Mike Leitner: «Pedrosa hat Schwachstellen aufgezeigt»
Nach dem November-Test mit den KTM-MotoGP-Neulingen Johann Zarco, Hafizh Syahrin und Miguel Oliveira in Valencia und Jerez ging bei KTM Factory Racing in Munderfing wochenlang das Licht nicht mehr aus. Es wurden neue Komponenten in unendlicher Zahl konzipiert, entwickelt, ausgetüftelt und angefertigt: Schwingen, neue Chassis-Versionen, Verkleidungen, Aero Bodys, Gabelbrücken, bei WP wurden neue Gabel und Federbeine erzeugt, es wurde an der Elektronik gefeilt. Im Grunde ging es darum, den Motor fahrbarer zu machen und den Neulungen mehr Gefühl für die Vorderreifen zu vermitteln.
Rookie Miguel Oliveira hatte zum Beispiel klar gestellt, die KTM RC16 sei vorne zu steif, sie vermittle beim Reinfahren in die Kurven zu wenig Gefühl für das Limit. KTM setzte dann als einziges Werk auch beim Shakedown-Test (1. bis 3.2.) in Malaysia schon alle vier Stammfahrer sowie Testfahrer Mika Kallio ein. Allein für das Werksteam mit Pol Espargaró, Johann Zarco und Kallio wurden mehr als 15 Tonnen Material nach Kuala Lumpur verfrachtet.
«Alle Neulinge, die zu uns gekommen sind, haben uns im November einen ähnlichen Kommentar gegeben», schilderte KTM-Teammanager Mike Leitner, der bei Honda elf Jahre lang Crew-Chief von Dani Pedrosa war. «Das war eigentlich super. Und ich möchte ein Lob für unsere Mitarbeiter in Munderfing und Mattighofen aussprechen, denn wir haben wirklich die Köpfe zusammengesteckt und uns Gedanken gemacht, was wir in der kurzen Winterpause bis Sepang alles ändern müssen. Und jetzt haben wir drei KTM-Neulinge in der Box sitzen, bei denen das Grobfeeling nimmer so ein Problem ist. Aber sicher: Wir wollen es noch besser machen.»
«Wir haben Änderungen an der Gabel vorgenommen, und wir haben Änderungen an unserer Gabelbrücken-Paarung gemacht», berichtet Leitner. «Wir haben auch am Setting gearbeitet und an der Balance des Motorrads. Und das ist in die richtige Richtung gegangen. Wir mussten das Material alles in kurzer Zeit vorbereiten, denn wir sind am 20. Dezember von den Jerez-Tests mit Dani Pedrosa und Mika Kallio heimgekommen. Dann war Weihnachten, aber Mitte Januar mussten wir das Material nach Malaysia wegschicken. In so einer Phase musst du die Leute bei der Stange halten und Gas geben. Das muss man wirklich sagen: Diese Entwicklungsgeschwindigkeit, das ist bei KTM schon etwas Besonderes.»
Muss KTM jetzt womöglich für die vier KTM-MotoGP-Fahrer unterschiedliche Chassis-Steifigkeiten anfertigen? Leitner: «Das wäre nicht unser Ziel. Aber wenn irgendein Fahrer ganz präzise nach irgendetwas ganz Bestimmten fragt, werden wir das tun. Aber jetzt schauen wir zuerst einmal, dass wir die Jungs auf eine solide Basis stellen. Genauso wie wir jetzt von den Tests wertvolle Infos bekommen haben, werden wir sie auch bei den ersten Rennen bekommen. Die Entwicklung bleibt ja nicht still stehen. Wir werden vielleicht die Angelegenheit nach Austin ein bisschen anders sehen als jetzt nach Sepang. Dann werden wir wieder nachjustieren.»
Welche Aussagen hat Dani Pedrosa nach dem Jerez-Test vom 18./19. Dezember getroffen? Leitner: «Der Dani hat uns ganz klar ein paar Schwachstellen gezeigt. Er hat aber auch ein paar Stärken der KTM gelobt. Es war echt gut für unser Projekt, dass wir einmal einen Fahrer von einer anderen Motorradmarke für einen Vergleich bekommen haben. Denn Bradley Smith, Pol Espargaró, Johann Zarco und Hafizh Syahrin – sie sind alle von Yamaha zu uns gekommen. Auch Jonas Folger hat letztes Jahr im August einen Testtag in Brünn für uns gemacht, als Kallio verletzt war. Noch ein Yamaha-Fahrer. Diese Fahrer fragen alle nach ziemlich den gleichen Sachen. Jetzt kommt einer von einem anderen Fabrikat und meint: ‚Das täte ich gar nicht überbewerten, ich würde lieber hier und da den Hebel ansetzen.‘ Das war für uns super. Wir freuen uns echt, wenn Dani von seiner Schlüsselbeinoperation genesen ist. Aber das wird eher April oder Mai werden.»
«Die Aussagen der vier Stammfahrer, die wir jetzt haben, sind nicht grob unterschiedlich», versichert Leitner. «Die Aussagen sind ziemlich deckungsgleich. Aber die Prioritäten der Fahrer sind unterschiedlich. Was dem einen sehr wichtig ist, ist bei dem andern weniger wichtig. Wir wissen auf jeden Fall, wo wir uns Motorrad verbessern müssen. Aber das braucht halt eine Vorlaufzeit… Wir müssen uns diese Zeit nehmen. Wir müssen neue Teile anfertigen, auf die Strecke bringen, testen, bewerten und dann erst bei den Grand Prix an die Stammfahrer liefern.»