MotoGP: So lief der erste Wintertest

Cremona-Debüt: Böse Ahnungen, grandiose Stimmung

Kolumne von Stephan Moosbrugger
Die Superbike-Premiere in Cremona brachte spannende Rennen, begeisterte Fans und mit Danilo Petrucci einen italienischen Dreifachsieger. Für nächstes Jahr müssen aber einige Hausaufgaben gemacht werden.

Auf der Fahrt von Mailand zum Cremona Circuit ergibt sich ein tristes Bild. Man kommt an verlassenen Bauernhöfen und Industrieanlagen vorbei – die ländliche Gegend präsentiert sich karg, es gibt nicht viel zu sehen. Wenn man sich der Rennstrecke nähert, erblickt man zuerst die neuen Tribünen im Innenraum. Der Rest bleibt verborgen, die Piste ist hinter einer langen Hecke entlang der Straße versteckt.

Die umliegenden Wiesen müssen als offizielle Parkplätze herhalten. Am Donnerstag vor dem Rennwochenende waren diese teilweise mit Schlamm bedeckt – die Regenfälle der vorangegangenen Tage haben ihre Spuren hinterlassen. Zum Glück meinte es der Wettergott gut – es war über das ganze Wochenende spätsommerlich warm und es blieb trocken. Ansonsten hätten die lokalen Bauern mit ihren Traktoren anrücken müssen, um die liegengebliebenen Autos und Wohnwagen aus den Schlammwiesen zu ziehen. Wer schon einmal auf dem Wacken Open Air war, weiß wovon ich spreche.

Ein anderes Bild ergibt sich, wenn man auf die Rennstrecke kommt. Wenn man den Cremona Circuit bisher nur als Hobby-Racer von Trackdays kannte, ist man, wenn man das erste Mal nach den Umbauarbeiten dorthin zurückkehrt, erstaunt. Die Piste in der Lombardei präsentiert sich stark verändert. Man sieht, dass in den letzten Monaten sehr viel gearbeitet wurde, um sie Superbike-WM-tauglich zu machen.

Die neuen Tribünen im Innenraum wirken wuchtig und wie auf die kleine Strecke aufgesetzt. Für die Fans bieten diese einen herrlichen Rundumblick auf den engen Kurs, sie sind hautnah dabei. Am Rennwochenende war der Parkplatz vor dem Boxengebäude voll – jeder Meter Platz auf dem kleinen Gelände wurde ausgenutzt, um die Trucks und Hospitalitys der Teams unterzubekommen. Dafür musste nicht einmal die Kart-Strecke nebenan geentert werden.

Nach den ersten Trainings am Freitag äußerten sich einige Fahrer zur Strecke – der Tenor: «Cool, macht Spaß aber überholen wird schwierig.» Oder um es mit den Worten von Andrea Iannone zu beschreiben: «Man fühlt sich mit dem großen Bike wie ein Superheld auf dieser kleinen Strecke.»

Alle drei Rennen konnte Haudegen Danilo Petrucci für sich entscheiden. Auch die anderen Ducati-Stars wie Nicolo Bulega oder Alvaro Bautista lieferten – damit war die Party perfekt. Die italienischen Fans feierten ihre Helden, die Stimmung während der Rennen und bei den Siegerehrungen war grandios, so etwas erlebt man nicht jeden Tag in der seriennahen Meisterschaft – Leidenschaft pur, auch die Fans lieferten ab.

Die Atmosphäre während des Wochenendes erinnerte an ein großes Familientreffen. Die großartige Stimmung lässt aber nicht vergessen machen, dass hinter den Kulissen vieles nicht rund lief. Probleme mit der Technik führten zum Abbruch von Rennen 1 in der 17. Runde. Im Media-Center streikte das WLAN regelmäßig – auch die Journalisten hatten ihren Nervenkitzel. Die Polizisten auf den Zufahrtsstraßen waren mit dem Verkehrsaufkommen überfordert.

Das Fazit: Was in den letzten Monaten in Cremona geschaffen wurde, verdient Respekt, jedoch war die Superbike-WM vielleicht ein Jahr zu früh dort. Die Liste der Verbesserungen wird lang sein, man muss viel dazulernen. Am Ende wurde den 42.000 Fans, die über das gesamte Wochenende gekommen waren, ein tolles Spektakel geboten – sie waren begeistert und feierten den Motorrad-Rennsport und ihre Helden. Auch die Zuseher vor den TV-Geräten bekamen spannende und enge Rennen gezeigt.

Ohne die Fans könnte die seriennahe Meisterschaft nicht existieren – Cremona muss allein deshalb als eine Bereicherung für die Superbike-WM gesehen werden. Wenn die Verantwortlichen – die Organisatoren vor Ort und die Dorna – die Lehren aus dem ersten Event ziehen, kann im kleinen Cremona etwas Großes entstehen.

Und dann werden auch bald mehr als die dieses Jahr erlaubten maximal 20.000 Fans pro Tag möglich sein.

 

Ergebnis Superbike-WM Cremona, Rennen 2:
Pos Fahrer Motorrad Diff
1. Danilo Petrucci (I) Ducati
2. Alvaro Bautista (E) Ducati + 1,023 sec
3. Nicolò Bulega (I) Ducati + 2,910
4. Garrett Gerloff (USA) BMW + 8,452
5. Alex Lowes (GB) Kawasaki + 8,761
6. Iker Lecuona (E) Honda + 13,397
7. Michael vd Mark (NL) BMW + 15,873
8. Xavi Vierge (E) Honda + 19,228
9. Andrea Locatelli (I) Yamaha + 19,523
10. Tito Rabat (E) Kawasaki + 24,368
11. Sam Lowes (GB) Ducati + 24,691
12. Scott Redding (GB) BMW + 25,664
13. Michael Rinaldi (I) Ducati + 26,726
14. Bradley Ray (GB) Yamaha + 27,167
15. Markus Reiterberger (D) BMW + 39,566
16. Alessandro Delbianco (I) Yamaha + 44,483
17. Philipp Öttl (D) Yamaha + 50,786
18. Marvin Fritz (D) Yamaha + 52,608
19. Niccolo Canepa (I) Yamaha + 59,505
20. Ivo Lopes (P) Honda + > 1 min
- Remy Gardner (AUS) Yamaha
- Andrea Iannone (I) Ducati
- Tarran Mackenzie (GB) Honda
- Axel Bassani (I) Kawasaki
Ergebnis Superbike-WM Cremona, Superpole-Race:
Pos Fahrer Motorrad Diff
1. Danilo Petrucci (I) Ducati
2. Alex Lowes (GB) Kawasaki + 1,797 sec
3. Andrea Iannone (I) Ducati + 2,572
4. Nicolò Bulega (I) Ducati + 3,431
5. Iker Lecuona (E) Honda + 4,729
6. Alvaro Bautista (E) Ducati + 5,578
7. Andrea Locatelli (I) Yamaha + 5,909
8. Xavi Vierge (E) Honda + 6,650
9. Garrett Gerloff (USA) BMW + 6,815
10. Tito Rabat (E) Kawasaki + 7,149
11. Axel Bassani (I) Kawasaki + 7,273
12. Michael vd Mark (NL) BMW + 7,600
13. Scott Redding (GB) BMW + 11,088
14. Sam Lowes (GB) Ducati + 11,244
15. Bradley Ray (GB) Yamaha + 11,506
16. Markus Reiterberger (D) BMW + 14,251
17. Michael Rinaldi (I) Ducati + 16,335
18. Niccolo Canepa (I) Yamaha + 19,679
19. Philipp Öttl (D) Yamaha + 20,380
20. Alessandro Delbianco (I) Yamaha + 20,533
21. Thomas Bridewell (GB) Honda + 24,960
22. Ivo Lopes (P) Honda + 31,813
23. Tarran Mackenzie (GB) Honda + > 1 min
- Remy Gardner (AUS) Yamaha
- Marvin Fritz (D) Yamaha
Ergebnis Superbike-WM Cremona, Rennen 1:
Pos Fahrer Motorrad Diff
1. Danilo Petrucci (I) Ducati
2. Nicolò Bulega (I) Ducati + 2,225 sec
3. Alvaro Bautista (E) Ducati + 6,487
4. Iker Lecuona (E) Honda + 7,187
5. Axel Bassani (I) Kawasaki + 9,753
6. Xavi Vierge (E) Honda + 9,449
7. Michael vd Mark (NL) BMW + 10,003
8. Garrett Gerloff (USA) BMW + 11,727
9. Michael Rinaldi (I) Ducati + 16,397
10. Remy Gardner (AUS) Yamaha + 16,537
11. Bradley Ray (GB) Yamaha + 16,991
12. Andrea Locatelli (I) Yamaha + 18,465
13. Scott Redding (GB) BMW + 26,010
14. Markus Reiterberger (D) BMW + 27,573
15. Alessandro Delbianco (I) Yamaha + 29,539
16. Philipp Öttl (D) Yamaha + 34,671
17. Marvin Fritz (D) Yamaha + 36,989
18. Thomas Bridewell (GB) Honda + 44,093
19. Ivo Lopes (P) Honda + 44,584
20. Alex Lowes (GB) Kawasaki + > 1 min
- Tarran Mackenzie (GB) Honda
- Niccolo Canepa (I) Yamaha
- Andrea Iannone (I) Ducati
- Sam Lowes (GB) Ducati
Superbike-WM 2024: Stand nach 27 von 36 Rennen
Pos Fahrer Motorrad Punkte
1. Toprak Razgatlioglu (TR) BMW 365
2. Nicolò Bulega (I) Ducati 352
3. Alvaro Bautista (E) Ducati 283
4. Alex Lowes (GB) Kawasaki 255
5. Danilo Petrucci (I) Ducati 252
6. Andrea Locatelli (I) Yamaha 184
7. Michael vd Mark (NL) BMW 177
8. Andrea Iannone (I) Ducati 151
9. Remy Gardner (AUS) Yamaha 139
10. Garrett Gerloff (USA) BMW 117
11. Xavi Vierge (E) Honda 89
12. Jonathan Rea (GB) Yamaha 86
13. Iker Lecuona (E) Honda 84
14. Scott Redding (GB) BMW 82
15. Axel Bassani (I) Kawasaki 80
16. Dominique Aegerter (CH) Yamaha 79
17. Michael Rinaldi (I) Ducati 56
18. Sam Lowes (GB) Ducati 45
19. Nicholas Spinelli (I) Ducati 25
20. Tito Rabat (E) Kawasaki 16
21. Alessandro Delbianco (I) Yamaha 10
22. Bradley Ray (GB) Yamaha 10
23. Tarran Mackenzie (GB) Honda 7
24. Philipp Öttl (D) Yamaha 5
25. Michele Pirro (I) Ducati 3
26. Markus Reiterberger (D) BMW 3

 

Diesen Artikel teilen auf...

Mehr über...

Siehe auch

Kommentare

Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu schreiben.

Jorge Martin: Sein Weg zum ersten MotoGP-Titel

Von Thomas Kuttruf
In 40 Rennen, von März bis November, ging es zum 75. Mal um den Titel der Königsklasse. Mit der besten Mischung aus Speed und Konstanz wechselt die #1. Der neue MotoGP-Weltmeister heißt zum ersten Mal Jorge Martin.
» weiterlesen
 

TV-Programm

  • Mi. 20.11., 00:35, SPORT1+
    Motorsport - Historic & Individual Motorsports Events
  • Mi. 20.11., 00:50, Motorvision TV
    Tourenwagen: Supercars Championship
  • Mi. 20.11., 01:45, Hamburg 1
    car port
  • Mi. 20.11., 02:30, Hamburg 1
    car port
  • Mi. 20.11., 04:15, Motorvision TV
    Top Speed Classic
  • Mi. 20.11., 05:05, Motorvision TV
    Motocross: FIM-Weltmeisterschaft
  • Mi. 20.11., 05:30, Motorvision TV
    FastZone
  • Mi. 20.11., 06:00, Motorvision TV
    Superbike: Australian Championship
  • Mi. 20.11., 06:20, SPORT1+
    NASCAR Cup Series
  • Mi. 20.11., 06:35, DF1
    Oldtimer: Schrauberglück und Wettkampfgeist - Rasende Raritäten in den Alpen
» zum TV-Programm
6.66 27091103 C1911212014 | 7