Marc Márquez: «Gewinnen ist wie Schokolade essen»
Sieg am Sachsenring: Ein Befreiungsschlag für Marc Márquez
Die neun Monate nach seinem schweren Sturz beim Spanien-GP am 19. Juli 2020 wurden zur Belastungsprobe für den achtfachen Weltmeister Marc Márquez. Drei Operationen, zwei Knochentransplantationen und unzählige Physiotherapie-Stunden musste der erfolgsverwöhnte Spanier über sich ergehen lassen, bevor er wieder auf seine Honda steigen konnte.
Doch die WM-Rückkehr gestaltete sich zunächst holprig. Drei Rennstürze und gerade einmal 16 Punkte in fünf Rennen waren die Bilanz des 28-Jährigen. Erst beim sechsten Lauf auf seiner Paradestrecke, dem Sachsenring, stand Márquez wieder auf dem Treppchen. Seit Valencia 2019 war es der erste und zugleich einer der wichtigsten Siege des 83-fachen-GP-Siegers.
Welche Frage wurde dir nach deinem Sieg auf dem Sachsenring am häufigsten gestellt?
«Wie geht es dir? Anhand meiner Reaktionen und denen des Teams wurde deutlich, wie viel dieser Sieg uns bedeutet hat. Es war ein wirklich schönes Gefühl. Es ist schwierig zu sagen, ob es der wichtigste Sieg meiner Karriere war, aber in der schwersten Zeit meiner Laufbahn war er sehr bedeutend.»
Hat bei diesem Rennen dein Kopf über deinen Körper entschieden?
«Definitiv. Es war schwer, in dieser Zeit die positive Mentalität beizubehalten. Zum Sachsenring bin ich sowohl physisch als auch mental mit einer schlechten Ausgangslage gekommen. Drei Stürze in Folge bedeuteten, dass ich nicht einmal in der Lage war, ums Podium zu kämpfen. Und dann – Boom! Habe ich das gesamte Rennen angeführt und letztendlich gewonnen.»
Hattest du jemals das Gefühl, dass sich dein Freund, die RCV, in einen Feind verwandelt hat?
«Ja. Wir haben nur gegeneinander angekämpft. Und wenn du permanent kämpfst, ist es schwierig, eine gute Beziehung zu führen. Inzwischen versuchen wir zu verstehen, wie man das Bike fährt. Der Catalunya-Test hat mir dabei sehr geholfen. Denn bis zu dem Zeitpunkt war ich die Honda nur während eines Grand-Prix gefahren und dabei von Kameras umzingelt. Der Test war für mich wie ein Vorsaison-Test.»
Du weißt, wie es ist, zu gewinnen. Aber wie ist es, nicht gewinnen zu können? Und wie fühlt es sich an, die Situation nicht unter Kontrolle zu haben?
«Das nervt. Du beginnst dich zu fragen, was los ist. Wenn du noch nie ein Rennen gewonnen hast, ist es, wie als hättest du noch nie Schokolade gegessen. Du könntest meinen, es ist gut, aber wenn du dann wirklich weißt, wie es schmeckt, dann willst du immer mehr haben. Genauso ist es mit dem Gewinnen. Wenn du weißt, wie ein Sieg schmeckt, dann willst du dieses Gefühl immer wieder haben.»
«Siegen ist wie eine Sucht, aber es ist auch wichtig für deinen Körper. Wenn du ein schlechtes Wochenende hattest, dauert es drei oder vier Tage, um deine Batterien wieder aufzuladen. Hattest du hingegen ein super Wochenende, trainierst du am nächsten Tag schon wieder und gibst 100 Prozent. Genauso wichtig ist es für deine Energie. Wenn du nicht die Kontrolle hast, verirrst du dich. Du verstehst die Dinge nicht und machst dumme Fehler. Ich habe einige gemacht und ich bin mir sicher, dass ich in dieser Saison noch mehrere machen werden, da ich die Situation nicht unter Kontrolle habe.»
«Wenn sich dein Gefühl und die Resultate ändern, heißt das nicht, dass du die Kontrolle hast. Du musst sehr ehrlich mit dir sein. Wenn ich in einem Training langsam war, musste ich sagen können: Ich war es, lass das Bike so wie es ist. Als ich das zum ersten Mal zu Santi [Hernandez] sagte, meinte er: Aber ich will dir helfen. Ich antwortete: Ja Santi, aber ich bin das Problem. Das macht es schwieriger, aber dann musst du sehr genau arbeiten, damit du nicht den falschen Weg einschlägst.»