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Neue SSP-Regeln: Vollgas bedeutet nicht mehr Vollgas

Von Ivo Schützbach
SBK Technical Director Scott Smart hat die anspruchsvolle Aufgabe, die sehr unterschiedlichen Motorräder für die Supersport-WM 2022 auf einen ähnlichen Performance-Level zu bringen.

In der Supersport-WM gab es schon immer eine Balance-Regel für Motorräder mit zwei, drei und vier Zylindern. Für 2022 wird diese angepasst, weil der Trend seit Jahren zu mehr Hubraum geht.

Bislang galt: 600 ccm für Vierzylinder, 675 für Dreizylinder und 750 ccm für die Twins. Doch weil sich die Hersteller bei ihren neuen Modellen immer seltener an dieses enge Korsett halten, bedarf es neuer technischer Vorschriften, damit auch Maschinen wie die Triumph Street Triple 765 RS, MV Agusta F3 800 und Ducati 955 V2 mitfahren dürfen.

Das Balance-System ist sehr ausgeklügelt, «die erlaubte Maximaldrehzahl spielt dabei nur eine sehr geringe Rolle», erklärte Scott Smart, der oberste technische Regelhüter des Motorrad-Weltverbands FIM für die SBK-Weltmeisterschaften. «Es geht mehr darum, das Drehmoment zu limitieren und was passiert, wenn der Fahrer Gas gibt.»

Bislang gibt es nur ein vorläufiges Reglement, in dem die maximal erlaubten Drehzahlen für die drei neuen Motorradmodelle nicht genau definiert sind.

«Inzwischen waren wir mit allen Motorrädern auf dem Prüfstand, die finalen Tests mit der maximalen Gasgriffstellung laufen», verdeutlichte Smart gegenüber SPEEDWEEK.com. «Diese soll so sein, dass die Bikes trotzdem gut beschleunigen.»

Beispielhaft sieht das so aus: Ein Fahrer öffnet zwar zu 100 Prozent das Gas, die Drosselklappen machen aber nur 92 Prozent auf. So kann sehr detailliert geregelt werden, was welches Motorrad wann und in welcher Situation leistet. Dafür wurde eine neue Firmware entwickelt, sie übernimmt eine Art Mittlerfunktion zwischen der elektronischen Motorsteuerung (ECU) und der Software.

Bis zum Misano-Test am 16./17. März bekommen die Teams die genauen Vorgaben, «dann können wir mit unserer Analyse auf der Rennstrecke beginnen», so Smart. «Die neue Firmware, welche es uns einfacher macht die Limits festzulegen, muss entwickelt werden, um einen V2 korrekt zu regeln. Anschließend müssen alle Motorräder mit maximaler Leistung getestet werden, um sicherzustellen, dass die Motor-Mappings in diesem Bereich richtig arbeiten. Falls es nötig sein sollte zu erlauben, dass die Motoren in bestimmten Momenten so laufen dürfen. So finden wir Schritt für Schritt heraus, wann es wo welche Einschränkungen braucht.»

Bei den Tests in Portimao fuhr Klassenneuling Nicolo Bulega Anfang Februar mit der Ducati in 1:43,876 min um 0,9 sec schneller als der Rundenrekord von Yamaha-Pilot Jules Cluzel (1:44,783 min), aufgestellt im ersten Rennen 2021. Die Zeit war sogar besser als der Pole-Rekord (1:43,908 min), den der Franzose am selben Rennwochenende in der Superpole aufgestellte hatte.

Paddock-Insider gehen davon aus, dass die Motorräder von Ducati, MV Agusta und Triumph im Vergleich zu den Vierzylinder-Maschinen von Yamaha und Kawasaki eher zu stark als zu schwach eingestuft werden, um die neuen Hersteller bei Laune zu halten.


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