Kawasaki in MotoGP: Das Interesse ist stabil bei null
Beim Motegi-GP 2002 waren die Grünen in die Königklasse zurückgekehrt, mit dem Deutschen Harald Eckl als Teambesitzer von «Kawasaki Eckl Racing» und Wildcard Akira Yanagawa als Fahrer.
Nach überschaubaren Erfolgen, immerhin wurden einige Podestplätze erobert, geriet die Saison 2008 zum Desaster und das Fahrerduo John Hopkins und Anthony West schloss die WM nur auf den Rängen 16 und 18 ab.
Kein Wunder, wenn der Riesenkonzern Kawasaki Heavy Industries (KHI) im Winter von 2008 auf 2009 die Finanzkrise zum Vorwand nahm, um diese Geldvernichtung zu stoppen. 46 Millionen US-Dollar soll das Debakel von 2008 gekostet haben.
Auf Druck von MotoGP-Promoter Dorna ließ sich Kawasaki für 2009 dazu hinreißen, wenigstens auf privater Basis weiterzumachen. Es wurde das Hayate-Team mit Marco Melandri finanziert und auch noch emsig Weiterentwicklung betrieben. Der damalige Teammanager Andrea Dosoli, heute Road-Racing-Chef von Yamaha, hoffte selbst nach dem feinen zweiten Platz von Marco Melandri in Le Mans und dem zeitweiligen fünften WM-Rang vergeblich auf ein positives Signal aus Japan. Die Kawasaki-Manager hielten am Rückzug fest – nach 2009 war endgültig Schluss.
Seither widmet sich Kawasaki ganz der Superbike-WM. Anfänglich mit Paul Bird Motorsport als Werksteam, seit 2012 mit dem heutigen Partner Provec Racing.
Unter Provec hat Kawasaki in der seriennahen Weltmeisterschaft zu einer nie dagewesenen Erfolgsserie angesetzt, seit 2015 wurde Jonathan Rea sechsmal in Folge Weltmeister. Ende April feierte der Nordire in Assen seinen 100. Kawasaki-Sieg, am vergangenen Wochenende sorgten Rea und Teamkollege Alex Lowes in Donington Park für den 500. Podestplatz, nach dem Event waren es sogar 503.
Bereits 2012 war Tom Sykes Vizeweltmeister, er unterlag damals Max Biaggi und Aprilia um einen halben Punkt! Im Jahr darauf triumphierte der Engländer und holte den ersten Superbike-WM-Titel für Kawasaki seit Scott Russell 1993.
Seit 2019 kümmert sich Provec auch um den Suzuka-Auftritt des japanischen Herstellers, das prestigeträchtige Acht-Stunden-Rennen wurde auf Anhieb gewonnen. Weil 2020 und 2021 wegen der behördlichen Corona-Verbote kein Rennen stattfand, ist Kawasaki für den Event am 7. August 2022 Titelverteidiger. Und hat mit Rea, Lowes und Leon Haslam das nominell stärkste Fahrertrio.
Obwohl das Team aus Granollers nahe Barcelona mit diesen beiden Aufgaben ausgelastet ist, wird es immer wieder mit MotoGP in Verbindung gebracht. Als Suzuki am 12. Mai 2022 offiziell den Rückzug aus der Premier-Class verkündete und die Vermarktungsagentur Dorna, seit Herbst 2012 auch Inhaber der kommerziellen Rechte für die Superbike-WM, seither nach einem Nachfolger sucht, kam natürlich auch der Name Kawasaki auf den Tisch.
SPEEDWEEK.com setzte sich mit den Brüdern Guim und Biel Roda zusammen, ihnen gehört gemeinsam mit Cousin Alvar Garriga die Firma Provec.
Im Namen von Kawasaki gesprochen sagte Guim: «MotoGP ist eine teure Meisterschaft mit Prototypen-Maschinen, eine große Herausforderung, wir respektieren die Entscheidung von Suzuki. Kawasaki fühlt sich in der Superbike-WM mit den Serienmotorrädern recht wohl, es gibt keinen Grund, in MotoGP zu wechseln. Kawasaki bleibt in der Superbike-WM.»
Am 19. Juli gab Kawasaki die Vertragsverlängerung mit Jonathan Rea bis Ende 2024 bekannt. Außerdem wird die Entwicklung der ZX-10RR weiter vorangetrieben, um gegen Yamaha und Ducati sowie die aufstrebenden Hersteller Honda und BMW siegfähig zu bleiben.
Der Vertrag zwischen Provec und Kawasaki ist offen und erneuert sich jährlich, sofern er nicht gekündigt wird. «Kawasaki hat sich nach dem MotoGP-Rückzug so entschieden, um sich die Möglichkeit vorzubehalten, in andere Richtungen zu gehen», erklärte Guim Roda. «Es gab noch nie einen fixen Plan, etwa für fünf Jahre. Es gibt immer die Möglichkeit für Veränderung.»
Ist das nicht problematisch für Provec, wenn Planungssicherheit nur jeweils für ein Jahr herrscht? «So ist der Rennsport», meinte Guim Roda.
Die Möglichkeit, Superbike-WM und Suzuka für Kawasaki zu machen und mit einem anderen Hersteller in die MotoGP-Klasse einzusteigen, schließen die Katalanen kategorisch aus. Auch aus privaten Gründen. «Mein Ziel ist nicht, weitere 22 Wochenenden nicht zuhause zu sein», schmunzelte Biel Roda. «Ich habe auch noch ein Leben, das ich genießen möchte, mit den Kindern und der Familie. Das ist meine Priorität. Auch aus der Sicht unserer Firma haben wir nie über MotoGP nachgedacht. Nur falls sich Kawasaki so entschließen würde, würden wir uns das anschauen. Kawasaki hat aber kein Interesse daran. Man kann nicht einfach mit den Fingern schnippen und sagen, ‚nächstes Jahr fahren wir MotoGP‘. Dafür brauchst du die entsprechende Struktur.»