Wie Jack Miller die Situation in Australien erlebt
Von seiner Wahlheimat Andorra schaffte es Jack Miller gerade noch rechtzeitig nach Australien, ehe die Reiseeinschränkungen auf Grund der Coronavirus-Pandemie immer drastischer wurden und auch in Spanien und Andorra das Motto «Yo me quedo en casa» (zu Deutsch: Ich bleibe zu Hause) den Alltag dominieren würde.
«Nach dem Test in Katar im Februar bin ich zurück nach Andorra und habe mich auf das erste Rennen vorbereitet, mit den üblichen Dingen: Ich habe auf meine Ernährung geachtet und sichergestellt, dass ich bereit war. Dann habe ich am letzten Tage, bevor ich nach Katar reisen sollte, mein Haus geputzt und die Wäsche gemacht… Und dann kam die Nachricht, dass wir kein Rennen fahren würden. Das war erst der Anfang. Sobald Katar gestrichen wurde, wusste man, dass es auch in Thailand so laufen würde, und dann hätten sie uns nie nach Amerika einreisen lassen», blickte der Pramac-Ducati-Star in seinem Blog zurück. «Sobald ich davon erfahren hatte, und auch vor dem Hintergrund, dass es in Andorra kalt war und schneite, habe ich mich dazu entschlossen, nach Hause zurückzukehren. Ich war bei meinen Eltern, noch bevor die Moto2 und Moto3 in Katar loslegte. Es war ein merkwürdiges Gefühl, von zu Hause aus zuzuschauen, obwohl ich nicht verletzt war oder irgendeinen anderen Grund gehabt hätte, um nicht dort zu sein.»
Trotz allem bleibt der 25-jährige Australier positiv: «Ich habe in den vergangenen zehn Jahren nie mehr Zeit zu Hause verbracht als in diesen Wochen. Das einzige Plus an dieser ganzen Situation ist, dass es wirklich schön ist, zu Hause zu sein. Ich wünschte, es wäre aus einem besseren Grund so, und es nervt, nicht fahren zu können, aber man muss auch das Positive sehen. Ich habe mich ziemlich zurückgezogen und an ein paar Bikes im Schuppen herumgebastelt, damit ich eine Beschäftigung habe.»
Mit seinen Gedanken ist Miller auch bei seiner Pramac-Truppe im schwer vom Coronavirus gebeutelten Italien: «Ich fühle mit den Jungs mit, es sieht in Italien nicht gut aus. Die Abgeschiedenheit von Australien hat sich für einmal als hilfreich erwiesen, zumindest bist jetzt. Ich hoffe, dass es bei uns nicht so schlimm wird, wie man es von vielen anderen Orten hört.»
Bisher wurden in Australien 2806 Coronavirus-Fälle nachgewiesen, 13 Todesopfer sind zu beklagen. In Italien sind unterdessen bereits mehr als 7500 Menschen an Covid-19 gestorben – mehr als in jedem anderen Land. Angesichts dieser Katastrophe tritt der Sport in den Hintergrund.
Wann die MotoGP-WM 2020 beginnen kann, ist derzeit ohnehin unklar. Heute wurde auch der Jerez-GP auf unbestimmte Zeit verschoben. Für die Fahrer ist es nach einer minutiös geplanten Saisonvorbereitung schwierig, mit der Ungewissheit umzugehen.
«Ganz ehrlich, es ist ein richtiger Test für deine Motivation, wenn du kein bestimmtes Datum hast, auf das du hinarbeitest. Man verbringt den Winter damit, fit zu werden, man hat getestet – und dann wird alles unterbrochen. Es fühlt sich so an, als würde man im Fegefeuer feststecken», schildert Miller. «Mein ganzes Leben wird von Terminen bestimmt: Du fährst in dieser Woche Rennen, in der nächsten steht die Reise an, in der darauffolgenden wird getestet… Jetzt weiß man es nicht wirklich und man kann es auch gar nicht wissen. Es könnte Catalunya sein, es könnte Assen sein… Wer weiß das schon?»
Trotzdem hält der WM-Achte des Vorjahres – er stand fünf Mal auf dem Podest – an seinem Trainingsplan fest. «Mein Trainingsprogramm hat sich nicht verändert. Ich fahre immer noch Rad und ich laufe immer noch. Ich habe es zur Routine gemacht, früh aufzustehen und es durchzuziehen. Es ist hier auch einfacher, weil es warm ist, das hilft sicherlich», erzählte er. «Es wäre einfach, die Motivation zu verlieren, ein bisschen weniger zu trainieren, einige Kilos zuzulegen, wo du sie eigentlich nicht haben willst… Das ist aber etwas, was ich versuche zu verhindern, weil ich in der Vergangenheit schon Mühe hatte, wieder abzunehmen. Ich arbeite wirklich hart daran, dass ich auf dem Level bleibe, damit ich später nicht so hart pushen muss, um so nahe wie möglich an der Topform zu sein. Ich werde Motocross fahren und das tun, was ich kann, um Rennen zu fahren. Denn das ist das, was man verzweifelt versucht, wenn man seinen richtigen Job nicht ausüben kann.»
Auch die MotoGP-Fans vergisst «JackAss» nicht: «Für jeden, der Sport mag – und ich zähle mich selbst dazu – ist es hart, wenn alles, was dir so viel Freude bereitet, heruntergefahren wird. Man ist sich nicht bewusst, wie sehr man sich auf den Sport als Ausgleich verlässt, auf etwas, das man mit Leidenschaft betreibt, und wie sehr man es als selbstverständlich ansieht, bis es eben nicht mehr da ist. Ihr könnt mir glauben, ich weiß, wovon ich spreche. Es nervt, aber wir werden wieder dahin kommen.»
Der aktuelle Motorrad-GP-Kalender 2020
08. März: Doha/Q (ohne MotoGP)
17. Mai: Le Mans/F
31. Mai: Mugello/I
07. Juni: Barcelona/E
21. Juni: Sachsenring/D
28. Juni: Assen/NL
12. Juli: KymiRing/SF
09. August: Brünn/CZ
16. August: Red Bull Ring/A
30. August: Silverstone/GB
13. September: Misano/I
27. September: Aragón/E
04. Oktober: Buriram/TH
18. Oktober: Motegi/J
25. Oktober: Phillip Island/AUS
01. November: Sepang/MAL
15. November: Texas/USA
22. November: Las Termas/AR
29. November: Valencia/E
Ohne Datum: Jerez/E