny-Boy war in der Motocross-Szene eine der schillerndsten Figuren. Wegen seiner Verbindung zur Rockband Guns N’ Roses trug er den Spitznamen 'Gunner'. Healey fiel äußerlich durch seine extravaganten Tätowierungen auf, die zu der damaligen Zeit ungewöhnlich waren. Er galt in den 1980er und 1990er Jahren als Ausnahmetalent, doch seine Karriere endete in einer persönlichen Tragödie. Nach zahlreichen Verletzungen, die er sich im Motocross zugezogen hatte, begann er Schmerzmittel zu nehmen, die ihn in die totale Abhängigkeit trieben. Als die Schmerzmittel nicht mehr ausreichten, begann er eine Drogen-Karriere, die in Heroinsucht, Kriminalität und sogar im Gefängnis endete.

Die sportliche Karriere von Mike Healey begann im Alter von 6 Jahren in den US-Amateurklassen, in denen er schon früh für Aufmerksamkeit sorgte. Der Kalifornier erhielt 1984 einen Vertrag bei R&D Suzuki USA und gewann 1985 die ersten drei 125-cm³ Supercross-Rennen in der AMA Westküsten-Meisterschaft. Ein Oberschenkelbruch warf ihn zurück, so dass Bobby Moore den Titel an der Westküste gewann und Healey die Saison auf Platz 3 beendete.

1986 entließ Suzuki Healey nach einem Streit mit seinen Team mitten in der Saison. Healey wechselte 1987 aus den USA nach Europa in die WM und startete als Cagiva-Werksfahrer in der 125er Weltmeisterschaft. 1988 wurde er Fünfter der 125er WM. 1989 erhielt der Kalifornier ein Angebot als KTM-Werksfahrer an der Seite seiner US-Landsmänner Trampas Parker und Bobby Moore. Auf KTM erreichte er den Höhepunkt seiner sportlichen Karriere.

1991 wechselte Healey mit KTM in die 250er Klasse und kämpfte gegen seinen Landsmann Trampas Parker, der zwischenzeitlich von KTM zu Honda gewechselt war, bis zur letzten Runde um den WM-Titel. Den WM-Titel verpasste er beim Saisonfinale in Suzuka (Japan) nur knapp mit 4 Punkten Rückstand. Honda hatte Jeff Stanton aus den USA zur Unterstützung von Parker nach Japan eingeflogen. Der Plan ging auf: Stanton gewann am 18. August 1991 und nahm Healey die entscheidenden 6 Punkte für den Titelgewinn weg. Healey lag im entscheidenden Rennen in Führung, als er in den letzten beiden Runden von Stanton attackiert und abgefangen wurde. Beide Fahrer stürzten, aber Stanton gewann das Rennen und verhalf so Parker zum WM-Titel.

Der Vize-WM-Titel genügte jedoch, um für 1992 einen lukrativen Deal mit dem Bieffe Suzuki Werksteam von Sylvain Geboers zu ergattern. Dort fühlte sich der exzentrische Amerikaner aber nicht wohl, denn das Team hatte seinen Fokus auf den neuen Stern am Motocross-Himmel gerichtet: Stefan Everts. Everts stieg als 125er Weltmeister des Jahres 1991 in die 250er Klasse auf. Nach dem Ende der Saison 92 kehrte Healey in die USA zurück und versuchte, dort wieder Fuß zu fassen. Er gewann auf einem ausgemusterten Trainingsmotorrad Suzuki RM125 den zweiten Lauf des Steel City Nationals gegen Fahrer wie Jeff Emig, Mike LaRocco und Ryan Hughes. Zum Rennen fuhr er selbst von der Westküste zur Ostküste, benötigte dafür eine Woche und schlief unterwegs und an der Strecke im Auto. Die US-Szene war schockiert, doch einen lukrativen Deal erhielt der 24-Jährige nicht, wurde aber danach von verschiedenen Teams als Ersatzfahrer engagiert.

Nach zahllosen Verletzungen, Brüchen, Krankenhausaufenthalten, aus denen er sich teilweise selbst entließ, zeigte ihm sein Körper endgültig die Grenzen auf. Wegen anhaltender akuter Schmerzen musste Healey seine sportliche Karriere um die Jahrtausendwende beenden: «Ich ging zum Arzt, weil ich mich kaum noch bewegen konnte», erklärte er später gegenüber RacerX. «Sie diagnostizierten schwere Arthritis in meinen Händen, im Nacken und im Rücken. Der Arzt meinte, meine Wirbelsäule sieht aus wie die eines 90-Jährigen. Aus medizinischer Sicht hätte ich weder aufstehen noch meinen Kopf bewegen können. Ich sollte Vicodin nehmen [Anm.: Acetaminophen gilt als eines der stärksten verfügbaren Schmerzmittel]. Am Anfang hat das Zeug geholfen, aber wenn du damit aufhörst, werden die Schmerzen zehnfach schlimmer. Deine Haut juckt so sehr, dass du aus der Haut fahren möchtest, weil dein Körper entgiftet werden muss. Wenn du versuchst, das Zeug wieder loszuwerden, kannst du aber nicht mehr aussteigen. Also habe ich diese Pillen weiter genommen, weil ich mich morgens beim Aufstehen dadurch gut gefühlt habe und ich mich wenigstens etwas bewegen konnte.»

Healey war an einem Punkt angelangt, an dem die Ärzte ihm keine Tabletten mehr geben konnten. «Ich konnte nicht anders, denn es wurde immer schlimmer. Ich kapselte mich ab und fing an, mich mit schlimmstem Abschaum abzugeben. Damals dachte ich, diese Leute wären die Besten, weil sie mir geholfen haben, das Zeug zu bekommen, was ich brauchte.»

Healey wurde heroinabhängig. Seine Ehe ging kaputt und seine Frau verließ mit der gemeinsamen Tochter das Haus. Healey erkannte die Gefahren einer Heroin-Abhängigkeit und versuchte, auf synthetisches Oxycodon umzusteigen. Um an Geld zu kommen, vertraute er sich einem vermeintliche Kumpel an, der aber nur den Rest seines Eigentums verscherbelte, um selbst an Geld und Stoff zu kommen. Healey forderte das Geld zurück, welches natürlich längst ausgegeben war. Am Geldautomaten prügelte er ihn deshalb krankenhausreif und landete wegen versuchten Mordes, Angriff mit tödlicher Waffe und Entführung im Knast, wo er durch den kalten Entzug musste.

«Über vierzig Stunden im kalten Entzug, eigesperrt zwischen grauen Betonwänden in eisiger Kälte mit Entgiftungserscheinungen - das war ein absolutes Elend, der Tiefpunkt.» Als er wieder freigelassen wurde, erfolgte der umgehende Rückfall in die Suchtproblematik. Im Mai 2009 brauchte er wieder Geld, geriet wieder an die falschen Leute und raubte einer älteren Frau in einem Einkaufszentrum die Handtasche. Prompt wurde er erwischt und die gesamte Sportwelt war schockiert. Healey, der frühere Werksfahrer, war so tief gesunken. Der Vizeweltmeister des Jahres 1991 hat eine alte Dame überfallen, weil er Geld für Drogen brauchte. Healey begab sich auf die Flucht als zum Glück seine Mutter auftauchte: «Da sind ziemlich viele Polizisten draußen», erklärte sie ihm. «Ich hoffe, sie sind nicht wegen dir hier.» Healey floh mit dem Auto und wurde verfolgt, doch er besann sich und bog in eine Tankstelle ein. «Sie stellten mich und hielten mir ihre Pistolen an den Kopf. Erst in diesem Moment wurde mir klar, was ich in den letzten fünf oder sechs Jahren getan hatte.»

Bei der zweiten Gerichtsverhandlung drohte Healey eine lebenslange Haftstrafe von 35 Jahren. Der Richter gab ihm aber eine zweite Chance und schickte ihn nach Los Angeles in eine Entzugseinrichtung. «Ich habe meinen Preis bezahlt», erinnerte sich Healey. Nach seiner Entlassung bekam er von seinem Onkel zunächst einen Job in einem Schlachthof. Anschließend begann er als Friseur zu arbeiten und eröffnete eine Motocross-Schule für Kinder. «Das waren die Jungs, die mir geholfen haben, wieder zum Motocross zurückzukehren», sagte Healey über seinen Neuanfang.

Nun ist die schillernde und zugleich tragische Figur Mike Healey in Kalifornien am Ende sehr früh gestorben. Die Motocross-Szene trauert um einen großen Sportler, der Geschichte geschrieben hat, dessen Leben aber auch die dunklen Seiten aufzeigt, die ein Leben am Limit haben kann.

R.I.P. Gunner

Die Karriere von Mike Healey auf einen Blick

1974 – Beginn der Amateurkarriere
1984 – Beginn der Profikarriere
1985 – P3, SX125 West (Suzuki)
1986 – P26, SX250 (Suzuki)
1987 – P28, 125 WM (Cagiva)
1988 – P5, 125 WM (Cagiva)
1989 – P3, 125 WM (KTM)
1990 – P5, 125 WM (KTM)
1991 – P2, 250 WM (KTM)
1992 – P12, 250 WM (Suzuki)

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