Miguel Oliveira: Laute Kritik an KTM nach Binder-Deal
Miguel Oliveira
Miguel Oliveira verpasste zwar 2015 für Red Bull KTM den Titelgewinn in der Moto3-WM im Ajo-Team knapp gegen Danny Kent, aber er siegte 2017 und 2018 bei jeweils sieben Moto2-Rennen, er beendete die Saison im Vorjahr als Vizeweltmeister.
Auch als Rookie im MotoGP-Team von Hervé Poncharal zog sich der Portugiese 2019 stark aus der Affäre. Deshalb passt ihm so gar nicht in den Kram, dass ihm jetzt Brad Binder im Red Bull Factory-Team vorgezogen wird und dass der Portugiese statt Zarco Teamkollege von Pol Espargaró wird.
Der sonst gegenüber KTM so loyale Oliveira («Pit Beirer hat mir im Sommer 2016 während meiner schlimmen Moto2-Saison bei Leopard das neue Moto2-Projekt anvertraut. Das vergesse ich nie.») machte heute auf Phillip Island aus seinem Herz keine Mördergrube.
«KTM hat mich beim Misano-GP kontaktiert. Sie haben eigentlich nicht wirklich eine Frage gestellt. Sie haben mir diese Option nicht angeboten. Sie haben mich nur informiert, dass ein Sitz in der MotoGP im Factory-Team verfügbar sei. Sie haben mir mitgeteilt, dass sie überlegen, diese Position an Mika Kallio zu vergeben. Ich habe entgegnet: ‚Wenn ihr an Mika denkt, ist das für mich in Ordnung.’ Denn ich habe mittlerweile ein gutes Verhältnis mit dem Tech3-Team aufgebaut. Also machte es damals wenig Sinn, einen Teamwechsel zu vollziehen. Wir hätten aber in diesem Jahr Werksmaschinen bekommen sollen, das ist aber erst vor kurzem passiert. Wer weiß, wie das nächstes Jahr laufen wird. Ich möchte bei meinem Verhältnis mit dem KTM-Team langfristig planen. Aber nachdem sie jetzt statt Mika einen Rookie engagiert haben und dazu einen Kerl für das Factory-Team, der gleich alt ist wie ich, das bringt mich auf den Gedanken, dass ich anscheinend nicht wert bin, im Werksteam zu fahren. Ich respektiere jetzt diese Entscheidung. Und es ändert nichts an meiner Einstellung, weiter bei Tech3 das Maximum zu geben.»
«Ich habe von KTM bisher keine Erklärung zu dieser Entscheidung gehört», knurrte Oliveira. «Als ich es am vergangenen Freitag in Motegi erfahren habe, ist Teammanager Mike Leitner zu mir gekommen. Ich habe ihm gesagt, was ich davon halte. Aber das ändert ja jetzt nichts mehr. Sie haben mich in Misano nur um meine Meinung gefragt und damit meine Zeit verschwendet.»
Was spürt Oliveira jetzt? Enttäuschung? Frustration? Ärger? Zorn? «Hm… Ich will nicht zu viel darüber reden. Ich will mich auf meinen Job fokussieren, ich werde also weiter für Tech3 fahren, das ist ein Team, bei dem ich mich sehr wohl fühle. Das ist das einzige, an was ich denke», seufzte Oliveira mit grimmiger Miene. Denn er ist in Las Termas und in Motegi unmittelbar hinter Pol Espargaró ins Ziel gefahren und hat auch schon einen achten MotoGP-Rang erzielt. Noch dazu beim für KTM so wichtigen Heim-GP in Österreich, wo Pol Espargaró ausfiel und Zarco im Werksteam nur Zwölfter wurde.
Oliveira hat einen Großteil seiner Moto3-Zeit und dann zwei Moto2-Jahre bei KTM verbracht. Ist jetzt dieses Kapitel für ihn abgehakt? Wird er sich nach der Saison 2020 um ein neues Fabrikat umsehen?
Oliveira: «Wenn man das Gesamtbild anschaut, macht diese Entscheidung Sinn für KTM. Aber nur für sie. Ich kann jetzt keine Vorhersage machen. Ich muss abwarten, was die Zukunft bringt. An meinem Commitment ändert sich nichts, das liegt weiter voll beim Tech3-Team. Was diese Entscheidung langfristig für mich bedeutet, davon habe ich jetzt keinen Schimmer.»
KTM hat Red-Bull-Tech3-Teamchef Poncharal in Spielberg im August versprochen, Oliveira nicht aus seinem Team zu entfernen. dasselbe sei aber auch für Brad Binder in Aussicht gestellt, ist zu hören.
«Wenn du im Factory-Team bist, hast du zuerst einmal die Gewähr, dass du Werksmaschine bekommst», betont der Portugiese. «Du bist bei der Entwicklung der neuen Teile enger involviert, du bekommst sie früher als im Kundenteam. Du probierst mehr neue Komponenten aus. Ich habe jetzt ein Jahr MotoGP-Erfahrung. Es macht also mehr Sinn, diese Aufgabe von mir verrichten zu lassen als von einem Rookie. Aber KTM sieht das offenbar anders, und das ist der Punkt, wo wir geteilter Meinung sind. Aber ich kann es nicht ändern.»
Oliveira kam vor einem Jahr mit nzwölf GP-Suegen und als zweifache Vizeweltmeister in die Moto2-Klasse. Man sagt ihm nach, der habe das Format von Viñales, Rins und anderen Ausnahmekönnern. Hält er Iker Lecuona (zwei Podestplätze, kein Sieg) für einen sinnvollen MotoGP-Kandidaten? «Ich glaube, KTM hat eine überstürzte Entscheidung getroffen. Er ist sicher ein schneller Moto2-Fahrer. Er hat das ein paarmal gezeigt, aber was da passiert ist, war nie der ideale Plan von KTM für diese gesamte Projekt. Aber jetzt ist es passiert. Und vielleicht sorgt er ja nächstes Jahr für eine positive Überraschung.»
MotoGP-Ergebnis, Motegi:
1. Márquez. 2. Quartararo. 3. Dovizioso. 4. Viñales. 5. Crutchlow. 6. Morbidelli. 7. Rins. 8. Mir. 9. Petrucci. 10. Miller. 11. Pol Espargaró. 12. Oliveira. 13. Bagnaia. 14. Kallio. 15. Aleix Espargaró. 16. Nakagami. 17. Lorenzo. 18. Abraham. 19. Syahrin. 20. Guintoli.
MotoGP-WM-Stand nach 16 von 19 Rennen:
1. Marc Márquez 350. 2. Dovizioso 231. 3. Rins 176. 4. Viñales 176. 5. Petrucci 169. 6. Quartararo 163. 7. Rossi 145. 8. Miller 125. 9. Crutchlow 113. 10. Morbidelli 100. 11. Pol Espargaró 85. 12. Nakagami 74. 13. Mir 66. 14. Aleix Espargaró 47. 15. Bagnaia 37. 16. Oliveira 33. 17. Iannone 33. 18. Zarco 27. 19. Lorenzo 23. 20. Rabat 18. 21. Bradl 16. 22. Pirro 9. 23. Guintoli 7. 24. Syahrin 7. 25. Abraham 5. 26. Kallio 2.
Konstrukteurs-WM:
1. Honda 356 (Weltmeister). 2. Ducati 270. 3. Yamaha 268. 4. Suzuki 201. 5. KTM 96. 6. Aprilia 68.
Team-WM:
1. Ducati Team 400. 2. Repsol Honda Team 383. 3. Monster Energy Yamaha 321. 4. Petronas Yamaha SRT 263. 5. Team Suzuki Ecstar 246. 6. LCR Honda 187. 7. Pramac Racing 162. 8. Red Bull KTM Factory Racing 114. 9. Aprilia Racing Team Gresini 80. 10. Red Bull KTM Tech3 40. 11. Reale Avintia Racing 23.