Romano Albesiano (Aprilia): Gegen Ducati-Privilegien
Auch Aprilia beobachtet die Diskussion über die Fortsetzung der Open-Vorteile von Ducati mit erhöhter Aufmerksamkeit.
Kurz gesagt: Wenn Ducati in diesem Jahr drei Rennen gewinnt, verlieren sie das Anrecht auf die weichen Hinterreifen mit sofortiger Wirkung. Wenn sie ein Rennen gewinnen, gehen ihnen zumindest alle restlichen Zugeständnisse für 2016 verloren. Die da sind: Neun statt sieben Motoren (2015 hat Ducati sogar zwölf statt fünf), Motorenentwicklung nicht eingefroren, unbeschränkte Testmöglichkeiten.
Die weichen Hinterreifen gehören 2016 ohnedies der Vergangenheit an, weil die Open-Class dann nicht mehr existiert und alle Werke und Team mit der Einheits-ECU antreten müssen.
«Es ist ein seltsames Reglement», wundert sich Aprilia-Renndirektor Romano Albesiano. «Wirklich merkwürdig. Für den Verlust der weichen Reifen brauchen sie drei Siege in der Saison 2015, für den Verlust der gesamten Zugeständnisse für 2016 genügt ihnen ein Sieg in diesem Jahr.»
Wirklich kurios: Bei einem Sieg verliert Ducati drei kostbare Privilegien für 2016, bei drei Siegen verlieren sie nur ?das nicht sehr kostbare Privileg der weichen Hinterreifen für den Rest der Saison 2015.
Eigentlich ein kabarettreifes System. Und das ist der wichtigsten Motorradrennserie der Welt.
Aber die unterschiedlichen Hersteller haben unterschiedliche Interpretationen. Albesiano: «Alle Hersteller mit Ausnahme von Ducati glauben, dass Ducati die Vorteile für 2016 verlieren soll, sobald sie genug 'concession points' angesammelt haben. Für 2015 wird Ducati die meisten Privilegien behalten. Aber die Philosophie dieser Zugeständnisse war, den neuen Herstellern zu helfen, die in Schwierigkeiten stecken oder am Beginn der Entwicklung stehen – wie Aprilia. Ducati ist sehr schnell. Warum sollten sie all diese Privilegien behalten? Dafür gibt es keinen Grund. Klar, sie werden darum kämpfen. Natürlich.»
Dorna, FIM und IRTA werden jetzt in der Grand Prix Commission neue Richtlinien festsetzen, um Ducati für 2016 fix vom Privilegien-Thron zu stürzen. Auch wenn sie 2015 keinen Sieg erringen.
Aprilia weiss, dass es nicht dem Geist des Reglements entspricht, einen inzwischen wieder sehr erfolgreichen Hersteller wie Ducati mit unerklärlichen Vorteilen gegenüber Honda und Yamaha auszustatten – zwei Jahre müssen genügen.
«Die Philosophie des Gesetzes bestand darin, neueinsteigenden Werken Einstiegshilfen zu verabreichen und ihnen die technische Entwicklung zu erleichtern. Ducati ist bereits vorne dabei, sie haben grossartige Arbeit geleistet. Sie sollten keine Privilegien mehr geniessen», sagt Albesiano.
Aber bisher sieht das Gesetz noch so aus: Wenn Ducati 2015 kein Rennen gewinnt, haben sie auch 2016 Anspruch auf die restlichen drei Privilegien.
Die GP-Kommission muss also im nachhinein nachbessern und ein stümperhaftes Reglement wieder auf den Kopf stellen.
Auch weil das Hersteller-Bündnis MSMA bei diesem Thema einiges verschlafen hat...