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Pit Beirer (KTM): Werden Fahrergagen neu verhandelt?

Von Günther Wiesinger
Red Bull-KTM-Star Jeffrey Herlings im Gespräch mit Pit Beirer

Red Bull-KTM-Star Jeffrey Herlings im Gespräch mit Pit Beirer

KTM reagierte mit einer Betriebsunterbrechung auf die Coronakrise, auch in der Rennabteilung muss gespart werden. Die insgesamt 58 Werksfahrer von KTM, Husqvarna und GasGas sollen ihren Beitrag leisten.

Momentan schwanken die Verantwortlichen im Motorsport zwischen Bangen und Hoffnung. Einerseits besteht eine gewisse Aussicht, im August oder September wieder WM-Läufe veranstalten zu können, wenn auch mit Einschränkungen und unter strenger Einhaltung aller Maßnahmen von der Abstandsregel bis zum Maskentragen und den neuen Hygienevorschriften.

Anderseits sind die Grenzen in ganz Europa geschlossen, ein Ende ist nicht abzusehen, die Beherbergungsbetriebe sind geschlossen, Einreisen werden nur unter Vorlage einer Gesundheitsbestätigung (maximal 4 Tage alt) erlaubt oder wenn man sich 14 Tage in strenge Selbstquarantäne begibt.

Und so richtig wird sich die Situation erst einigermaßen normalisieren, wenn en Impfstoff gegen den Coronavirus vorhanden ist. Also in einem Jahr. Medikationen werden vielleicht am Jahresende vorhanden sein. Aber da inzwischen namhafte Ärzte bei den Infizierten und Genesenen bleibende Lungenschäden diagnostizieren, will sich keiner, der halbwegs bei Trost ist, freiwillig einer Ansteckungsgefahr aussetzen.

Unterdessen kümmern sich alle Teams um Ideen zur Kostensenkung. Gleichzeitig müssen die Vereinbarungen mit den Sponsoren neu verhandelt werden – für 2020 und 2021. Viele Firmen fürchten um ihren Fortbestand, die Umsatzeinbussen werden teilweise dramatisch ausfallen, im Tourismus 2020 zwischen 80 und 95 Prozent.

Die KTM-Gruppe hat für die Marken KTM, Husqvarna und GasGas nicht weniger als 58 Werksfahrer und 460 Teammitglieder unter Vertrag, in allen erdenklichen Disziplinen von Moto3, Moto2, MotoGP bis zur Cross-WM, Supercross-WM, im Enduro-Sport und Cross-Country-Sport wie der Dakar-Rallye.

In keiner namhaften Serie wird jedoch in diesem Jahr die geplante Anzahl von Wettbewerben stattfinden.

Deshalb wird der 47-jährige KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer die Fahrergagen für die Saison 2020 neu verhandeln müssen, sobald ein faktenbasierter neuer Kalender mit belastbaren Daten vorliegt.

«Wir haben durch das wirklich hervorragende Kurzarbeitsmodell in Österreich bisher für unsere Mitarbeitenden keine Lohneinbußen gehabt, weil wir im März den Betrieb stillgelegt haben», schildert Beirer. «Nach dem Betriebsurlaub fallen die Löhne auf 80 Prozent. Das halte ich in dieser schwierigen Zeit für eine vertretbare Abstufung. Und wenn wir länger keine Rennen fahren können, werden wir unsere Werksfahrer in einem ähnlichen Ausmaß an diesen Einsparungen beteiligen. Aber das können wir erst vertieft diskutieren, sobald wir einen Überblick über den restlichen Kalender haben. Und wenn die komplette Saison ausfällt, müssten wir das Thema Fahrergagen neu diskutieren. Aber wir versuchen schon alle Mitarbeiter und Personen, die für unsere Marken unterwegs sind, so gut wie möglich zu behandeln, damit keiner in ein richtiges Loch fällt. Wir möchten alle Beteiligten mitnehmen, aber jeder muss ein bisschen was dazu beitragen, das auch das Unternehmen heil aus dieser Krise herauskommt.»

«Der erste Beitrag jedes Einzelnen besteht ja schon mal darin, dass Urlaubsansprüche abgebaut wurden», ergänzte Beirer. «Natürlich wurden diese Urlaube irgendwann für schönere Dinge wie Ausgangssperren oder Quarantäne angespart… Aber das lässt sich in dieser Situation nicht ändern.»

In den Fahrerverträgen ist meist festgeschrieben, dass der vereinbarte Betrag reduziert wird, falls die Leistung nicht zur Gänze erbracht wird, das heißt: Wenn nicht alle geplanten Wettkämpfe bestritten werden.

«Wir haben in den Verträgen Klauseln drin, dass die Arbeitsleistung erbracht werden muss, wenn man Anspruch auf das Geld erhebt», erläuterte Beirer im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Wenn es ganz hart auf hart kommt, könnte man die Gagen für das bezahlen, was von den Athleten wirklich geleistet wurde. Aber wenn wir diese Diskussion führen müssen, sind wir schon zwei Schritte weiter, als wir alle gehen wollen. Jeder muss etwas beitragen, damit wir mit Kostenersparnissen über die Monate April, Mai und Juni kommen. Denn wir müssen noch ein Budget zur Verfügung haben, wenn wir im Herbst noch eine Anzahl von acht, zehn oder elf Rennen absolvieren können. Die Reduktion der Lohnkosten soll für niemanden zu schmerzhaft sein.»

Beirer weiter: «De Spirale dreht sich momentan sehr schnell. Die Menschen verlieren ihren Job, können bald ihre Miete nicht mehr bezahlen. Gegen solche Abwärtsspiralen möchten wir bei KTM als Führungskräfte und Unternehmer schnell gegensteuern. Wir können uns keine Schockstarre von mehreren Monaten leisten. Den Shutdown konnte man sich vorübergehend leisten, um die Verbreitung des Virus einzudämmen. Aber jetzt müssen wir den Wirtschaftskreislauf bald wieder hochfahren. Daran führt kein Weg vorbei. Das produzierende Gewerbe, an dem sehr viele Arbeitsplätze hängen, muss wieder hochfahren. Man muss wieder schöne Dinge und Produkte herstellen, die manche Menschen brauchen. Und jene Personen, die Arbeit haben, können sich diese Produkte leisten. So wird der normale Wirtschftskreislauf wieder in Gang gesetzt.»

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