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Joan Mir: Vor sechs Jahren wollte ihn kein WM-Team

Von Günther Wiesinger
Joan Mir (23)

Joan Mir (23)

Joan Mir hatte keinen einfachen Start in die Motorrad-WM, erinnert sich sein Manager Paco Sanchez. 2014 war er noch schwer vermittelbar, jetzt führt der Suzuki-Werksfahrer die MotoGP-WM bei drei noch geplanten Rennen an.

Nach zehn Top-10-Ergebnissen in seiner Rookie-Saison stand Joan Mir beim Österreich-GP am 16. August erstmals in seiner Karriere auf einem MotoGP-Podium. Seither sind fünf weitere Podestplätze dazugekommen – diese Konstanz wird in einer verkürzten und abwechslungsreichen Saison 2020 belohnt: Der Suzuki-Werksfahrer führt die WM-Tabelle nach elf Rennen mit 14 Punkten Vorsprung an.

Bemerkenswert: Obwohl der 23-jährige Spanier als Einziger der Top-6, die aktuell nur 32 Punkte trennen, noch kein Rennen für sich entschied, ist er der erste Titelanwärter.

Der Moto3-Weltmeister von 2017 hatte übrigens bereits nach seinem 42. Grand Prix im Juni 2018 einen MotoGP-Werksvertrag in der Tasche. Sein Manager Paco Sanchez hatte seine Kontakte zu Suzuki Ecstar spielen lassen, dorthin hat er für 2015 und 2016 schon Maverick Viñales transferiert.

Dabei wundert sich Paco Sanchez heute noch, warum der begnadete Mir nach seinem zweiten Platz im Red Bull Rookies-Cup 2014 (hinter Jorge Martin) keinen GP-Vertrag bekam.

«Irgendwie war Joan schwer vermittelbar. Zum ersten Mal hatte ich im Sommer oder Herbst 2013 mit ihm zu tun. Damals rief mich ein Bekannter aus Mallorca an und erzählte mit von einem Talent, das sich für den Rookies-Cup bewerben wollte. Also griff ich zum Telefon und rief Alberto Puig an, der dort für die Selektion der Talente zuständig war. Er bat ihn, bei der Auswahl der Talente ein Auge auf Joan Mir zu werfen. Danach hat er mich angerufen und meint, Joan mache einen guten Eindruck, er sei begabt», erinnerte sich Sanchez im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Aber nach dem zweiten Cup-Gesamtrang 2014 war trotzdem kein Moto3-GP-Team an Joan Mir interessiert. Schon Johann Zarco erlitt nach der Saison 2007 und dem Rookies-Cup-Gesamtsieg das gleiche Schicksal. Auch ihn wollte damals kein WM-Team haben.

Sanchez: «Ich bin zu jedem GP-Team der Moto3 und Moto2 gelaufen, habe angeklopft und Joan angepriesen für 2015. Niemand wollte ihn. Auch in der Supersport-WM bestand kein Interesse. Aber seine Eltern hatten kein Geld, wir konnten nur das Talent des Fahrers anbieten. Schließlich habe ich etwas Geld aufgetrieben und Joan in eines der ärmsten CEV-Moto3-Teams gesteckt. Er musste 2015 mit einem Motorrad von 2012 fahren, und das gegen die Teams von Alzamora-Monlau und Ajo Motorsport, die quasi mit WM-Material unterwegs waren. Trotzdem hat Joan Mir die ersten zwei Rennen gewonnen. Danach war ich restlos von seiner Schnelligkeit überzeugt. Für 2016 haben wir einen Vertrag bei Leopard-KTM bekommen, er hat den Österreich-GP gewonnen und ein paar weitere Podestplätze errungen. Für 2017 sind wir bei Leopard geblieben.»

Der Rest ist bekannt: Mir gewann auf der Leopard-Honda 2017 den Moto3-WM-Titel – mit zehn Siegen in 18 Rennen.

In der Moto2-WM bei Marc VDS ging die Erfolgsstory weiter: Mir fuhr beim fünften Rennen in Le Mans als Dritter erstmals aufs Podest, dann wurde offenkundig, dass bereits MotoGP-Angebote von Ducati, Honda und Suzuki vorlagen. Es folgten weitere Podestplätze in Mugello (3.), Sachsenring (2.) und Phillip Island (2.) – aber auch vier Ausfälle. Seine erste und einzige Moto2-Saison beendete Mir 2018 als Sechster.

2019 landete Mir als MotoGP-Neuling auf WM-Rang 12, wobei er nach seinem Crash beim Montag-Test von Brünn zwei Grand Prix verpasste. Von den Rookies war am Ende nur Senkrechtstarter Fabio Quartararo besser.

Paco Sanchez freut sich, dass Joan Mir nicht zu jenen Teenagern zählt, die ihre Kindheit für den Motorsport geopfert haben: «Er kam mit 18 in die WM und war mit 21 Jahren MotoGP-Fahrer. Ich halte dieses System für vorbildlich. So lassen wir den Athleten ihre Kindheit, sie können sich austoben und können zur Schule gehen. Und wenn sie in die WM kommen, müssen wir nicht mit den Eltern oder Großeltern verhandeln, sondern die Fahrer sind volljährig und zeichnungsberechtigt. Sie sind keine Kinder mehr und sind sich bewusst, dass dieser Sport auch gefährlich sein kann.»

MotoGP: Stand Fahrer-WM nach 11 von 14 Rennen:

1. Mir, 137 Punkte. 2. Quartararo 123. 3. Viñales 118. 4. Morbidelli 112. 5. Dovizioso 109. 6. Rins 105. 7. Nakagami 92. 8. Pol Espargaró 90. 9. Miller 82. 10. Oliveira 79. 11. Petrucci 71. 12. Binder 67. 13. Alex Márquez 67. 14. Zarco 64. 15. Rossi 58. 16. Bagnaia 42. 17. Lecuona 27. 18. Aleix Espargaró 27. 19. Crutchlow26. 20. Bradl 12. 21. Smith 12. 22. Rabat 10. 23. Pirro 4.

Konstrukteurs-WM:

1. Yamaha, 208 Punkte. 2. Ducati 171. 3. Suzuki 163. 4. KTM 143. 5. Honda 117. 6. Aprilia 36.

Team-WM:

1. Team Suzuki Ecstar, 242 Punkte. 2. Petronas Yamaha SRT 235. 3. Ducati Team 180. 4. Monster Energy Yamaha MotoGP 176. 5. Red Bull KTM Factory Racing 157. 6. Pramac Racing 128. 7. LCR Honda 118. 8. Red Bull KTM Tech3, 106. 9. Repsol Honda Team 79. 10. Esponsorama Racing 74. 11. Aprilia Racing Team Gresini 39.

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