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Red Bull Honda: Warten auf Camier, Bradl unerwünscht?

Von Ivo Schützbach
Der Engländer Leon Camier ist für die Superbike-WM 2018 oben auf der Wunschliste von Red Bull Honda. Stefan Bradl wird laut Honda-Manager Marco Chini in Frage gestellt.

Leon Camier konnte mit der privaten MV Agusta aus dem Team von Andrea Quadranti mit kaum Werksunterstützung in dieser Saison bereits neunmal in die Top-6 fahren und liegt auf WM-Rang 8. Das Team möchte zwar mit dem schnellen Engländer weitermachen, doch der hat auch ein Angebot von Red Bull Honda auf dem Tisch.

«Für mich geht es weniger ums Geld, sondern vielmehr darum, wo ich mir für die Zukunft die besten Chancen ausrechne», so Camier.

Honda hat mit der neuen CBR1000RR Fireblade SP2 in diesem Jahr reihenweise Tiefschläge erlitten, doch jeder im Fahrerlager traut dem weltgrößten Motorradhersteller zu, dass er zurück in die Erfolgsspur findet. Dabei wird das neue technische Reglement für 2018 helfen, welches für Honda keine Einschnitte bedeutet, für Kawasaki, Ducati und Aprilia hingegen große.

Camier ist sich dessen bewusst. Der 31-Jährige aus Ashford weiß auch, dass MV Agusta nie weiter nach vorne kommen wird, als sie es jetzt sind – weil dafür die Werksunterstützung fehlt. «Das Team selbst ist sehr gut», hält der Britische Meister von 2009 fest.

Honda-Ass Stefan Bradl ist nach seiner Hand-Operation am vergangenen Donnerstag für den Rest der Saison außer Gefecht. Mit Rang 6 in Assen sorgte der Bayer für das beste Honda-Ergebnis in diesem Jahr, in der Weltmeisterschaft lag er vor seinem ehemaligen Teamkollegen Nicky Hayden, als dieser im Mai bei einem Unfall mit dem Rennrad tödlich verunglückte.

SPEEDWEEK.com hat sich mit Marco Chini, dem Superbike-Manager von Honda Motor Europe, zusammengesetzt, um über die Fahrerwahl für 2018 zu sprechen.

Marco, Honda und Leon Camier äußern sich zuversichtlich, dass es für 2018 zu einer Einigung kommt. Wieso habt ihr noch keinen Vertrag unterschrieben?

Der Trend ist positiv, aber wir verhandeln nach wie vor. Es ist offensichtlich, dass wir an Leon Interesse haben, er schlägt sich dieses Jahr sehr gut.

Verhandlungen können länger dauern, weil jeder Fahrer nach spezifischen Dingen verlangt und jede Firma ihre eigene Politik verfolgt. Manchmal schließen sich Dinge dadurch aus, es ist eine Frage der Kompromisse.

MV Agusta hat ihm eine Deadline gesetzt. Camier muss sich bald entscheiden, ob er bei MV Agusta bleiben möchte.

Auch ohne Deadline – wir müssen sehr bald eine Entscheidung treffen.

Wie geht es mit Stefan Bradl weiter? Er fällt verletzungsbedingt für den Rest des Jahres aus, die Option auf ihn für 2018 hat Honda nicht gezogen.

Wir diskutieren mit Honda Japan und Red Bull, die stark in unser Projekt eingebunden sind. Es ist wichtig zu wissen, welche Meinung Red Bull vertritt. Bislang ist nichts entschieden – durch seine Verletzung wurde die Situation noch komplizierter. Glücklicherweise sagt sein Arzt, dass er sich vollständig erholen wird.

Ich gewinne den Eindruck, dass nicht jeder im Team mit Bradl weitermachen möchte?

Es gibt unterschiedliche Meinungen bei Honda, Red Bull und unseren anderen Partnern. Das ist keine einfache Situation für uns. Das war eine harte Saison mit vielen Schwierigkeiten. Wir evaluieren im Moment alles.

Wie entscheidet Honda Motor Europe, wenn Hauptsponsor Red Bull für Bradl ist und das Team Ten Kate Racing lieber einen anderen Fahrer hätte?

Der Einfluss von Red Bull ist groß, auch der von Castrol.

Letztlich ist es kompliziert bei Honda. Honda Motor Europe ist zuständig für die Fahrerverträge. Wir hören uns aber natürlich auch die Meinung des Teams an. Und die Meinung von Honda Japan steht über allem.

Wir möchten jeden glücklich machen, aber manchmal ist das unmöglich, weil wir nur zwei Plätze zu vergeben haben.

Steht Honda Japan nach wie vor hinter Bradl?

Was wir definitiv glauben ist, dass Stefan das Potenzial hat – er hat gezeigt, dass er schnell sein kann. Aber es geht auch um andere Dinge wie Motivation, wie man mit den Medien umgeht und das Suzuka Eight Hours. In den Diskussionen spielen viele Dinge eine Rolle.

Es ist aber offensichtlich, dass der Fahrer dieses Jahr nicht euer größtes Problem war, keiner war schneller und erfolgreicher auf der neuen Fireblade als Bradl. Stefan lag in der WM-Wertung vor Nicky Hayden, als dieser von uns ging. Und ist es sinnvoll, mit zwei neuen Fahrern in die Saison 2018 zu gehen? Dann habt ihr keine Referenz.

An einem gewissen Punkt während der Saison waren wir uns nicht mehr sicher, ob Stefan mit uns weitermachen möchte. Wir sprachen mit ihm, er unterhielt sich aber auch mit Teams über seine Rückkehr in die MotoGP-WM.

Ihr habt die Option auf ihn verstreichen lassen. Da ist es doch selbstverständlich, dass sich ein Fahrer auch mit anderen Teams unterhält.

Es stimmt, dass wir die Option nicht zogen. Es stimmt aber auch, dass Stefan großes Interesse daran hatte, in die MotoGP-Klasse zurückzukehren.

Zu diesem Zeitpunkt ging es für Honda um seine Motivation. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Das Potenzial eines Fahrers ist das Eine, seine Motivation das Andere.

Ist es für dich nicht verständlich, dass ein Fahrer die Motivation verliert, wenn es monatelang keine Verbesserungen in den Ergebnissen gibt?

Das stimmt, die Motorrad-Entwicklung spielt eine wichtige Rolle für die Motivation eines Fahrers.

Honda ist sehr empfindlich, was dieses Thema betrifft. Es geht um die Motivation in schwierigen Momenten und wie in diesen Situationen mit den Medien umgegangen wird. Diese Aspekte wurden von ihm nicht bestmöglich behandelt.

Ich verstehe aber, dass es sehr schwierig für ihn war. Die Erwartungshaltung war riesig, die Saison sehr enttäuschend. Das Motorrad ist nicht auf dem erwarteten Level, wir strauchelten bei der Entwicklung. Das frustriert einen Fahrer, so kann er die Motivation verlieren.

Wir haben von ihm aber eine andere Herangehensweise erwartet.

Wobei außer Frage steht, dass Stefan unter den richtigen Voraussetzungen ein schneller Fahrer ist.

Nicky Hayden war ebenfalls sehr kritisch, was die Leistungsfähigkeit des Motorrads betrifft. Ist er mit diesem Thema in den Augen von Honda besser umgegangen als Bradl?

Nicky Hayden war diesbezüglich ein außergewöhnlicher Fahrer, seine Professionalität stand über allen Erwartungen. Er lachte immer, war zu jedem Fan nett und hat Honda wegen der Situation mit der Superbike-Maschine nie bloßgestellt.

Wir müssen auch festhalten, dass Honda nie die Fahrer verantwortlich gemacht hat, wir nehmen die mangelnde Performance auf unsere Kappe. Honda hat sich seinen Sportlern gegenüber sehr korrekt verhalten.

Ich möchte Stefan auch nicht mit Nicky vergleichen, das wäre unfair. Nicky war einmalig.

Loris Baz ist zuversichtlich, dass er den Platz von Stefan Bradl bekommt. Was kannst du mir dazu sagen?

Es stimmt, dass wir miteinander sprechen und ihn als schnellen und interessanten Fahrer betrachten. Er steht aber nicht an der Spitze unserer Liste, wir verhandeln mit Camier. Aber Baz ist auf der Liste. Honda spricht mit jedem guten Fahrer, der bei uns anklopft.

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