Davide Tardozzi (Ducati): Was Lorenzo verändert hat
Davide Tardozzi
Davide Tardozzi war schon als Rennfahrer auf Ducati in der Superbike-WM unterwegs – von 1990 bis 1992, als in ein Unfall zum Rücktritt zwang. Nachdem er einige Jahre lang in anderen Teams gearbeitet hatte, kehrte er 2014 in den italienischen Rennstall zurück. Mit großer Leidenschaft blickt der Teammanager im Interview auf die Saison 2018 zurück.
Kannst du 2018 aus der Sicht der Ducati-Box zusammenfassen? War das Jahr schwierig?
Ich glaube, dass die Leute einen falschen Eindruck haben. Jorge Lorenzo und Andrea Dovizioso zu managen, war einfach. Natürlich war die Verletzung von Jorge am Ende des Jahres unglücklich, aber die Saison war nicht problematisch. Es war auch nicht kritisch. Es gab eine Zeit, in der die Medien das nicht verstanden haben. Wir hatten keine Schwierigkeiten im Team. Was mich angeht, kann ich also «Nein» antworten, es gab keinen schwierigen Moment.
Von außen betrachtet wirkte 2018 wie eine Achterbahn. Es gab Momente, in denen Ducati ganz oben stand, zwischen Mugello und Silverstone, aber dann war es ein Auf und Ab. Wie habt ihr das in der Ducati-Box erlebt?
Wir haben es nicht so gesehen. Vor Silverstone haben wir Rennen auf Platz 1 und 2 beendet, auch in Silverstone hatten wir die Chance auf den Sieg. Es ist wahr, dass wir am Anfang der Saison auf Stecken wie Argentinien und Austin, wo wir gut sein sollten, viele Schwierigkeiten hatten. In Jerez hatten wir einen Sturz, auch in Le Mans – dort haben wir zu viele Punkte verloren.
Es stimmt, dass man in der Box die Emotionen und die Leidenschaft lebt, die man in so einem Team erwartet. Für uns ist es nicht nur ein Job, es ist eine Mission. Alles, was wir machen, tun wir für das Team, aber auch für all die Leute da draußen, die Ducati lieben. Jeder, der bei Ducati arbeitet, versteht, dass es keine Vorliebe für einen Fahrer oder einen anderen gibt. Wenn ein Fahrer auf die Strecke geht, dann gibt er alles – und er macht es für uns, für das Team. Das ist der Unterschied. Wir erleben es anderes, wir leben alle mit dieser Leidenschaft, mit dem Wunsch, das bestmögliche Ergebnis zu holen – und wir beziehen die Fahrer ein.
Gibt es in den harten Momenten Frustration? Wir geht ein so leidenschaftliches Team mit schwierigen Zeiten um?
Nein, nein, es gibt keine Frustration, weil wir unsere eigenen Stärken kennen. Wenn wir verlieren, wenn die Dinge nicht gut laufen oder es frustrierende Momente gibt, dann geht es darum, eine Lösung zu finden, um beim nächsten Rennen besser zu sein – oder das nächste Mal, in dem wir auf die Strecke gehen, oder schon in der nächsten Runde!
Diese Entschlossenheit haben wir in Jorge Lorenzo gesehen. Die erste Saison hätte ihn vom Kopf her zerstören können, aber so war es nicht. Das Gegenteil war der Fall. Er fand immer die Stärke, weiter zu kämpfen und alles zu geben – und in der zweiten Saison ist er großartige Rennen gefahren. Nach einem frustrierenden Rennen wie Le Mans 2017 zum Beispiel hätte ein Fahrer seines Kalibers komplett demoralisiert sein können. Aber zehn Minuten später holte er uns alle zusammen, um weiter zu machen, um es für das nächste Rennen richtig zu machen. Das war seine Herangehensweise – und es ist auch unsere bei Ducati.
Hast du etwas von Jorge Lorenzo gelernt?
Ja, niemals aufzugeben. Ich bin eine Person, die nicht leicht aufgibt. Aber Jorge hat mich in dieser Einstellung noch mehr bestärkt. Er ließ uns daran glauben, dass wir die Ergebnisse, die wir später geholt haben, erreichen konnten. Er hat meine Mentalität verändert... unsere Mentalität, weil wir von Ducati sprechen.
Und Dovizioso? 2018 gewann er weniger Rennen als im Jahr zuvor.
Er gewann weniger Rennen, weil Jorge auch gewonnen hat. Aber wenn ich mich nicht irre, landete er in der Weltmeisterschaft auf Rang 2, richtig? Es war ein starkes Team. Er gewann weniger Rennen aus einem einfachen Grund: Er machte zu Beginn der Saison Fehler.
Was in den ersten paar Rennen passiert ist, hat am Ende über den Rest des Jahres entschieden. Wenn wir in Argentinien und Austin nicht so viele Punkte verloren hätten... Das war entscheidend, weil in Jerez [oder in Le Mans] lagen wir 49 Punkte hinter Marc, was ein Problem für Doviziosos Denkweise war. Danach kamen die Stürze in Jerez und Le Mans. Ich glaube, dass ihm der Fehler in Le Mans mehr ausgemacht hat, als er am Anfang dachte. Wie soll ich es sagen? Es hat sein Selbstvertrauen angegriffen. Aber heute ist Andrea ein kompletter Fahrer, er ist ein Champion. Wir müssen sagen, dass er ein «Top-Fahrer» ist. Wenn er es nicht wäre, dann hätte er in den letzten zwei Jahren nicht diese Ergebnisse einfahren. Wir dürfen nicht vergessen, dass er nur hinter einem gewissen Mac Márquez war. Ich glaube immer noch, dass Dovi der härteste Gegner für Marc ist.
Gab es in der letzten Saison einen Moment, in dem du daran geglaubt hast, dass ihr den Titel holen könnt? Ich frage das, weil ihr Márquez in den Wochen um Brünn und Spielberg ins Wanken gebracht habt. Dann die Pole-Position in Silverstone, und dann Aragón...
Wir haben immer gewusst, dass es wirklich schwierig ist, dass Marc einen Ausrutscher hat. Aber nach den Siegen zur Saisonmitte zu glauben, dass wir keine Chance hätten, das wäre dumm gewesen. Ja, wir haben geglaubt, dass es möglich war. Wenn du gegen Marc und Honda kämpfst, musst du sie respektieren. Aber es als verlorenen Fall zu sehen, nein, niemals.