Formel 1: Abschied in der Unterhose

Kawasaki-Team Puccetti: Sensationswechsel zu Ducati?

Von Ivo Schützbach
Teamchef Manuel Puccetti

Teamchef Manuel Puccetti

Mit Toprak Razgatlioglu feierte Teamchef Manuel Puccetti 2018 und 2019 große Erfolge in der Superbike-WM, seither ging es bergab. Weil die Kawasaki nicht mehr schlagkräftig ist, liebäugelt er mit dem Markenwechsel.

Manuel Puccetti ebnete den Weg für die grandiose Karriere des späteren Superbike-Weltmeisters Toprak Razgatlioglu. Nach dessen zwei Jahren im Red Bull Rookies-Cup brachte er ihn in die Superstock-600-EM, die er 2015 auf Anhieb gewann. Anschließend fuhr der Türke zwei Jahre in der Superstock-1000-EM, in welcher er 2017 Gesamtzweiter wurde.

2018 war Razgatlioglus erste Saison in der Superbike-WM, mit dem Puccetti-Team eroberte er damals als Rookie sensationell zwei Podestplätze. In seiner zweiten Saison mit den Italienern gewann Toprak zweimal, stand 13 Mal auf dem Podium und wurde WM-Fünfter.

Nach dieser fabelhaften Saison schnappte sich das Yamaha-Werksteam das Ausnahmetalent, 2021 wurden sie gemeinsam Weltmeister.

Mit dem Weggang von Toprak begann für das Puccetti-Team der Niedergang in der Superbike-Klasse. Xavi Fores und Lucas Mahias sowie Aushilfspilot Tito Rabat konnten nie an die Erfolge ihres Vorgängers anknüpfen.

Der Tiefpunkt wurde diese Saison mit Ex-Weltmeister Tom Sykes erreicht, die ZX-10RR ist für Kundenteams schon lange kein schlagkräftiges Paket mehr – meist sind sie zusammen mit den Bikes von Petronas Honda am Ende des Feldes zu finden.

Lediglich Rekordchampion Johnny Rea schafft es mit der ZX-10RR noch ab und zu aufs Podium, in Most konnte der geniale Nordire Ende Juli sogar gewinnen.

Kawasaki-Teamchef Manuel Puccetti denkt deshalb für sein Superbike-Team für 2024 über den Markenwechsel nach. «Es ist einfach zu sehen, welche Marke derzeit erste Wahl ist», erzählte der Italiener SPEEDWEEK.com im Vier-Augen-Gespräch.

Dass er bei Ducati ein normales Kundenteam wäre, welches sein Material bezahlen muss, bereitet ihm kein Kopfzerbrechen. «Dafür hätten wir Sponsoren», so Puccetti. «Einige meiner Sponsoren unterstützen mein Projekt seit 20 Jahren, sie haben viel Passion. Aber wir müssen ihnen ein qualitativ hochwertiges Projekt bieten, wie wir das in der Vergangenheit taten. Wir brauchen Ergebnisse und gute Aussichten und wollen nicht nur teilnehmen. Wir wollen keinen Bezahlfahrer, nur um dabei sein zu können. An diesem Level habe ich kein Interesse. Auch nicht an dem Level, auf dem wir momentan sind.»

Sykes klaubte diese Saison für Puccetti in den ersten vier Events einen WM-Punkt zusammen, dann kam es zur einvernehmlichen Trennung. Seit Misano fährt Rabat und heimste in den nächsten vier Events ebenso nur einen mickrigen Punkt ein.

«So weiterzumachen, ist für mich unmöglich», betont Puccetti. «Wir könnten das Superbike-Projekt auch ad acta legen und dafür zusätzliche Kawasaki-Maschinen in der Supersport-WM zum Einsatz bringen. Oder wir wechseln für die Superbike-WM den Hersteller und gehen zu einem, der konkurrenzfähiger ist. Ducati würde Sinn machen, weil wir bei ihnen ein siegfähiges Motorrad kaufen können. Bei wem kann man das noch? Nur bei ihnen. Wenn wir das machen, konzentriere ich mich womöglich auf die Superbike-WM und lasse Supersport sein. Das sind meine Gedanken, ich brauche erfolgversprechende Zukunftsaussichten.»

Kommt der Sensationswechsel von Puccetti zustande, sehen wir im Feld der Superbike-WM 2024 mindestens sieben Fahrer auf einer Ducati Panigale V4R. Denn zu den diesjährigen Teams Aruba.it, Motocorsa, Barni und Go Eleven kommt mit Marc VDS bereits ein fünftes hinzu. Puccetti wäre Nummer 6 – und weitere zeigen Interesse.


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