Petronas-Team: Krach mit Teammanager Johan Stigefelt
Das Petronas Yamaha Sepang Racing Team (SRT) hat in den drei Jahren seit 2019 rund 30 Millionen Euro im Jahr verpulvert. Es trat im MotoE World Cup unter der Bezeichnung «One Energy Racing» an, in der Moto2 und Moto3 als Petronas Sprinta Racing. Der Rennstall ging aus dem ehemaligen AirAsia Caterham Moto2 Racing-Team hervor, das danach in der Moto3 als SIC Racing Team auftrat.
Razlan Razali baute das Team in den zwei kleinen GP-Klassen auf, weil er in seiner Eigenschaft als CEO des Sepang Circuits Motorradtalente als Lokalhelden brauchte – wie Zulfahmi Khairuddin, Hafizh Syahrin oder Khairul Idham Pawi, der immerhin zwei Moto3-WM-Läufe im Regen gewann – 2016 in Termas de Río Hondo und auf dem Sachsenring. Auch der Malaysier Adam Norrodin schaffte in der Moto3-WM einen 5. Platz in Argentinien 2018 und sechs weitere Top-10-Ergebnisse.
Als 2018 zwei MotoGP-Teams ins Trudeln kamen (Martinez-Ducati) und Marc VDS Honda, packte der unermüdliche Macher Razlan Razali die Gelegenheit beim Schopf und riss sich die beiden MotoGP-Plätze von Jorge Martinez unter den Nagel. Obwohl solche Mauscheleien bei der Dorna nicht gern gesehen sind, gab es aus Spanien keine Einwände, denn der finanziell angeschlagene Martinez wurde mit einem großzügigen Beratervertrag abgefunden.
Das Marc VDS-Team hingegen wurde ersatzlos zugesperrt. Die beiden eingesparten Plätze gehen jetzt für die nächstem fünf Jahre an Aprilia Racing.
Petronas-Yamaha wurde also 2019 das neue Yamaha-Kundenteam, denn Tech3 verbündete sich nach fast 20 Jahren neu mit KTM. Mit dem vermeintlichen Notnagel Fabio Quartararo gelang Petronas-Yamaha für 2019 ein Glücksgriff, er schaffte als Rookie sensationell fünf zweite Plätze und wurde dazu zweimal Dritter.
2020 ging der Höhenflug weiter: Quartararo und Morbidelli gewann je drei Grand Prix, Morbidelli wurde Vizeweltmeister.
Morbidelli und Rossi, das Petronas-Aufgebot für 2021, blieb einiges schuldig. «Morbido» gelang nur ein Podestplatz (Rang 3 in Jerez), dann fehlte er von Sachsen bis Misano wegen einer Knie-Operation – und ersetzt inzwischen Viñales im Yamaha-Werksteam.
Aber nicht nur die mangelnden Resultate machten Razali 2021 Kopfzerbrechen, er musste für Morbidelli dauernd Ersatzfahrer engagieren, von Gerloff über Crutchlow bis zu Jake Dixon, der normal bei Petronas in der Moto2 fährt.
Aber es gab weitere Turbulenzen, denn beim Steiermark-GP Anfang August sickerte durch, dass Petronas nach drei Jahren im MotoGP-Team als Hauptsponsor aussteigt und den Vertrag nicht verlängert.
Aus Malaysia ist zu hören, die neue Marketing-Chefin habe dem neuen Sepang-Circuit-CEO Azhan Shafriman Hanif und Teamprinzipal Razali Selbstherrlichkeit vorgeworfen.
Das offizielle Statement klang natürlich anders.
Datin Anita Azrina Abdul Aziz, Head of Strategic Communications bei Petronas: «Wir sind diese Partnerschaft mit SIC eingegangen, um unsere Forschungs- und Entwicklungsfähigkeiten zu zeigen und sind stolz darauf, dass die Fluid-Technology-Lösungen von Petronas wesentlich daran beteiligt waren, den Status des Teams als Titelanwärter zu erreichen. Zusammen haben wir herausragende Momente im Sport geschaffen. Wir haben das Gefühl, es sei für uns der richtige Zeitpunkt gekommen, die Partnerschaft zu beenden.»
Beim Silverstone-GP Ende August nahmen Team Principal Razlan Razali und Team Director Johan «Stiggy» Stigefelt erstmals Stellung. Das Duo werde in der MotoGP-Klasse 2022 mit einer neuen Einheit und neuen Eigentümern weitermachen, wurde verlautbart. Dieses neue Unternehmen und der neue Hauptsponsor sollten beim «Gran Premio Octo di San Marino e della Riviera di Rimini» in Misano am 16. September verlautbart werden.
Aber Razlan Razali präsentierte eine ganz andere Struktur. Er hat Stigefelt und dessen Firma ausgebootet und in England die Rennfirma RNF gegründet. Der Malaysier und Neffe des ehemaligen Premierministers Tun Mahathir bin Mohamad, kurz Mahathir oder Dr. M genannt, tritt jetzt als Allein-Eigentümer auf.
Was RNF bedeutet, wurde nicht bisher kommuniziert. Aber der Begriff setzt sich aus den Anfangsbuchstaben von Razalis drei Kindern (zwei Söhne, eine Tochter) zusammen.
Von einer Partnerschaft mit Ex-Rennfahrer Johan Stigefelt ist nichts mehr zu hören. Der Schwede, der sonst gern im Rampenlicht steht, hält sich seit der geplatzten Teampartnerschaft mit Razali bedeckt.
Aber schon in Misano war zu hören, dass der Haussegen zwischen Razali und Stigefelt ziemlich schief hängt.
Das hat handfeste Gründe. Stigefelt hat nämlich offenbar im Dunstkreis des Petronas-Teams ein System aufgezogen, das jenem von Michael Bartholemy ähnelt, das 2018 beim Jerez-GP aufflog und zur raschen Trennung des Belgiers vom Marc VDS-Team führte.
Stigefelt hat etliche Verträge nicht für das SRT-Team abgeschlossen, sondern mit seiner Firma «One Performance», die im schwedischen Anderstorp beheimatet ist. Da soll es zum Beispiel um Leasing-Verträge für Fahrzeuge und Hospitalitys gehen, über deren Eigentümerschaft jetzt offenbar Uneinigkeit herrscht.
Es existiert auch ein Fahrervertrag für Darryn Binder für 2022.
Razali und Stigefelt meinten, durch die neue Eigentümerschaft des Teams sei diese Vereinbarung ungültig. Aber Bob Moore, als Direktor der amerikanischen Wasserman Group Manager von Brad und Darryn Binder, pochte auf den Vertrag und inszenierte den Wechsel Binders in die MotoGP-Klasse.
Bob Moore ist im Motorradsport ein alter Fuchs. Er war 1990 und 1991 Vizeweltmeister in der 125-ccm-Motocross-Klasse, 1992 wurde er WM-Zweiter in der 250er-WM. 1994 kehrte er zu den 125ern zurück und gewann den Titel mit Yamaha.
Darryn Binder wird 2022 mit Dovizioso das neue Fahrerduo von Razali bilden, der im Sommer noch betonte, er habe kein Interesse an Mittdreißigern wie Andrea Dovizioso und Johnny Rea, denn er bilde das Yamaha-Junior-Team.
Aber inzwischen steht fest, dass der italienische Energiekonzern WITHu beim Yamaha-Kundenteam als neuer Hauptsponsor einsteigt.
Der Deal wurde noch nicht verlautbart, denn zuerst mussten die neuen Besitzverhältnisse geklärt und der neue 5-Jahres-Vertrag von Razalis RNF-Yamaha-Team mit der Dorna unterzeichnet werden.
Matteo Ballarin, Gründer und CEO von WITHu, ging beim Misano-GP beim Petronas-Team bereits ein und aus.
Warum wurde der Sponsorship-Deal noch nicht verlautbart? «Zuerst mussten die Besitzverhältnisse des Teams für die Zukunft geklärt werden», erklärte WITHu-Press & Communications-Consultant Francesco Rapisarda im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Jetzt wird verhandelt. Aber wir hätten uns nicht einen Italiener wie Andrea Dovizioso als Fahrer gewünscht, wenn wir kein starkes Interesse an einer Zusammenarbeit hätten.»