Juan Martinez: «Gibt noch Elektronik-Schlupflöcher»
Juan Martinez arbeitete jahrelang mit Fahrern wie Mick Doohan, Valentino Rossi, Luca Cadalora, Alex Barros, Loris Capirossi und Sete Gibernau zusammen. Zudem agierte er bei Ducati als Nicky Haydens Crew-Chief. Derzeit ist er für den Pay-TV-Sender Movistar als Technik-Experte tätig.
Im Interview mit motogp.com verriet er, wie die Änderungen für 2016 wie die Michelin-Einheitsreifen und die umstrittene Einheitselektronik zu bewerten sind.
Juan, wie wird sich der Wechsel von Bridgestone- zu Michelin-Reifen 2016 deiner Meinung nach auswirken?
Natürlich werden die Fahrer, aber auch die Hersteller gezwungen sein, ihre Arbeitsweise etwas zu verändern. Das Wichtigste ist, dass der Reifen die Power des Motors und die Reaktionen des Bikes auf den Asphalt bringt. Es ist daher entscheidend, schnell zu verstehen, wie man mit diesen Reifen ‹kommunizieren› muss.
Wir haben in den Vorbereitungen auf 2016 aber auch schon einige Stürze über das Vorderreifen gesehen. Das liegt daran, dass die Fahrer noch nicht wissen, wie sie richtig mit den Reifen kommunizieren. Die Fahrer müssen erkennen, wie das Bike reagiert, was aber nur durch viele Runden erreicht werden kann. Sie haben noch Zeit bei den nächsten Tests. Der Hinterreifen scheint sehr gut zu funktionieren, die Fahrer müssen lernen, etwas mehr mit dem Hinterreifen zu fahren als mit dem Vorderreifen.
Wie wird die Einheits-Elektronik von Magneti Marelli die Saison 2016 in Zusammenspiel mit der Erhöhung der Motorenanzahl von fünf auf sieben und des erlaubten Tankinhalts von 20 auf 22 Liter auf beeinflussen?
Was gleich sein wird, ist die Art, wie die Maschinen denken. Bisher war jeder Hersteller mit seiner eigenen Software in der Lage, auf andere Weise zu denken. Die Basis ist Magneti Marelli, aber es gibt für alle Hersteller noch kleine Schlupflöcher bei der Elektronik. Zu Beginn der Saison 2016 wird alles ziemlich ausgeglichen sein, doch jeder Hersteller wird seine eigenen Strategien entwickeln. Wenn das geschieht, dann sollten sie diese an ihre Kunden weitergeben, um das Level der Meisterschaft auszugleichen. Wir werden sehen, ob das passiert. Dann gibt es ein weiteres Schlupfloch bei der EMU, die der ECU sagt, wie sich das Bike in Hinsicht auf die Dynamik verhält. Ihr Gebrauch ist noch nicht reglementiert. Das ist derzeit der Schlüssel bei den elektronischen Strategien der Hersteller. Wir werden sehen, wie groß die Unterschiede sein werden.
Da alle Werksteams mit 20 Litern Sprit auskamen, sollte es auch mit 22 Litern keine Probleme geben. Probleme könnte nur die fehlende Performance der Elektronik im Moment machen. Auch die Langlebigkeit der Motoren kann durch die Elektronik negativ beeinflusst werden. Durch die zwei zusätzlichen Motoren sollten aber auch hier keine zu großen Schwierigkeiten auftauchen.