Andrea Dovizioso (Ducati/1.): «Du musst Egoist sein»
Andrea Dovizioso in Le Mans
Andrea Dovizioso, der durch den Sturz in Jerez die WM-Führung verloren hat, schuf sich mit der Bestzeit am Freitag in Le Mans eine ausgezeichnete Ausgangslage für den GP de France, doch WM-Leader Marc Márquez war nur um 0,168 sec langsamer.
«Man muss egoistisch sein in diesem Geschäft, wenn man Erfolg haben und ganz vorne dabei sein will. Klar, mein Manager Simone Battistella und ich hatten nach der letzten Saison bessere Voraussetzungen für eine Vertragsverlängerung, die für mich natürlich hinsichtlich der Gage höher ausgefallen ist. Aber ich werde keine Zahlen nennen, denn das ist Privatsache», stellte der Ducati-Star fest. «Sicher gab es auch Momente, wo ich mich etwas distanziert hatte, aber wie gesagt, nach der letzten Saison, wo wir bis zum Schluss um den Titel kämpften, war es schon eine andere Situation als vor zwei Jahren, als ich damals mit Ducati verhandelte.»
Zur Erinnerung: Nach der Saison 2016, als sich Ducati überlegte, ob sie neben Neuzugang Jorge Lorenzo (25 Mio Euro für zwei Jahre) mit Iannone oder Dovizioso fahren sollten, akzeptierte Dovi bei den Roten sogar eine Gagenreduktion auf 1 Millon Euro.
War die Einigung mit Ducati die losgischte Wahl? Oder die beste Wahl? «Ob es die beste Wahl war, wird sich in der Zukunft herausstellen», erklärte der 32-jährige Italiener, der 2017 sechs GP-Siege feierte. «Ich glaube, wir können mit dieser Entscheidung glücklich sein. Im Vorjahr ist uns eine unglaubliche Saison gelungen. Wir haben bis zum Finale um den Titel gefightet. Ducati und ich, wir haben also in den ersten fünf gemeinsamen Jahren ausgezeichnet zusammengearbeitet. Wir hatten anfangs viele Mühe, doch am Schluss haben wir um die Weltmeisterschaft gekämpft. Das kann sich wirklich sehen lassen. Das ist ein wichtiger Grund, warum wir zusammenbleiben. Denn wir haben noch eine Rechnung offen; wir sind noch nicht am Ziel. Jetzt haben wir noch fast drei gemeinsame Jahre vor uns, um dieses Ziel zu erreichen. Wir wissen, wie mühsam das ist, aber wir werden darum kämpfen.»
«Ich weiß inzwischen viel über Ducati. Und die Verantwortlichen bei Ducati wissen mittlerweile eine Menge über mich. Das führt zu einer angenehmen Situation im Team. Wir widmen uns den Details und versuchen, die WM zu gewinnen», stellte Andrea fest.
Gab es eine Verzögerung bei den Verhandlungen? Kam es zu Problemen in gewissen Bereichen? «Bei jedem wertvollen Vertrag geht es um wichtige Details. Es ist normal, dass alle Parteien das Maximum herausholen wollen, ich für meine Seite, die Ducati-Manager für ihre Seite. Es gab ein paar delikate Punkte, deshalb haben die Verhandlungen angedauert. Aber mein Manager, ich und die Verantwortlichen bei Ducati haben eine vernünftige Gesprächsbasis gehabt. Wir sind alle reife Persönlichkeiten, das hat zum Gelingen beigetragen. Unser Verhältnis ist gut. Und deshalb haben wir eine brauchbare und vernünftige Lösung gefunden.»
«Ich bestreite jetzt die sechste Saison bei Ducati. Es war wichtig, mit demselben Team zusammenzubleiben und gemeinsam Fortschritte zu erzielen. Im Jahr 2013 waren wir in einer ähnlichen Situation. Damals hat keiner wirklich an mich geglaubt. Niemand hat mir damals zugetraut, dass ich eines Tages um die MotoGP-WM fighten kann. Nach dem Abgang von Valentino bekam ich ein Angebot von Ducati. Damals sprach dort niemand vom Titelgewinn. Ich bin 2012 auf der Tech3-Yamaha WM-Vierter geworden. Das war kein allzu schlechtes Ergebnis. Wir haben aber bei Ducati ganz unten begonnen. Alle gemeinsam. Wir haben uns abgerackert, wir kamen lange auf keinen grünen Zweig. Das macht unsere Geschichte so besonders. Deshalb existiert dieses besondere Verhältnis mit Ducati. Wir haben gemeinsam eine beachtliche Aufgabe gemeistert und zuletzt auf der Rennstrecke überzeugende Arbeit geleistet. Man weiß ja, wie mühsam es ist, in der MotoGP-WM ganz vorne mitzumischen.»
Gab es jemals eine Phase, wo ein Tapetenwechsel konkret zur Diskussion stand? Ein Transfer zu Repsol-Honda vielleicht?
Dovizioso: «Im letzten Monat habe ich gesehen, dass bei Ducati eine Einigung mit mir angestrebt wird. Alles wurde klarer, wir haben uns über die Vertragseinzelheiten unterhalten. In dieser Phase habe ich viel Unterstützung von vielen Verantwortlichen bei Ducati erlebt. Und ich mache kein Geheimnis daraus: Jeder Fahrer muss ein wahrer Egoist sein, wenn er die Voraussetzungen für das Schnellsein erschaffen will. Man darf das nicht verurteilen. Es geht um den Rennsport. Es gehört dazu, dass man sich bei anderen Teams umhört. Ich war für alles offen. Wenn du einen neuen Vertrag willst, musst du alle Möglichkeiten abklären. Du darfst deine Stoßrichtung nicht auf ein Team beschränken. Nur so kannst du die beste Lösung für dich finden.»