Cal Crutchlow (Honda): «Habe jedes Risiko vermieden»
Am Samstag nach dem zehnten Startplatz machte sich Cal Crutchlow noch Sorgen. «Wenn ich gewinnen will, muss ich auf diesem ‚one line track’ neun Fahrer überholen», grübelte der LCR-Honda-Pilot.
Doch im von 25 auf 24 Runden verkürzten Rennen auf dem Autódromo Termas de Rio Hondo behielt der Brite die Nerven. Er nistete sich in der Endphase an vierter Stelle hinter Miller, Rins und Zarco ein – und lauerte gelassen auf seien Chance.
«Ich fahre entspannter und besser als vor zwei Jahren», hatte Cal am Samstag versichert.
Und der Sprücheklopfer von der Insel Man blieb den Beweis dafür nicht lange schuldig.
Heute brauste er 0,251 Sekunden vor Johann Zarco als Sieger über den Zielstrich, er führt jetzt erstmals in der MotoGP-Weltmeisterschaft.
«Hier sitzen drei Fahrer auf dem Podium, die Kopf und Kragen riskiert haben – für unsere Teams und für uns selber. Aber leider sind so wenige Journalisten nach Argentinien gekommen…»
«Wir haben alle drei ein gutes Rennen gezeigt», ergänzte Cal, der 2017 in Argentinien Dritter war, sein einziges Podium im Vorjahr. «Ich war vor dem Start in der Box frustriert über diese Situation. Ich wusste nicht, was vor sich geht. Ich dachte, wir können die Bikes in die Boxengasse bringen, die Räder oder die Bikes wechseln und dann zurückehren und uns am Ende des Grids aufstellen. Oder aus der Boxengasse losfahren. Aber dann mussten wir Fahrer zuerst einmal rausfinden, wo wir hinmüssen. Ich denke, es wären einfach zu viele Fahrer für einen Start aus der Boxengasse gewesen. Deshalb hat man uns hinter den Grid gestellt. Ich wusste, ich kann bei diesem Grand Prix gewinnen oder Zweiter werden, im Nassen und im Trockenen. Ich hatte hier schon in den letzten Jahren die nötige Pace. Aber auch Rins und Zarco hatten das ganze Rennen hindurch den Speed. Und sie waren auch in Katar schnell – wie ich.»
«Ich bin so wenig Risiken wie möglich eingegangen. Ich blieb lange an vierter Position, mein Vorderreifen war viel zu weich. Er war zwei Steps weicher als das, was wir hier vor einem Jahr hier verwendet haben. Deshalb hatte ich am Beginn vorne mit dem vollen Tank viel Bewegung in den Bremszonen. Deshalb hielt ich mich zurück. Ich fuhr auch andere Linien an den nassen Stellen, denn ich wollte nicht runterfallen, wenn ein Vordermann unmittelbar vor mir gestürzt wäre. Ich wollte punkten. Denn die Saison ist sehr, sehr lang. Aber ich wusste, dass ich am Schluss ganz nach vorne kommen kann, ich wusste, wo ich überholen und wo ich nicht überholen kann.»
«Mein Team hat den ganzen Winter hindurch großartige Arbeit geleistet, und Honda hat mit dem neuen Motor einen Superjob gemacht. Das müssen wir anerkennen», sagte Crutchlow. «Wäre das ein normales Rennen gewesen, wäre Marc sicher sehr stark gewesen. Wir waren hinter Marc an diesem Weekend die Zweitschnellsten, auch wenn das Quali schrecklich war. Ich habe heute mit dem langsamst möglichen Speed gewonnen, ich habe alle Risiken vermieden. Und sogar mit dem Wasser auf der Piste war die Pace gut. Ich habe mich zuversichtlich und komfortabel gefühlt. Ich bin cool geblieben. Klar, im letzten Sektor bestand die Gefahr, dass mich jemand überholt, aber das wäre nur außen rum gegangen, es gab aber nur einen wirklich trockene Spur. Das wäre riskant gewesen. Mir war bewusst, dass ich von unseren Vierergruppe den deutlich besten Speed hatte. Ich wusste, wenn Johann in der letzten Kurve eine Attacke macht, muss er in diesem Sektor vier Zehntel schneller fahren als ich. Das hielt ich für unmöglich, also blieb ich auf den engsten Linien und wählte die Bremspunkte sorgfältig. Wir dürfen auch Jack Miller nicht vergessen, er verdient viel Respekt. Was er im Qualifying und im Rennen gezeigt hat, war sehr, sehr gut. Er ist mein Freund, ich weiß, wie groß seine Eier sind. Aber gestern sind sie noch voluminöser geworden.»
«Jack ist eine erstaunliche Quali-Runde gefahren. Im Rennen hat er lange geführt, das war stark.»
Cal Crutchlow hat für den 750. GP-Sieg von Honda gesorgt und die WM-Führung übernommen. «Es ist schön, Teil jener Fahrer zu sein, die zu den vielen Honda-Triumphen beigetragen haben. Das empfinde ich als Privileg.»