Jake Gagne unterschätzt? Laut Camier ist er schnell
Wer zweiter Fahrer im Team Red Bull Honda wird, ist nach wie vor offen. Stefan Bradl hat ein Angebot vorliegen, der Moto2-Weltmeister von 2011 bevorzugt aber offenbar die Möglichkeit, 2018 sein Geld als Test- und Ersatzfahrer von Honda in der MotoGP-Klasse zu verdienen.
Als aussichtsreichste Kandidaten auf den zweiten Sitz neben Leon Camier gelten deshalb Red-Bull-Athlet Jake Gagne und der Franzose Loris Baz, der für 2018 keinen MotoGP-Platz fand.
Gagne wird seit 2010 von Red Bull unterstützt, damals gewann er den Rookies-Cup. Doch statt seinen Weg im MotoGP-Paddock zu machen, kehrte er 2012 in die USA zurück und fährt seither Rennen in der MotoAmerica-Serie.
Dieses Jahr kam er als Ersatz für den tödlich verunglückten Nicky Hayden dreimal zum Einsatz: Bei seinem Heimrennen in Laguna Seca wurde er zweimal 15., in Magny-Cours und Doha holte er drei zwölfte Plätze.
Jetzt fragen sich alle: Waren keine besseren Ergebnisse möglich, weil der 24-Jährige das Team, die Arbeitsweise, das Motorrad, die Elektronik, die Reifen und zwei der drei Strecken nicht kannte? Und welcher Speed steckt in dem Kalifornier, wenn er sich auf eine WM-Saison richtig vorbereiten kann?
In Doha hatte er Teamkollege Davide Giugliano im Griff. Der Römer litt allerdings an einer Magen-Darm-Entzündung und ist nach seinen schweren Stürzen auch nicht mehr das Maß in der Superbike-WM.
In Laguna Seca, als Gagne das erste Mal auf der WM-Honda saß, verblüffte er mit guten Leistungen im Training. In den drei freien Trainings büßte er auf Stefan Bradl nur 0,873, 0,023 und 0,336 Sekunden ein – in der Superpole 0,065. Im ersten Rennen verlor der Amerikaner nur 2 sec auf den Bayer, im zweiten Lauf mit Reifenproblemen stattliche 14 sec.
SPEEDWEEK.com sprach mit Leon Camier über den Speed von Jake Gagne.
Leon, weißt du schon, wer 2018 dein Teamkollege wird?
Ich weiß auch nur, was im Fahrerlager geredet wird. Wenn es nicht Bradl wird, dann wohl Loris Baz.
Jake Gagne wird seit vielen Jahren von Red Bull unterstützt. Aber er ist nicht schnell genug?
Ich sah ihn in Katar auf der Strecke und kann nur sagen, dass er wirklich gut fuhr. Er kannte die Strecke nicht und sie ist schwierig zu lernen. Dass er keine Erfahrung hat, hilft ihm nicht. Aber wenn wir nur über Speed reden – er ist schnell.
Ist er möglicherweise besser, als viele Leute meinen?
Ja, das glaube ich. Sein Problem wäre, dass er keine Erfahrung hat.
Um ein Motorrad zu entwickeln, musst du genau wissen, was du von dem Bike erwartest. Er hat aber keinerlei Erfahrung mit Elektronik, auch die Arbeit mit den Pirelli-Reifen in dieser Meisterschaft ist nicht einfach. Es braucht Jahre, um das zu lernen.
Das ist vielleicht negativ. Aber als ich hinter ihm herfuhr, dachte ich mir, dass er gut fährt. Er ist schnell und macht einen guten Eindruck auf dem Bike. Ich habe viele positive Dinge gesehen.
Was bedeutet es dir persönlich, mit einer weltbekannten Marke wie Red Bull zu arbeiten? Sie binden ihre Sportler massiv in die Promotion ein.
Sicher wollen sie gute Resultate sehen, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie mit der jetzigen Lage glücklich sind. Honda wird vieles versuchen, um das möglich zu machen.
Ich fühle einen gewissen Druck, kann aber nicht mehr leisten, als ich leisten kann. Mich muss niemand extra motivieren, ich gebe immer mein Bestes.
Wenn du als Fahrer viel PR zu erledigen hast, ist das nie einfach. Du willst dich aufs Fahren und deine Leistung konzentrieren. Du willst trainieren und nicht dauernd in der Gegend herumfliegen.
Aber PR gehört zum Job.
Bei MV Agusta hatte ich kaum PR-Arbeit zu erledigen. Sie hatten schlicht kein Geld, um Promotion zu betreiben. Das ist kein Werksteam mehr, sie sind heute eigenständig.
Red Bull hat Geld für solche Dinge, das ist der beste Weg, um für öffentliche Aufmerksamkeit zu sorgen. Dafür braucht es aber auch gute Resultate.