Tom Lüthi: «Keine Diskussion – Márquez ist Márquez»
Tom Lüthi: «ch habe schon viel gelernt und verstehe viele Sachen immer besser»
Im Austin-GP konnte Tom Lüthi zum ersten Mal seinen Marc-VDS-Teamkollegen Franco Morbidelli schlagen, langsam holt der Schweizer den Testrückstand vom Winter auf. «Ich habe mehr Vertrauen aufgebaut, es fehlt aber immer noch ein Riesenschritt», hielt der 31-Jährige vor dem Jerez-GP am kommenden Wochenende in kleiner Journalistenrunde fest.
«Mein Ziel für dieses Wochenende ist, dass ich mehr Vertrauen fürs Vorderrad bekomme, dass ich drei oder vier Grad mehr Schräglage fahren kann. Ich hätte gerne größere Schritte nach vorne und gerne Punkte – das ist kein Geheimnis», betonte der 31-Jährige.
Tom, wenn du sagst, du musst an deinem Fahrstil arbeiten: Wie muss man sich diesen Prozess vorstellen, wie genau machst du das?
Viel läuft über Videos, in dem ich schaue, was die anderen Fahrer machen. Letztlich hat jeder seinen eigenen Stil, aber ich schaue, wie die anderen auf dem Motorrad sitzen. Ich muss Kleinigkeiten an meinem Stil anpassen, den ich aus der Moto2-Klasse mitgebracht habe. Eine große und sehr wichtige Umstellung ist, das Gewicht weiter nach vorne zu bringen. Ich muss viel weiter vorne sitzen und mehr Gewicht über das Vorderrad bringen, weil das Vorderrad sonst nur in den Himmel zeigt.
Da ist es gut sich mal anzuschauen, wie das zum Beispiel der Márquez macht oder wie der Pedrosa und Crutchlow fahren. Riding-Coach Stefan Prein auf der Strecke zu haben, ist auch gut. Er sagt mir, welche Kurven gut und welche weniger gut sind.
Du fährst mit bestimmten Gedanken im Hinterkopf auf die Strecke, um direkt an Problemen zu arbeiten?
Genau, das ist eine bewusste Sache. Wenn ich mir vornehme, dass ich an einem gewissen Punkt arbeite, wie etwa mehr Gewicht nach vorne zu bringen, dann habe ich das im Kopf. Wenn ich dann auf die Strecke fahre, ist für nichts anderes mehr Platz. Das wird dann sofort verkrampft.
Wenn Márquez rausfährt, dann denkt er nicht einmal über die Position auf dem Motorrad nach, das ist natürlich bei ihm. Deshalb hat er den Kopf frei für anderen Sachen. Wenn ich mich im ersten oder zweiten Training darauf fokussiere, etwas anzupassen, dann macht es zack und das Training ist vorbei. Das ist schwierig, deshalb müssen wir das Schritt für Schritt angehen. Wir können nicht alles auf einmal lösen. Das wurde mir mit der Zeit langsam bewusst.
Gibt es Situationen, in den du Márquez zuschaust und dich fragst, wie er das macht?
Klar. Wenn er eine Sekunde schneller fährt als alle anderen, dann denke ich mir schon, verdammt, wie macht er das. Aber Márquez ist Márquez. Wir brauchen nicht diskutieren, ob er Motorrad fahren kann. Er hat etwas, was andere wahrscheinlich nicht haben. Ich versuche genau hinzuschauen, wie er draufsitzt und wie er was macht. Ich habe die Daten vom letzten Jahr, es ist interessant, das zu vergleichen.
Spürst du nach drei Rennen bereits Druck, weil du noch ohne Punkte dastehst?
Klar hätte ich die Punkte am liebsten schon. Ich habe intern bei uns wegen der Punkte auch schon einige Sprüche gehört. Sicher ist Druck da – von mir selber. Ich versuche das trotzdem so hinzubekommen, dass ich locker fahren kann. Ich muss daran arbeiten das Motorrad lernen zu verstehen und nicht dauernd daran denken, dass ich Punkte holen muss.
Wie gehst du mental damit um, dass du nach Jahren, in denen du um Podestplätze und Titel gefightet hast, jetzt um den ersten Punkt kämpfst?
Ich nehme das so, dass das eine andere Klasse, eine andere Ära, eine andere Geschichte ist. Ich musste nach der Moto2 einen Strick ziehen und das als neues Projekt nehmen. Ich kann nicht einfach kommen und Podestplätze erwarten. Das wäre natürlich schön, in der Moto2 war das das Ziel und hat auch ziemlich gut geklappt. Aber jetzt ist das eine neue Geschichte, so kann ich es mental einordnen.
Du strahlst Ungeduld gemischt mit Zuversicht aus, aber nicht etwa Ratlosigkeit?
Nein, auf keinen Fall. Es sitzen ja auch andere Fahrer auf diesem Motorrad, die viel schneller fahren. Damit ist klar, dass es funktioniert. Ich muss nur den Weg finden, wie ich das Ding bewegen muss. Ich habe schon viel gelernt und verstehe viele Sachen immer besser. Aber wenn Stresssituationen wie im Qualifying kommen, wo es auf den Punkt gebracht werden muss, dann gehen halt immer noch Sachen schief und manches funktioniert nicht mehr so wie während eines freien Trainings. Jedes Mal, wenn ich auf dem Motorrad sitze, sehe ich, woran ich arbeiten kann. Deshalb bin ich auch nicht ratlos. Die Bereiche sind klar, in denen wir uns verbessern müssen und können.