Formel 1: Ohrfeige für Gegner von Verstappen

Ist der Bösewicht Elektronik die Ursache allen Übels?

Von Ivo Schützbach
«Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr sich die Motec-Elektronik in BSB von jener unterscheidet, die ich in der Superbike-WM bei Ducati zur Verfügung hatte», sagt Tommy Bridewell. Er schlägt einen Mittelweg vor.

Seit der Saison 2016 sind alle MotoGP-Motorräder mit einer Einheitselektronik von Magneti Marelli ausgerüstet, in der Superbike-WM haben sich die Hersteller erfolgreich gegen die Einführung gewehrt. BMW, Ducati, Honda, Kawasaki und Yamaha nützen die seriennahe Meisterschaft mehr denn je für die elektronische Entwicklung, wobei nur BMW mit einem eigenen System arbeitet – alle anderen mit Magneti Marelli.

Seit 2015 gibt es in der Superbike-WM einen Kostendeckel für die Elektronik. Jeder Hersteller muss abwägen, was er seinen Kunden für maximal 8000 Euro bieten will. Auf dem Papier haben seither alle Teams eines Herstellers die gleiche Elektronik wie das Werksteam, den Unterschied machen heute die Daten-Ingenieure aus.

Die letzten Jahre haben wir immer wieder gesehen: Selbst Teams und Fahrer, die in ihren nationalen Meisterschaften zu den Besten gehören, können nicht einfach in die Superbike-WM kommen, installieren die homologierte Elektronik und fahren vorne mit. Die Systeme sind äußerst kompliziert und verlangen viel Abstimmungsarbeit.

So lange ein Wildcard-Fahrer nicht auf einem vom Werksteam vorbereiteten Motorrad sitzt, ist es beinahe unmöglich, konkurrenzfähig zu sein.

Tommy Bridewell, 2019 Dritter der Britischen Superbike-Meisterschaft und in Imola sowie Jerez als Ersatz für den verletzten Eugene Laverty bei Go Eleven Ducati am Start, kann es sich erlauben, einen Vergleich zwischen den beiden wichtigsten Superbike-Serien zu ziehen.

BSB ist die einzige hochklassige nationale Meisterschaft, in der keine elektronischen Helfer erlaubt sind. «Und trotzdem kommen 50.000 Fans nach Brands Hatch, weil wir Rennen Lenker an Lenker haben», verteidigt Bridewell die altertümlichen Regeln. «Jeder in den Top-9 kann Rennen gewinnen, das wollen die Fans sehen. Dass das so ist, liegt nur an der Elektronik. Wäre bei der Elektronik alles erlaubt, würden sich riesige Lücken im Feld auftun. Dann siehst du massive Unterschiede.»

Der Engländer weiter: «Wollte ich in der Superbike-WM die Chance haben um Siege zu kämpfen, müsste ich für das Werksteam von Kawasaki oder Ducati fahren. Wenn du es als Fahrer gewöhnt bist vorne mitzufahren, und sich dir dann eine Möglichkeit in der Weltmeisterschaft bietet, bei der du an deinem besten Tag nur um Platz 5 oder 7 kämpfst, dann ist das nicht sehr reizvoll. Es hängt davon ab, was du von deiner Karriere erwartest.»

Worin ortest du den Umstand dieser Problematik, hakte SPEEDWEEK.com beim Ducati-Piloten nach. «Schau dir doch die Rennen in den verschiedenen Serien an», skizzierte Bridewell. «Im Grand-Prix-Sport sehen wir großartige Rennen, dort haben sie eine Art Einheitselektronik. In BSB sind die Rennen ebenfalls grandios, dort gibt es eine Einheitselektronik. Die Rennen in der Superbike-WM sind derzeit nicht herausragend, dort gibt es viele Freiheiten bei der Elektronik. Daraus lässt sich für mich eine Antwort ableiten. Gleichzeitig sollte in der BSB mehr erlaubt werden, etwa die Traktionskontrolle. Für mich ist die ideale Lösung der Mittelweg zwischen BSB und SBK. Ich kann gar nicht beschreiben, wie sehr sich die Motec-Elektronik in BSB von jener unterscheidet, die ich bei Ducati in der Superbike-WM zur Verfügung hatte – das ist eine andere Welt!»

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