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Rookie Ai Ogura: Überrascht Japans Reifenzauberer?

Von Thomas Kuttruf
Mit Ai Ogura steigt hochinteressanter Pilot in die höchste Klasse der Motorrad-WM auf. Der 23-Jährige übersprang auf dem Weg in die MotoGP einige Hürden. Als Champ und mit voller Rückendeckung geht es in die Topliga.

Ogura startete seine Laufbahn in einer Art dualen Ausbildung. Neben einem Start im Red Bull Rookies Cup – in seiner zweiten Saison 2017 gelangen ihm Siege und ein starker Gesamtrang 5 – war Ogura auch in dem von Honda gestützten Asia Talent Cup unterwegs.

Auch dank der Verbindung zu Honda schaffte es Ogura in die Struktur der WM-Nachwuchsförderung, die in der Praxis in den Händen des selbst erfolgreichen WM-Piloten Hiroshi Aoyama liegt. Ogura rechtfertigte das Vertrauen seiner Förderer sehr schnell. Schon in seiner ersten permanenten WM-Saison 2019 schaffte es der damals 18-Jährige zum ersten Mal aufs WM-Podest.

Wieder nur ein Jahr später der Durchbruch. In der skurrilen Covid-Saison brauste der Japaner gleich siebenmal unter die Top-3. Nach WM-Rang 3 wurde Ogura von Aoyama ohne zu zögern in die Moto2-Mannschaft von Honda Asia befördert. Die Karriere auf dem mehr als doppelt so starken Dreizylinder verlief wie ein Abziehbild zur Laufbahn auf dem 250er-Single. Schon im ersten Jahr feierte Ogura das erste Podium auf dem Red Bull Ring und war damit endgültig auf dem Radarschirm der MotoGP-Teams angekommen.

Die begannen sich weiter zu formieren, als der Japaner 2022 eine weitere Serie von Spitzenergebnissen und seine ersten drei GP-Siege servierte. Als Vizeweltmeister stand Ai Ogura hoch im Kurs für einen Einstieg in die MotoGP. Doch Ogura scheiterte schlicht an der Verfügbarkeit. Fast alle Verträge in der Königsklasse waren wasserdicht und so fand am Ende nur Weltmeister Augusto Fernandez einen Platz in der Topliga.

Was folgte, war ein kontrollierter Absturz. Während Pedro Acosta im Schweinwerferlicht von Sieg zu Sieg stürmte, versank ein Ogura im vorderen Mittelfeld der Klasse. Nur ein Podestplatz sprang 2023 heraus – wieder war es die Piste in Österreich, die den Piloten aus der Nähe von Tokio wenigstens einmal jubeln ließ. Doch mit WM-Rang 9 schien der Aufstieg in die Königsklasse in weite Ferne zu rücken.

Zur Überraschung verließ Ogura nach dem empfindlichen Knick der Laufbahn das enge gestrickte Honda-Netzwerk. Für das neu formierte spanische Team von Teo Martin, das aus der Struktur von Sito Pons hervorgegangen war, sprang Ogura – dazu noch auf der ihm völlig unbekannten Boscoscuro und mit neuen Pirelli-Reifen in unbekannte Moto2-Gewässer.

Für Ai Ogura entpuppte sich der radikale Neustart als Glückfall. Aus dem Stand fand der nun 23-Jährige zurück ins Erfolgsgeschäft. Beim fünften Rennen stand Ogura wieder auf dem Podest, nur ein GP später folgte der erste Sieg. Als Schlüsselmoment der Karriere gilt der GP von Catalunya. Wie ein ausgebuffter GP-Veteran spielte Ogura mit der Haftung auf der Reifenkiller-Piste von Barcelona.

Wie sein zukünftiger Boss bei Trackhouse Racing Davide Brivio bestätigte, war dieser zutiefst beeindruckt von den Fähigkeiten, das Reifenmaterial zu bewerten – gedanklich hatte Brivio in Barcelona den MotoGP-Vertrag für Ai Ogura in der Hosentasche. Ausgerechnet auf seiner Lieblingspiste in Österreich schien die Karriere des MT-MSi-Piloten wieder in Gefahr zu geraten. Nach einem Crash im Training war die Teilnahme am GP tabu.

Doch bereits beim nächsten Rennen stand Ogura wieder an der Linie und holte Punkte. Als der Japaner seine eigene Stärke realisiert hatte, folgte mit Selbstbewusstsein die nächste Leistungsstufe. Ogura triumphierte in Misano und ging als WM-Führender in den WM-Endspurt. Die Konstanz an Spitzenergebnissen war so hoch, dass auch der Ausfall in Malaysia den Titelgewinn nicht mehr in Gefahr bringen konnte.

Der Aufstieg im zweiten Anlauf in die MotoGP stand schon lange vorab fest. Mitte August hatte Davide Brivio Trackhouse-Inhaber Justin Marks von Ogura überzeugt und den Deal festgezurrt. Brivio, der Valentino Rossi betreute und Joan Mir zum Weltmeister mit Suzuki machte, dürfte sein Gespür trotz einer Schleife durch die Vierradwelt nicht verloren haben. Auf der alles andere als chancenlosen Aprilia RS-GP, stehen die Chancen gut, dass der Rookienicht als Kanonenfutter dienen wird. 

Stress sollte es im Team mit Raul Fernandez vorerst nicht geben. Beide Piloten haben einen Vertrag bis Ende 2026 unterschrieben.

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