Kalex: Prototypen-Schwinge für 6000 € «illusorisch»
In der Moto2-WM ist die Firma Kalex aus Bobingen seit Jahren Marktführer im Chassis- und Schwingenbau. Seit diesem Jahr sehen wir auch in der Superbike-WM eine Kalex-Schwinge im Einsatz, in der Kawasaki ZX-10RR des Schweizers Randy Krummenacher aus dem Puccetti-Team.
Nach monatelanger Entwicklungszeit rückte Krummi bei Tests im MotorLand Aragón Anfang April 2017 erstmals mit einer Kalex-Schwinge aus und ist seither hellauf begeistert. «Von der Splittung und dem Fertigungsablauf ist die Schwinge identisch mit dem Moto2-Konzept», erklärte Alex Baumgärtel, sein Vorname trägt vier Buchstaben zum Firmennamen bei. «Aber dadurch, dass die Kawasaki die Stoßdämpferanlenkung oben hat und nicht wie üblich unten, war das eine ganz schöne Tüftelei, um auf die Werte zu kommen, wie wir sie uns vorstellten, was die Torsion und Seitensteifigkeit betrifft. Die Schwinge besteht aus Alu-Segmenten, die aus dem Vollen gefräst sind und dann verschweißt wurden.»
Kaum ein Team in der Superbike-WM fährt mit der Schwinge aus dem Serienmodell des jeweiligen Herstellers. Welche Vorteile soll eine teure Prototypen-Schwinge bringen, fragte SPEEDWEEK.com bei Baumgärtel nach. «Das Lenkverhalten und die Traktion sollen besser werden», so der Konstrukteur. «Eine Schwinge muss ab der Bremsphase arbeiten. Da braucht es Stabilität – man kann aber auch Überstabilität oder Rutschen erzeugen. In der Regel kannst du am Kurveneingang, beim Lösen der Bremse, mit der Schwinge ein Einlenkverhalten und Gripsituationen erzeugen. Das ist immer ein Balance-Spiel. Stabilität nützt hier und schadet dort.»
Um die Kosten weiter zu senken, wird es ab der Saison 2018 neben Kostendeckeln für die Bremsen, Federelemente, Elektronik und das Serienmotorrad auch einen für die Schwinge geben. Das Reglement wird weiterhin erlauben andere Schwingen einzubauen, diese sollen aber nicht mehr 20.000 oder mehr Euro wie bislang pro Stück kosten.
«Ich habe von dem Kostendeckel gehört», bestätigte Baumgärtel. «Zudem, dass der Gedanke besteht, dass die Hersteller Performance-Teile homologieren sollen. Das bedeutet, dass der Hersteller definiert, welche Teile verwendet werden dürfen – und nur diese. Ich habe eine erste Zahl von 6000 Euro für eine Schwinge gehört. Es ist illusorisch, dafür ein leistungsstarkes Produkt anbieten zu können. Wenn das so wäre, müssten die Hersteller Bauteile subventionieren und dann geht der Schuss komplett nach hinten los. Ich habe von Factory-Schwingen gehört, die deutlich über 20.000 Euro liegen. Das sind dann Teile aus Japan, dort liegt das Preis/Kosten-Niveau deutlich höher als für in Europa gefertigte Teile.»