Krieg zwischen Rea & Sykes vorbei? Katar ändert alles
Zwei Ausnahmekönner: Tom Sykes (li.) und Jonathan Rea
Tom Sykes weiß, dass er beim Saisonfinale in Katar Vizeweltmeister von Jonathan Reas Gnaden wurde. Das war so nicht zu erwarten, die beiden Briten ließen kaum ein gutes Haar am anderen, seit Rea 2015 ins Kawasaki-Werksteam kam.
An Respekt vor dem Können des anderen mangelte es beiden nie, nur gemeinsam ein Bier trinken gehen würden sie nicht, wie es Rea einmal treffend formulierte.
Entsprechend rechnete Sykes auch nicht mit Hilfe seines Teamkollegen, als es im letzten Rennen des Jahres 2016 in die letzte Runde ging. Doch dann verplemperte Rea drei Sekunden, fuhr auf dem Hinterrad, unterhielt die wenigen Fans vor Ort – und winkte Sykes vorbei. Damit war Kawasaki Erster und Zweiter in der Weltmeisterschaft, Doha-Sieger Chaz Davies (Ducati) blieb nur Bronze.
«In der Vergangenheit ist viel Mist passiert, es gab Teamorder, wir haben deswegen Meisterschaften verloren», erinnerte sich Sykes an 2012 und 2014, als er knapp im Titelkampf unterlag. «Was mein Teamkollege getan hat – was soll ich sagen – ich als Gentleman weiß das zu schätzen. Diese Geste macht ein bisschen gut, was mir früher widerfahren ist. Sicher klingt Vizeweltmeister besser als Dritter. Kawasaki gewann das zweite Jahr in Folge die Hersteller-WM, die Fahrer-WM beendeten wir auf den Rängen 1 und 2. Ich möchte mich bei der anderen Seite meiner Box herzlich bedanken. Dieser zweite Platz für mich ist geschenkt, aber ich nehme ihn trotzdem und weiß das zu schätzen. Als ich in der letzten Runde gesehen habe, was Jonathan für mich tut, war ich sprachlos, das war sehr emotional. Ich dachte mir ‹vielen Dank›. Wir hielten in der ersten Kurve an und ich sagte ihm, dass das das erste Mal ist, dass mir jemand auf diese Art geholfen hat. Manchmal braucht man etwas Hilfe vom Teamkollegen. Nach sieben Jahren habe ich diese Hilfe bekommen – lieber spät als nie.»
Wenn man heute in die Kawasaki-Box kommt merkt man gleich: Das Klima hat sich verändert.
«Ich machte Tom ein Riesengeschenk», meinte Weltmeister Rea im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Nicht nur WM-Rang 2, auch finanziell. Ich weiß nicht, welche Meinung er von mir in der Vergangenheit hatte, aber ich bin mir sicher, dass sich diese geändert hat. Seit Katar haben wir viel Zeit miteinander verbracht, wir waren auf den Messen in Mailand, Köln und in Kalifornien, haben viel Arbeit für Kawasaki erledigt, waren bei Kawasaki in Japan. In dieser Zeit sah ich Tom öfter als meine Frau. Das hat dazu beigetragen, dass wir besser miteinander klarkommen. Klar, auf der Rennstrecke bleibt er mein erster Gegner. Außerhalb der Rennstrecke habe ich mir Respekt dazu verdient.»
«Auf der EICMA haben wir uns ganz normal unterhalten», fuhr der zweifache Champion fort. «Davor haben wir uns nur ‹guten Morgen› und ‹wie geht’s› gesagt, heute reden wir auch mal über unsere Kinder. Klar ist aber auch: Wir sind beide von Kawasaki angestellt, um zu gewinnen. Dieses Jahr beginnt wieder alles bei null. Chaz Davies, Tom und ich stehen an der Spitze, Tom ist einer meiner härtesten Gegner. Wer weiß, ob sich unser Verhältnis nach ein paar Rempeleien in den ersten Rennen wieder ändert.»