Cal Crutchlow: «Die Honda verzeiht nichts»
Cal Crutchlow beobachtet auch die Performance seiner Honda-Markenkollegen
Dass sich die RC213V nicht durch fahrerfreundliche Eigenschaften auszeichnet, ist hinlänglich bekannt. Deshalb wunderte sich Cal Crutchlow auch nicht sonderlich über die Probleme von Márquez-Ersatzmann Stefan Bradl, der schon bei den Rennen in Österreich erste Anzeichen von Taubheitsgefühlen in der rechten Hand bemerkte. Als Ursache wurde eine Überbeanspruchung des «nervus ulnaris» ausgemacht, der für den kleinen Finger und den Ringfinger zuständig ist. Zwischen den zwei Misano-GP unterzog sich der Bayer schließlich einem Eingriff am rechten Arm, den Emilia Romagna-GP musste er deshalb auslassen.
«Ich war nicht überrascht», bestätigte Crutchlow im Hinblick auf Bradl. «Ich glaube, dass er ein großartiger Fahrer ist – und er kennt die Honda gut. Aber dieses Motorrad verzeiht nichts, Taka hatte auch ‚Armpump‘. Ich weiß, dass Rins auch darunter zu leiden hatte, aber ich glaube, dass es bei ihm eher daran liegt, dass er versucht, die Schulterprobleme auszugleichen. Denn die Suzuki ist kein Bike, von dem man Armpump erwartet.»
«Die Honda bewegt sich stark, hat überall Wheelie-Neigung und ist nicht einfach zu fahren – wenn du nicht zu 100 Prozent fit bist, ist es wirklich sehr schwierig», fasste der LCR-Fahrer zusammen.
Gleichzeitig stellte der 34-jährige Routinier aber auch fest: «Andrerseits: Wenn ich einige meiner guten Ergebnisse anschaue, dann war ich nie fit. Nach der Knöchelverletzung fuhr ich in Katar 2019 auf Anhieb wieder auf das Podium. Oder auf dem Sachsenring im Vorjahr, da habe ich mir am Tag zuvor bei einem Radunfall einen Bruch am Schienbein zugezogen – und stand auf dem Podest. Vielleicht lag es an meinem sanfteren Fahrstil – oder vielleicht war es die Wut in mir, gegen alle Widrigkeiten, die mich die Honda besser fahren ließen.»
Auf seine Verletzungsmisere (Kahnbeinbruch in Jerez, Armpump-OP samt schlimmer Nachwirkungen, Bänderverletzung in Barcelona) angesprochen, erklärte der Brite trocken: «Ich habe keine Ahnung, wann ich zuletzt fit war. Vielleicht während des Lockdowns… Nein, doch nicht, da hatte ich einen Knie-OP. Aber davor und danach war ich sehr fit. Ich saß am Tag danach auf dem Rennrad. Aber wann ich zuletzt körperlich fit ein Motorrad gefahren bin, kann ich nicht sagen. Es ist nicht so, dass ich es nicht anders haben möchte – aber ich kenne es nicht anders. Und ich reiße mir den Allerwertesten auf, damit ich fahren und auf eine sichere Weise einen guten Job machen kann.»
Dass Rookie Alex Márquez bisher über keine Armpump-Probleme klagte, schreibt Cal auch dem Körperbau des 1,79 m großen Spaniers zu: «Er ist ein langer Kerl. Er hat vielleicht weniger Probleme mit den Armen.»
Angesichts der offensichtlichen Schwierigkeiten aller Honda-Piloten hob Crutchlow die Entwicklung des Klassen-Neulings, der 2021 seinen Platz im LCR Honda Team einnehmen wird, besonders hervor: «Er hat beim zweiten Misano-GP ein fantastisches Rennen gemacht, absolut überragend. Ihr habt keine Ahnung, wie schwer die Honda im Vergleich zu den anderen Herstellern zu fahren ist – für einen Rookie. Er hat sehr viel gelernt. Ich habe schon in Österreich gesagt: So wie er fährt, kann das gut werden. Seine Fortschritte vom ersten zum zweiten Grand Prix der Doppel-Events waren sehr gut, schon in Jerez und Österreich hat er exakt dasselbe getan. Und noch eine Sache: Er ist alle Rennen zu Ende gefahren. Er macht einen guten Job.»
Fahrer-WM nach 8 von 14 Rennen:
1. Quartararo, 108 Punkte. 2. Mir 100. 3. Viñales 90. 4. Dovizioso 84. 5. Morbidelli 77. 6. Miller 75. 7. Nakagami 72. 8. Rins 60. 9. Oliveira 59. 10. Binder 58. 11. Rossi 58. 12. Pol Espargaró 57. 13. Bagnaia 39. 14. Petrucci 39. 15. Zarco 36. 16. Alex Márquez 27. 17. Aleix Espargaró 22. 18. Lecuona 17. 19. Crutchlow 13. 20. Smith 11. 21. Rabat 8. 22. Pirro 4.
Konstrukteurs-WM:
1. Yamaha, 163 Punkte. 2. Ducati 126. 3. Suzuki 113. 4. KTM 109. 5. Honda 72. 6. Aprilia 30.