MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Hervé Poncharal (KTM): Talent Lecuona muss liefern

Von Günther Wiesinger
Iker Lecuona

Iker Lecuona

In seiner ersten MotoGP-Saison stand der 20-jährige Iker Lecuona bei KTM unter Welpenschutz. Nach einigen Talentproben und dem 20. WM-Rang verlangt Teamchef Poncharal eine klare Steigerung.

Im Red Bull-Tech3-KTM-MotoGP-Team von Hervé Poncharal wurde 2020 der seit 6. Januar 21 Jahre alte Rookie Iker Lecuona ganz klar vom zweifachen GP-Sieger Miguel Oliveira (er gewann in Spielberg-2 und Portimão) überstrahlt. Doch der schnelle junge Spanier, der als Lückenbüsser für Brad Binder zu Tech3-KTM kam, weil der Binder im Red Bull KTM Factory Team den Platz von Johann Zarco übernehmen durfte, gab einige Talentproben ab. Er sicherte sich drei Top-Ten-Ergebnisse und lag beim Emilia Romagna-GP in Misano an großartiger sechster Stelle, als er in der 25. von 27 Runden stürzte – und leer ausging.

Und im Saisonfinish verpasste Lecuona nach Platz 9 in Aragón-1 die letzten drei Grand Prix, weil sich sein Bruder Gorka mit Corona infizierte und er als Verdachtsfall in Quarantäne musste.

Die Saison endete also so unerfreulich wie sie begonnen hat. Denn beim ersten Jerez-GP am 19. Juli musste Lecuona nach 20 von 25 Runden erschöpft aufgeben, er war bei 42 Grad Hitze mit seinem Kräften am Ende.

«Iker ist an die Box gekommen und hat gefragt, welches Datum wir haben», erinnert sich KTM-Motorsport-Direktor Beirer. «Da haben wir gewusst, dass es der richtige Zeitpunkt zum Aufhören war. Mir ist es lieber, er fährt an die Box und stellt das Gerät und sich selber heil ab, bevor er so eine Aufgabe nicht zulässt und sich oder das Bike zerstört. Diesen Kredit hatte er zum Auftakt. Aber lange darf man mit solchen Konditionsschwächen nicht in dieser Liga unterwegs sein.»

«Iker hat stark in Jerez bei 42 Grad unter der extremen Hitze gelitten», sagt Tech3-KTM-Teambesitzer Poncharal. «Nachher hat er eingesehen, dass er fitter werden muss. Er hat dann bis Aragón-2 nie mehr Ermüdungserscheinungen gezeigt. Jerez war eine gute Lektion für ihn. Er hat die Lehren daraus gezogen.»

Hervé Poncharal muss jetzt für 2021 den WM-Neunten Oliveira ans Werksteam abtreten, er traut aber Neuzugang Danilo Petrucci nach zwei GP-Siegen bei Ducati sehr viel zu. Und auch bei Iker Lecuona liegt die Latte in der zweiten MotoGP-Saison und wegen der deutlich schlagkräftiger gewordenen KTM RC16 deutlich höher.

Iker Lecuona agierte oft sehr stürmisch und bescherte dem Team 2020 zahlreiche Stürze. Trotzdem macht Poncharal dem ehemaligen Supermoto-Spezialisten keine Vorwürfe. «Wenn man rausgeht und Iker auf der Strecke zuschaut, dann kommt man in Kurz Zeit zur Überzeugung: ‘Dieser Kerl weiß, wie man ein Rennmotorrad bewegt. Das ist sicher.’ Diese Meinung teilt auch KTM-Race-Manager Mike Leitner. Er ist nach den Stürzen von Iker oft zu mir gekommen und hat gesagt: ‘Hervé, das gehört zum Lernprozess.’ Denn es ist schwieriger, aus einem langsamen Fahrer einen schnellen Fahrer zu machen als aus einem stürzenden schnellen Piloten einen nicht mehr stürzenden schnellen Piloten. Deshalb sind wir uns einig: Wir müssen uns keine Sorgen machen.»

Poncharal erinnert sich lieber an die Performance von Misano-2, wo Lecuona eine unübersehbare Talentprobe abgelegt hat. «Zwei Runden vor dem Ende hielt er sich direkt hinter Miguel Oliviera an sechster Position. Dann hat er die Konzentration verloren, er hat einen sehr dummen Crash gebaut, denn sein Verfolger hatte sechs Sekunden Rückstand. Das Potenzial haben wir deutlich gesehen, es ist ganz klar vorhanden. Aber wir müssen Iker noch einiges beibringen. Iker erinnert mich an einen jungen Wolf. Er hat viel Talent. Aber er muss noch lernen, ein paar wichtige Aspekte zu verstehen. Das einzige, was ich bereue – dass wir mit ihm wegen Covid die letzten drei WM-Läufe verpasst haben. Sie wären wichtig für ihn gewesen, weil er noch viel lernen muss. Was Iker am meisten braucht sind Runden, Runden, Runden und Rennen. Aber wir können die Uhr nicht zurückdrehen. Die Pause war lehrreich für ihn, denn er hat gesehen, wie sehr im das Rennfahren gefehlt hat. Hoffentlich bleibt er 2021 von solchen Corona-Problemen verschont. Wir sehnen uns alle nach einer Saison, die ein Stück normaler verläuft als 2020.»

Was erwartet Poncharal von Lecuona 2021? «Das Ziel wird sein, regelmäßig in die Top-Ten-Plätze zu kämpfen. Wir kennen das Level der KTM. Deshalb muss Iker im zweiten Jahr einen großen Schritt nach vorne machen. Jeden Jahr ist für jeden Fahrer entscheidend, für Iker, für Danilo und für so viele andere Fahrer.»

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