MotoGP: Das Saisonfinale ist in Barcelona

Stefan Bradl: «Habe die einfachste Piste ausgesucht»

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl blickt auf drei erfolgreiche Grands Prix zurück und will auch bei den restlichen neun Rennen dicht an der Spitze dran bleiben.

Das waren strapaziöse Wochen für Stefan Bradl, aber sie waren auch von einer starken Aufwärtstendenz gekennzeichnet, das sorgte für frische Kraft und Energie. Seit dem Freitag-Training beim Catalunya-GP bis zum Rennen in Laguna Seca hat der LCR-Honda-Pilot 17 von 37 Tagen auf seiner Honda RC213V verbracht.

Von Müdigkeit war trotzdem nichts zu spüren. Im Gegenteil. So beschwingt und locker und selbstsicher wie beim «Red Bull U.S. Grand Prix» in Laguna Seca hat Bradl seit seinem Moto2-WM-Titelgewinn 2011 nicht mehr gewirkt.

Die letzten vier Wochen seit Assen können sich sehen lassen: Erstmals erste Startreihe nach Rang 3 im Quali bei der Dutch-TT, dann Bestzeit beim «Official Test» in Argentinien, Bestzeit am Freitag in Sachsen, am Sonntag dort sechs Runden in Führung, danach zweitbeste Zeit am Freitag in Laguna, am Samstag Pole-Position, am Sonntag Bestzeit im Warm-up, im Rennen Platz 2, 18 von 32 Runden in Führung.

Der deutsche Vorzeige-Rennfahrer hat Geschichte geschrieben: Erster Deutscher auf der Pole-Position in der Königsklasse seit Beginn der Weltmeisterschaft vor 65 Jahren. Und erster deutscher Podestplatz seit Dieter Braun 1974 in Belgien – seit 39 Jahren.

Stefan, man kann es nicht bestreiten – die letzten vier Wochen waren ziemlich erfolgreich.

Ja, in drei Rennen zweimal erste Reihe, Freitag-Bestzeit, Pole-Position, erstes Podest – eigentlich kann ich aufhören, Karriere beenden. Ich habe alles erreicht. Ich war schon an jeden der drei Tage einmal Schnellster. (Er lacht). Was fehlt mir noch? Ah, ein Rennsieg...

Aber die Kritiker werden natürlich einwerfen, Pedrosa und Lorenzo waren angeschlagen.

Ja, klar. Aber Cal Crutchlow hat zum Beispiel seinen ersten Podestplatz 2012 in Brünn auch erzielt, als Stoner verletzt gefehlt hat und als Rossi noch nicht auf einen konkurrenzfähigen Motorrad gehockt ist.

Aber ich hätte in Laguna mit Sicherheit auch Podestchancen gehabt, wenn die beiden fit gewesen wären. Mein Speed hat gut ausgeschaut.

Aber die Fans dürfen jetzt nicht bei jedem Rennen Podestplätze erwarten?

Nein, wir haben in Laguna ein super Wochenende gehabt. Das haben wir auf diese Weise nicht erwartet. Das ist überraschend gewesen. Aber es ist umso schöner.

Es wird natürlich nicht so einfach, das Ganze permanent zu wiederholen. Auf jeden Fall geht es seit dem Sachsenring bergauf.

Was muss jetzt noch passieren, damit du auch nach dem WM-Finale im November in Valencia zufrieden bist? Geht es da um weitere Podestplätze? Um die Absicherung des sechsten WM-Rangs?

Nein, ich will schon so nahe wie möglich an der Spitze dran sein. Es kann sein, dass man mal nur Sechster wird, wenn es mal an einem GP-Wochenende nicht so gut läuft. Wenn man mit dem Wetter Pech hat oder das Set-up nicht ideal erwischt, wie es bei Crutchlow in Laguna der Fall war. Er ist vorher in fünf Rennen viermal auf dem Podium gestanden, jetzt ist er nur Siebter geworden.

Bei mir hat es in Laguna von Anfang an gut funktioniert. Ich war in Laguna Seca schon im ersten freien Training mit dem Set-up richtig zufrieden. Und dann habe ich mich halt permanent steigern können. Wenn es andersrum losgeht, kann man nicht aufs Podium fahren. Dann muss man sich mit einen fünften oder sechsten Platz zufrieden geben.

Dein Selbstvertrauen ist spürbar gewachsen. Fühlst du dich in einer ähnlichen Verfassung und Form wie 2011 beim Titelgewinn?

Ich weiss nimmer, wie das 2011 war. Ehrlich. Das ist zu lange her.

Es fühlt sich gut an. Wichtig ist, dass man Spass dabei hat und man das Motorrad so fahren kann, wie es der Kopf gern fahren würde. Das ist das Allerwichtigste. Wenn man nicht mit Problemen zu kämpfen hat, dass man sagen muss: Ich kann nicht so bremsen, wie ich mir das vorstelle, mir fehlt das Gefühl für manche Dinge. Dann hat man nicht soviel Spass beim Fahren. Dann kann man auch nicht so locker und aggressiv unterwegs sein.

Dein Crew-Chief Beefy Bourguignon hat schon 2012 in Portugal bei deinem dritten MotoGP-Rennen gesagt: Wenn ein Fahrer in der Lage ist, mal in einem Sektor Bestzeit zu fahren, gelingt ihm das irgendwann in jedem Sektor.

Ja, das war jetzt zum Beispiel in Laguna Seca auch eine gute Sache, weil ich in keinem der vier Sektoren eine Schwachstelle gehabt habe. Auf dem Sachsenring war nich ein Sektor dabei, wo ich Nachteile gehabt und wo ich mich nicht so gut zurechtgefunden habe. In Laguna war es sehr gut.

Ich habe mir wahrscheinlich eh schon wieder die einfachste Strecke ausgesucht. Weil es die kürzeste im Kalender ist. Diese Chance habe ich nützen müssen... (Er lacht). In Laguna kann jeder aufs Podium fahren.

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