Neuer Anlauf gegen das Schweizer Rundstreckenverbot
2018 fand mit dem ePrix von Zürich das erste Rundstreckenrennen auf Schweizer Boden seit 1954 statt
Seit mehr als 60 Jahren ärgern sich Motorsport-begeisterte Schweizer über das Rundstreckenverbot, das als Reaktion auf den fürchterlichen Unfall im 24-Stunden-Rennen von Le Mans anno 1955 zustande gekommen ist. Die folgenschwere Kollision, die mindestens 84 Menschen das Leben kostete und hunderte Verletzte zur Folge hatte, sorgte dafür, dass die Ausrichter des Grossen Preises der Schweiz das Rennen von 1955 aus Rücksicht auf die Opfer absagten.
Wenig später hatten sie keine Wahl mehr, denn aus Sicherheitsgründen wurden Rundstreckenrennen, in denen mehrere Fahrzeuge gleichzeitig und in direktem Wettkampf gegeneinander fahren, gemäss Artikel 52 des Schweizer Strassenverkehrsgesetzes untersagt. Bergrennen und Rallyes sowie Kartrennen blieben allerdings unter Vorlagen erlaubt.
Seither wurden mehrere Versuche unternommen, das Verbot wieder aufzuheben, etwa von Nationalrat Ulrich Giezendanner, der 2003 eine parlamentarische Initiative einreichte, die allerdings 2009 vom Ständerat abgeschmettert wurde. Argumentiert wurde dabei nicht mehr mit der Sicherheit, die sich seither stark verbessert hat, sondern mit umwelt- und verkehrspolitischen Argumenten.
Diese führten auch dazu, dass im März 2011 der Vorschlag der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen, das Verbot aufzuheben, schliesslich scheiterte. Erneut war es die Kommission des Ständerats, die eine Aufhebung mit 7 zu 5 Stimmen ablehnte, obwohl zuvor drei Initiativen sowie eine Petition mit 71.400 Unterstützern das Ende des Jahrzehnte alten Verbots gefordert hatten.
Immerhin: Für die Formel-E-Rennen, die 2018 in Zürich und 2019 in Bern über die Bühne gingen, gab es letztlich – wenn auch unter strengen Auflagen – eine Bewilligung, weil der Bundesrat beschloss, Rundstreckenrennen für Elektroautos per 1. April 2016 zuzulassen. So kam es, dass am 10. Juni 2018 mit dem ePrix in Zürich das erste Rundstreckenrennen auf Schweizer Boden seit 1954 stattfand.
Vielen Motorsport-Fans reicht das aber nicht, sie fordern eine generelle Aufhebung des Verbots. Das will auch IT-Unternehmer Marco Schläpfer erreichen. Im Netz https://www.thepeople.ch/ sammelt er derzeit Unterschriften, um eine Volksinitiative auf die Beine zu stellen. Von den benötigten 100.000 Unterschriften hat er bisher fast 2500 sammeln können. In den Kommentaren verweisen viele der Unterschreibenden auf die Tatsache, dass Bergrennen heutzutage als gefährlicher eingestuft werden.
Auch mit dem Nachwuchs wird argumentiert. Letztlich sei es schlauer, sich auf der Rennstrecke auszutoben, als auf der Strasse, heisst es da auch. Giovanni Annoscia erklärt auch: «Weil wir die schönsten Oldtimer und Rennwagen besitzen und nicht ausfahren können.» Und Ivan Flur träumt gar von einem MotoGP-WM-Lauf in der Schweiz. Und Michael Zentriegen meint: «Die weiten Anfahrtswege zu Rennstrecken sind mühsam und kosten viel Geld. Auch die wirtschaftlichen Aspekte sollten nicht vergessen gehen.»