Absagen der drei Grand Prix im Mai stehen vor der Tür
Mugello-GP: Ende Mai wird hier nicht gefahren werden
Gestern vor drei Wochen (am 1. März) wurde der MotoGP-Saisonauftakt auf dem Losail Circuit in Doha/Katar abgesagt, nur die Rennen für die Moto2 und Moto3 wurden dann am 8. März im Mittleren Osten ausgetragen, weil sich die Teams wegen der IRTA-Tests (28.2. buis 1.3.) schon dort aufhielten. Die vielen Mitglieder der sechs in Italien und San Marino stationierten MotoGP-Teams inklusive Fahrern von Rossi über Dovizioso bis zu Morbidelli und Petrucci wären damals bei der Ankunft in Doha sofort für 14 Tage in Quarantäne gesteckt worden. Denn sie waren nach dem IRTA-Test vom 22. bis 24. Februar alle heimgeflogen.
Seither hat sich die Welt verändert. Aus der Corona-Epidemie hat sich eine Pandemie entwickelt, die Grand Prix von Buri Ram (22.3.), Austin/Texas (5.4.) und Termas de Río Hondo (19.4.) wurden vor mehr als zwei Wochen verschoben. Der Valencia-Termin musste zuerst auf den 22. und am nächsten Tag auf den 29. November weichen.
Am vorletzten Freitag (13. März) traten auch in Spanien strenge Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Viruses in Kraft, der Circuito de Jerez wurde vorläufig für 15 Tage gesperrt. Der MotoGP-Test in Jerez (18. bis 20.3.) mit HRC, Suzuki, Aprilia und KTM fiel dem Virus zum Opfer.
Damals faselten noch einige Teambesitzer: «Naja, dann ist ja für den GP von Spanien am 3. Mai alles in Ordnung.»
Aber die Realität sieht anders aus. Inzwischen existiert ein erster Ausweichtermin für Le Mans am 14. Juni. Und sogar Silverstone-Geschäftsführer Stuart Pringle (GP am 30. August) macht sich ernsthafte Sorgen um seine Veranstaltung. Er musste den Renntag schon 2018 komplett absagen, weil die Drainage beim neuen Asphalt bei Regen nicht funktionierte.
Formel-1-WM-Promoter Liberty Media hat längst alle drei Events im Mai (Zandvoort, Catalunya und Monte Carlo) auf unbestimmte Zeit verschoben. Das Rennen in Baku/Aserbaidschan im Juni wackelt.
Die Fußball-WM ist auf 2021 vertagt worden.
Die Eishockey-WM in der Schweiz vom Mai ist ersatzlos gestrichen worden.
Die Olympischen Spiele im Juli müssen demnächst dran glauben.
Deshalb ist nach den intensiven jüngsten Beratungen des MotoGP-Krisenstabs stündlich mit einer Verschiebung der Grand Prix in Jerez, Le Mans und Mugello zu rechnen.
Es wird zur einer Auflösung der Sommerpause kommen, es müssen dann vorläufig drei Grand Prix pro Monat abgewickelt werden.
Aber es wird noch Wochen dauern, bis Klarheit darüber herrscht, wann in den stark betroffenen europäischen Ländern wie Italien (dort sind insgesamt 16 von 42 GP-Teams beheimatet) und Spanien (insgesamt neun Teams in den drei Klassen) die Situation wieder abflaut und auch Frankreich und andere europäische Länder ihre Reisewarnungen aufheben, die Reisebeschränkungen lockern, die Grenzen und Flughäfen öffnen und Großveranstaltungen erlauben.
Nur die hoffnungslosesten Träumer rechnen noch mit Grand Prix-Events im Juni. Das Massaker am Kalender wird sich fortsetzen, denn in Ländern wie Italien, Spanien und Frankreich zeichnet sich keine Trendwende bei der Eindämmung von Covid-19 ab, in Deutschland ebenfalls nicht.
Gestern stieg die Anzahl der Neuinfizierten in manchen Ländern nach Meinung der Virologen nur deshalb nicht so steil an wie üblich, weil am Wochenende weniger Laborergebnisse auf den Tisch kommen als an den Wochentagen.
Aber die Hilfsmaßnahmen mit Lieferungen von medizinischen Hilfsgütern läuft jetzt schwungvoll an; China und Russland kommen Italien zu Hilfe, auch Länder aus Südamerika leisten Unterstützung, in Italien werden jetzt 800.000 Atemschutzmasken von den Modeherstellern erzeugt, in vielen Ländern werden neuerdings Schutzanzüge von branchenfremden Firmen erzeugt, auch Desinfektionsmittel. In England hat sich ein Rasenmäherhersteller innerhalb weniger Tage auf die Produktion von Beatmungsgeräten spezialisiert, gleichzeitig werden auf der ganzen Welt vorsorglich die Kapazitäten an Intensivbetten hochgefahren und Notquartiere für weniger stark betroffene Patienten errichtet.
In manchen Ländern wurde die Corona-Bedrohung tagelang fahrlässig unterschätzt, auch in den USA, aber auch dort wurde jetzt 100 Millionen Menschen in acht Bundestaaten die «Stay home»-Strategie verordnet. Denn 15.000 Menschen in den Vereinigten Staaten sind infiziert, die Dunkelziffer ist extrem hoch.
Deshalb lässt sich erahnen: Es werden uns noch einige besorgniserregende Nachrichten erschüttern.
Aber irgendwann in hoffentlich absehbarer Zeit werden wir das Schlimmste überstanden haben.
Dann wird uns bewusst werden: Eine verkürzte Motorrad-GP-Saison ist zu ertragen, solange unsere Verwandten, Freunde und Bekannten gesund bleiben. Ja, die Weltwirtschaft kann in eine jahrelange Rezession schlittern.
Aber das haben wir auch nach dem Kollaps von Lehman Brothers 2008/2009 überstanden. Mit der Botschaft «Whatever it takes» hat EZB-Chef Draghi nachher Italien und den Euro vor dem Zusammenbruch gerettet.
Dieses beruhigende «Was auch immer nötig ist»-Motto hat weiter seine Gültigkeit; immer mehr verantwortungsvolle Politiker nehmen es in den Mund.
Konservative Politiker kümmern sich jetzt intensiver um den Erhalt von Arbeitsplätze als manche Sozialisten.
In der Krise haben die Grundsätze der EU (freier Waren- und Personenverkehr zum Beispiel) handstreichartig ihre Bedeutung verloren.
Und die politischen Parteien haben ihre Ideologien teilweise rasant über Bord geworfen, als es ums Überleben und nicht mehr um wahltaktische Geplänkel ging.
Gott sei Dank.
Der aktuelle Motorrad-GP-Kalender 2020
08. März: Doha/Q (ohne MotoGP
03. Mai: Jerez/E
17. Mai: Le Mans/F
31. Mai: Mugello/I
07. Juni: Barcelona/E
21. Juni: Sachsenring/D
28. Juni: Assen/NL
12. Juli: KymiRing/SF
09. August: Brünn/CZ
16. August: Red Bull Ring/A
30. August: Silverstone/GB
13. September: Misano/I
27. September: Aragón/E
04. Oktober: Buriram/TH
18. Oktober: Motegi/J
25. Oktober: Phillip Island/AUS
01. November: Sepang/MAL
15. November: Texas/USA
22. November: Las Termas
29. November: Valencia/E