Massimo Rivola (Aprilia): «Nichts Besonderes gemacht»
Aprilia legte mit der diesjährigen RS-GP eine beachtliche Entwicklung hin und mauserte sich besonders in der ersten Hälfte der Saison 2022 unerwartet zum Mitfavoriten auf den Titel: Es war «Capitano» Aleix Espargaró, der dem Werk aus Noale beim Argentinien-GP den ersten MotoGP-Sieg bescherte. Der spanische Routinier führte dadurch sogar die Fahrer-WM kurzzeitig an.
Insgesamt sammelten Espargaró und ein gerade zur Saisonmitte wieder erstarkter Maverick Viñales in diesem Jahr neun Podestplätze für Aprilia (6x Aleix, 3x Maverick).
Das Saisonfinale verlief aber besonders bitter: Der einzige Ausfall seiner Saison kostete Aleix Espargaró in Valencia noch WM-Rang 3, den ihm Enea Bastianini auf der Gresini-Ducati abspenstig machte.
In der Team-Wertung war Aprilia Racing noch auf Platz 1 in die Sommerpause gegangen, nach einem Doppelausfall im Finale gaben die Italiener in Valencia dann allerdings noch Platz 2 an Red Bull KTM Factory Racing ab und landeten schließlich auf Rang 3 – wie in der Konstrukteurs-WM.
Dennoch: Wer hätte Aprilia so einen Auftritt vor einem Jahr zugetraut?
Im Interview mit SPEEDWEEK.com blickt Massimo Rivola, seit Januar 2019 CEO von Aprilia Racing, auf die großen Fortschritte zurück.
Massimo, warst du überrascht, dass ihr die Überraschung der Saison wart?
Gute Frage… Nicht wirklich. Wie ich immer sage, jedes Jahr haben wir den Ersten als Referenz, wir hatten also ein Referenzziel. Das Schwierigste wird das nächste Jahr. Natürlich hatten wir auch ein bisschen Glück, weil einige unserer Konkurrenten ihre Performance nicht so gesteigert haben, wie wir es erwartet hätten. So haben wir die Aufmerksamkeit auf uns gezogen, mehr als es jeder erwartet hätte. Unsere Performance kam meinen Erwartungen aber sehr nahe.
Vielleicht hatte ich nicht erwartet, dass wir so konkurrenzfähig sein würden, wie wir es auf einigen Strecken zur Saisonmitte waren, wo wir sehr schnell waren. Und vielleicht hatte ich nicht erwartet, dass es am Ende der Saison so schlecht laufen würde.
Wie kam es zu dieser unglaublichen Saison?
Ich glaube, dass vor allem Aleix in großartiger Form war. Er hat sehr, sehr stark begonnen. Einen so talentierten Teamkollegen wie Maverick zu haben, hat Aleix in eine Verfassung gebracht, in der er maximal konzentriert war, er hat nicht eine Zehntelsekunde nachgelassen. Das war sehr positiv für beide und ich bin sehr neugierig darauf, im nächsten Jahr noch zwei Aprilia-Piloten mehr zu sehen.
Ich glaube, dass wir jetzt schneller sind, weil wir einfach eine bessere Firma sind. Es ist ja kein Geheimnis, dass wir neue Leute geholt haben, seit ich im Unternehmen bin. Viele kommen direkt von der Hochschule zu uns, aber es gibt auch erfahrenere Profile aus der MotoGP und der Formel 1. Wie gesagt, wir sind schneller, weil wir uns als Unternehmen verbessert haben.
Die Frage ist, wie wir auch weiterhin in diese Richtung wachsen können. Das ist eine Herausforderung.
Aus den Gesprächen mit Aleix ging hervor, dass die größte Veränderung darin besteht, dass jetzt jeder das macht, was er am besten kann. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Was war der Schlüssel in Sachen Management?
In einem Unternehmen mit einer leicht erhöhten Anzahl an «Human Resources», also Mitarbeitern, ist es einfacher, die Personen in die Position zu bringen, ihren Job korrekt zu erfüllen. Mein erstes Ziel war, Romano Albesiano all das abzunehmen, was nicht direkt mit der Performance des Bikes zu tun hatte. Ich habe ihm gesagt, dass er sich nicht um organisatorische Angelegenheiten, um das Sport-Management und die Fahrer kümmern muss. Das hat vorher viel seiner Zeit beansprucht. Klarheit zu schaffen, macht die Dinge für alle einfacher.
Ich glaube nicht, dass wir etwas Besonderes gemacht haben, wie man von außen meinen könnte. Das größte Erfolgsgeheimnis ist, dass wir hart gearbeitete haben, von morgens bis abends und das jeden Tag. Machst du das, werden es auch die Leute um dich herum tun.
Ich will damit nicht sagen, dass die Dinge vorher mit weniger Entschlossenheit gemacht worden sind, aber seit wir angefangen haben, einige Dinge zu verändern und die Leute mit einzubeziehen, hat sich in der Firma vielleicht das Gefühl eingestellt: «Oh, etwas passiert, vielleicht können wir es schaffen.»
Es geht darum, die Leute daran zu erinnern, das man es schaffen kann, wenn man hart arbeitet.
Aleix hat ein Tattoo, das besagt: «Glaub‘ an dich selbst». Das spiegelt diese Philosophie sehr gut wider.
MotoGP-WM-Endstand 2022 (nach 20 Rennen):
1. Bagnaia 265. 2. Quartararo 248 Punkte. 3. Bastianini 219. 4. Aleix Espargaró 212. 5. Miller 189. 6. Brad Binder 188. 7. Rins 173. 8. Zarco 166. 9. Martin 152. 10. Oliveira 149. 11. Viñales 122. 12. Marini 120. 13. Marc Márquez 113. 14. Bezzecchi 111. 15. Mir 87. 16. Pol Espargaró 56. 17. Alex Márquez 50. 18. Nakagami 48. 19. Morbidelli 42. 20. Di Giannantonio 24. 21. Dovizioso 15. 22. Raúl Fernández 14. 23. Remy Gardner 13. 24. Darryn Binder 12. 25. Crutchlow 10. 26. Bradl 2.
Konstrukteurs-WM:
1. Ducati 448 Punkte. 2. Yamaha 256. 3. Aprilia 248. 4. KTM 240. 5. Suzuki 199. 6. Honda 155.
Team-WM:
1. Ducati Lenovo Team 454 Punkte. 2. Red Bull KTM Factory 337. 3. Aprilia Racing 334. 4. Prima Pramac Racing 318. 5. Monster Energy Yamaha 290. 6. Suzuki Ecstar 260. 7. Gresini Racing 243. 8. Mooney VR46 Racing 231. 9. Repsol Honda 171. 10. LCR Honda 98. 11. WithU Yamaha RNF 37. 12. Tech3 KTM Factory 27.